Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
Vom Netzwerk:
schnell gewesen und hatten Léos Haus nach einer ersten Inspektion bereits ordentlich aufgeräumt. Der Fußboden im Speisezimmer war aufgewischt worden, und sollten noch Spuren von Blut geblieben sein, so waren sie zwischen den alten rotbraunen Fliesen versickert. Adamsberg nahm sich wieder das Zimmer, in dem er schon einmal geschlafen hatte, Danglard wählte eins am entgegengesetzten Ende des Hauses. Während er seine paar Sachen verstaute, beobachtete der Commandant Adamsberg durch das Fenster. Er saß im Schneidersitz mitten im Hof des Anwesens unter einem schräg geneigten Apfelbaum, die Ellbogen auf die Schenkel gestützt, den Kopf gesenkt, so als wollte er sich von dort nicht mehr fortbewegen. Von Zeit zu Zeit griff er sich in den Nacken, wo ihn irgendetwas zu reizen schien.
    Kurz vor acht Uhr, die Sonne neigte sich schon, ging Danglard zu ihm hinaus und warf dem Kommissar seinen Schatten vor die Füße.
    »Es ist so weit«, sagte er.
    »Für die
Blaue Wildsau
«, Adamsberg hob den Kopf.
    »Nicht die blaue, die
Rasende Wildsau

    »Rennen denn Wildschweine?«, fragte Adamsberg und streckte dem Commandant seine Hand hin, damit er ihm beim Aufstehen half.
    »Bis zu fünfunddreißig Kilometer in der Stunde, glaube ich. Ich weiß nicht viel über Wildschweine. Außer dass sie nicht schwitzen.«
    »Wie machen sie das?«, fragte Adamsberg, während er seine Hose säuberte, aber die Antwort interessierte ihn schon nicht mehr.
    »Sie suhlen sich im schlammigen Wasser, das erfrischt sie.«
    »So kann man sich vielleicht den Mörder vorstellen. Ein schmutzverkrustetes Vieh von annähernd zweihundert Kilo, das nicht mal schwitzt. Er tut sein Werk, ohne mit der Wimper zu zucken.«

21
    Danglard hatte einen runden Tisch reservieren lassen, an dem er sich nun mit Befriedigung niederließ. Diese erste Mahlzeit in Ordebec, in einem alten Restaurant unter niedrigen Deckenbalken, markierte eine Pause in seinen Ängsten. Zerk gesellte sich pünktlich zu ihnen und ließ sie durch ein feines Augenzwinkern wissen, dass im Haus am Wald alles in Ordnung war. Adamsberg hatte noch einmal darauf bestanden, dass auch Émeri dazukäme, und schließlich hatte der Capitaine zugesagt.
    »Der Taube hat die Idee mit der Taube sehr gefallen«, sagte Zerk leise zu Adamsberg. »Als ich ging, waren sie schon in ein angeregtes Gespräch vertieft. Hellebaud mag es, wenn die Taube Jo-Jo spielt. Wenn die Spule den Boden berührt, pickt er wie wild darauf rum.«
    »Ich habe den Eindruck, Hellebaud entfernt sich von seiner natürlichen Lebensweise. Wir erwarten noch Capitaine Émeri. Er ist ein großer, etwas martialisch auftretender blonder Kerl in tadellos sitzender Uniform. Du wirst ihn mit ›Capitaine‹ anreden.«
    »Okay.«
    »Er ist ein Nachfahre von Marschall Davout, einem Typen aus der Zeit Napoleons, der nicht ein einziges Mal besiegt wurde und auf den ist er sehr stolz. Also keine blöden Bemerkungen dazu.«
    »Keine Gefahr.«
    »Da kommen sie. Der Dicke mit den dunklen Haaren, der ihn begleitet, ist Brigadier Blériot.«
    »Den rede ich mit ›Brigadier‹ an.«
    »Genau.«
    Sobald die Vorspeisen aufgetragen waren, begann Zerk vor allen anderen zu essen, wie auch Adamsberg es ganz natürlich getan hatte, bevor Danglard ihm die Grundkenntnisse der feinen Lebensart beibrachte. Auch schmatzte Zerk beim Kauen, das musste er ihm sagen. In Paris hatte er es nicht bemerkt. Aber in dem etwas steifen Ambiente dieses beginnenden Abends hatte er den Eindruck, dass man nur seinen Sohn essen hörte.
    »Wie geht es Flem?«, fragte Adamsberg den Brigadier. »Léo hat heute ein paar Worte mit mir gesprochen. Sie macht sich Sorgen um ihren Hund.«
    »Sie hat gesprochen?«, Émeri war erstaunt.
    »Ja. Ich war fast zwei Stunden bei ihr, und sie hat gesprochen. Der Arzt, er heißt ›Heilbutt‹ oder so ähnlich, schien darüber noch nicht mal erfreut. Meine Methode muss ihm wohl nicht gefallen haben.«
    »Merlan«, raunte Danglard ihm zu.
    »Und da warten Sie die ganze Zeit, bis Sie mir das erzählen?«, sagte Émeri. »Reden Sie, mein Gott, was hat sie denn gesagt?«
    »Sehr wenig. Sie hat mehrmals ›Guten Tag‹ gesagt, außerdem ›Flem‹ und ›Zucker‹. Das ist schon alles. Ich habe ihr versichert, dass der Brigadier dem Hund jeden Tag ein Stück Zucker gibt.«
    »Was ich auch tue«, bestätigte Blériot, »obwohl ich dagegen bin. Aber Flem setzt sich jeden Abend um sechs Uhr vor die Zuckerdose. Er tickt innerlich wie ein Drogenabhängiger.«
    »Umso

Weitere Kostenlose Bücher