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Die Nacht Hat Viele Augen -1-

Die Nacht Hat Viele Augen -1-

Titel: Die Nacht Hat Viele Augen -1- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Mckenna
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verbringen. Ich bin mir sicher, Sie werden das verstehen. Und heute Nachmittag fahre ich selbst zurück in die Stadt, daher wird es kein Problem sein, sie mitzunehmen …«
    »Das ist okay«, entgegnete Seth. »Ich warte. Sie kann mit mir zurückfahren.«
    »Ich möchte Ihre wertvolle Zeit nicht verschwenden.«
    »Kein Problem«, sagte Seth. »Ich habe meinen Laptop dabei. Ich kann mich wunderbar beschäftigen, während Sie beide Ihre Wiedervereinigung feiern. Wenn Sie wollen, kann ich ein moderneres Überwachungssystem für Ihre Gästezimmer entwerfen. Eine Menge von dem Zeug, das ich gestern Abend ausgebaut habe, ist ziemlich veraltet.«
    Victors Gesichtszüge verhärteten sich. »Vielen Dank für das Angebot, aber machen Sie sich keine Mühe. Auf Stone Island soll man sich entspannen, nicht arbeiten.«
    »Wie Sie wollen.« Seth grinste ihn fröhlich an.
    Victor wandte sich an Raine. »Bist du fertig mit deinem Frühstück?«
    Sie schob den Joghurt mit Früchten von sich und stand auf. »Ja«, sagte sie.
    Blitzschnell packte Seth ihr Handgelenk, als sie an ihm vorbeiging. Er zog sie an sich und gab ihr einen harten, besitzergreifenden Kuss. Sie wurde rot, denn Victors amüsierte Miene schüchterte sie ein.
    »Heute scheint ein wenig die Sonne«, sagte Victor. »Wollen wir hinausgehen und sie genießen?«
    Sie folgte Victor auf die Veranda und den Weg hinunter. Dann standen sie Seite an Seite am Kai und beobachteten, wie das Wasser im Sonnenlicht glitzerte. »Früher hast du immer Angst vor dem Wasser gehabt«, bemerkte Victor. »Erinnerst du dich noch daran, wie ich dir das Schwimmen beigebracht habe?«
    Bei dem bloßen Gedanken daran zuckte sie zusammen. »Du warst skrupellos.«
    »Natürlich war ich das. Du wolltest es einfach nicht lernen. Du wolltest auch nicht Motorradfahren lernen. Oder Schießen. Aber ich habe darauf bestanden.«
    »Ja, das hast du allerdings.«
    Die Sache mit dem Motorradfahren hatte sie in besonders schrecklicher Erinnerung. Sie war völlig zerschrammt gewesen, hatte geblutet und geheult, aber Victor war gnadenlos gewesen. Er hatte sie dazu gezwungen, wieder auf das Teufelsding zu steigen, bis sie in der Lage war, es zu beherrschen. Genauso war es beim Schwimmen gewesen. Er hatte ihren Kopf aus dem Wasser gerissen, und während sie nach Atem rang und um sich schlug, hatte er ihr ruhig befohlen: »Strample mit den Beinen!« Dann hatte er sie wieder in die grüne Unterwelt fallen gelassen.
    Aber sie war nicht ertrunken. Sie hatte es gelernt. Ebenso wie sie gelernt hatte, eine Pistole zu benutzen, obwohl sie den Knall und die heftigen Rückstöße, die Prellungen in ihrer kleinen Hand hinterließen, gehasst hatte. Die geballte Gewalt in dem kleinen Ding hatte sie verängstigt, aber sie hatte es gelernt. Er hatte ihr keine Wahl gelassen.
    Sie wandte sich vom Wasser ab und sah Victor in die Augen. »Du hast gedacht, es wäre deine Aufgabe, mich hart zu machen«, sagte sie.
    »Peter und Alix waren faul und weich«, erwiderte Victor. »Wärst du nach deinen Eltern geraten, hättest du als wehleidiger Feigling geendet.«
    Es stimmte. Dieses verrückte euphorische Gefühl, etwas geschafft zu haben, als es ihr endlich gelang, auf dem Motorrad das Gleichgewicht zu halten, hatte sie Victor zu verdanken. Und als sie sich nach ihrem ersten unsicheren Kopfsprung ins Wasser wieder an die Oberfläche gekämpft hatte, hatte Victor ihr kurz applaudiert und dann gesagt, sie solle sofort wieder auf die Felsen klettern und es gleich noch einmal versuchen, bis ihre Technik besser sei.
    Alix und ihr Vater hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht zuzusehen.
    Sie starrte hinaus aufs Wasser, verloren in ihren Erinnerungen. Als Kind hatte sie Victor gleichzeitig verehrt und gefürchtet. Er war unberechenbar gewesen. Fordernd und spöttisch. Manchmal grausam, manchmal freundlich. Immer lebhaft und engagiert. Das genaue Gegenteil ihres durchs Leben treibenden, irgendwie abwesenden Vaters, der in seinen Träumen und melancholischen Gedanken versank, während er Cognac trank.
    »Eine Weile dachte ich, deine Mutter hätte Erfolg gehabt«, sagte er.
    »Womit?«
    »Dich zu einem wehleidigen Feigling zu machen. Aber sie hat es nicht geschafft. Die Gene der Lazars haben sich am Ende doch durchgesetzt. Sie hat es nicht ganz hinbekommen.«
    In seinen silbrigen Augen flackerte Stolz auf. Er konnte ihre Gedanken lesen, ihnen folgen, als wären sie auf eine Leinwand projiziert. Er verstand sie wie niemand sonst. Irgendetwas in

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