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Die Nacht Hat Viele Augen -1-

Die Nacht Hat Viele Augen -1-

Titel: Die Nacht Hat Viele Augen -1- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Mckenna
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Dann nahm er den Detektor aus der Tasche und begann, die Wände methodisch abzusuchen.
    Raine setzte sich aufs Bett. »Was machst du da?«, fragte sie.
    »Wanzen suchen.« Er griff sich einen zierlichen antiken Stuhl und stieg darauf, wobei er hoffte, dass das fragile Möbel sein Gewicht tragen würde.
    Ihre Augen weiteten sich. »Du glaubst, dass …«
    »Ich glaube es nicht, ich weiß es. Deswegen hat er mich hierher eingeladen. Er will uns beobachten und wahrscheinlich auch filmen. Für die Nachwelt.«
    »Das glaube ich nicht!«
    Unter anderen Umständen hätte er über das Entsetzen in ihren Augen gelacht, aber er war mit seinen Gedanken zu sehr bei der Sache. »Victor sieht gern zu«, erklärte er einfach. »Und ich weiß ziemlich genau, wie viel Geld er bereit ist, für derlei Spielzeug auszugeben.«
    Die erste Wanze fand er im Deckenventilator. Ein Funksender, 399–030 MHz. Eine weitere befand sich im Deckenbogen. Vier stecknadelkopfgroße Löcher entdeckte er weit auseinanderliegend in der mit Zedernholz verkleideten Decke. Hinter jedem einzelnen Loch war eine kleine Videokamera montiert. Um an sie heranzukommen, hätte man der Deckenverkleidung aber mit einem Hammer oder einer Axt zu Leibe rücken müssen. Er zog einen Streifen Kaugummi aus der Tasche, kaute ihn weich und klebte die Löcher zu.
    Mit der Niederfrequenzfunktion des Detektors suchte er nach Trägerstromsignalen, von denen er zwei fand – sie gingen von der Uhr und einer der beiden Nachttischlampen aus. Er nahm beides auseinander. Lazar tat offenbar grundsätzlich lieber des Guten zu viel als zu wenig.
    Auch auf das Risiko hin, für paranoid gehalten zu werden, nahm er das Wärmesichtgerät heraus, wählte einen neunundneunzigprozentigen Infrarotfilter aus und schaltete die Nachtsichtfunktion dazu, um nach Laserdioden zu suchen, die im Infrarotbereich strahlten. Er fand zwei. Dieser hinterhältige Bastard.
    Seth setzte sie außer Gefecht und stellte sich in die Mitte des Raums. Dort drehte er sich eine Weile langsam im Kreis und musterte noch einmal in Ruhe die Wände und die Decke. Jetzt nutzte er nur noch seinen Instinkt, seine innere Antenne.
    Negativ. Falls er sich noch auf seine Sinne verlassen konnte, dann war das Zimmer jetzt sauber.
    Er drehte sich wieder zu Raine um und hielt ihr die Handvoll ausgebauter Wanzen hin. »Es gibt eine Menge, was du nicht über deinen edlen Onkel weißt, Prinzessin.«
    »Nenn mich nicht so!«, erwiderte sie scharf. »Du hast sie ja gefunden, oder nicht? Wir haben unsere Privatsphäre. Niemandem ist etwas passiert.« Sie ließ ihren Blick über die auseinandergenommene Lampe und die Innereien der Uhr schweifen. Dann lachte sie leise vor sich hin.
    »Was ist so verdammt lustig?«, wollte er wissen.
    Sie hob den Kopf. Ihre Wangen waren gerötet. »Einfach alles. Dieser Ort ist so surreal. Ich komme mir vor wie Alice im Kaninchenbau.«
    »Es freut mich, dass du Spaß hast«, knurrte er.
    Sie ließ ihre Hände in den Schoß sinken. »Ich verstehe nicht, warum du so angespannt bist. Jede Familie hat doch einen …«, sie unterdrückte ein Kichern, »… einen problematischen Onkel.«
    »Problematisch? Das nennst du problematisch ?« Er öffnete die Hand und ließ die Wanzen klappernd aufs Parkett fallen.
    Raine hob die Hände und schüttelte sich vor Lachen. »Ich versuche nur, damit fertig zu werden, Seth. Wenn du dir ein bisschen mehr Mühe geben könntest, es ähnlich zu sehen, wäre mir das sehr recht. Stell dir vor, das Ganze hier ist … ein Test.«
    Er stieß ein sarkastisches Grunzen aus. »Wie in den Comics, die ich als Kind gelesen habe? Ich bin im Schloss des bösen Zauberers. Wenn ich das Rätsel löse, darf ich die schöne Prinzessin vögeln. Wenn nicht, werde ich an die Drachen verfüttert, in blutigen Einzelteilen.«
    Sie hob den Kopf, majestätisch und reserviert. »Nein, du geschmackloser Trampel. Du darfst die schöne Prinzessin heiraten und mit ihr den Rest deines Lebens verbringen . «
    Er erstarrte, und in seinen Ohren begann es zu rauschen. »Oh«, sagte er etwas dümmlich und starrte sie an. Er schluckte. »So geht die Geschichte also?«
    »Ja. Normaler Märchenstandard. Fahrende Ritter sind normalerweise keine unhöflichen, groben, misstrauischen, sexuell besessenen Beziehungsphobiker.«
    »Ich muss als Kind die falschen Comics gelesen haben.« Er starrte sie an, völlig hypnotisiert davon, wie die Nachttischlampe von hinten ihr etwas zerzaustes Haar beleuchtete und es wie eine zarte

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