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Die Nacht in Issy

Die Nacht in Issy

Titel: Die Nacht in Issy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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verhalten, passiert Ihnen gar nichts!«
    Er war groß, hager, und ich konnte mich nicht erinnern, ihn jemals gesehen zu haben.
    »Na«, sagte ich, »vom Sicherheitsministerium scheinen Sie nicht zu sein. — Wer hat Sie denn geschickt, und womit kann ich mich für Ihren Besuch erkenntlich zeigen?«
    »Sie brauchen nur mitzukommen«, sagte er, »es möchte Sie jemand sprechen.«
    »Das kann ich mir denken. Das ist sicherlich jemand, der gern einige Papiere von mir haben möchte, was?«
    Der Mann sah nicht ausgesprochen schlecht aus, und ich hätte gewettet, daß er im Auftrag Mignards kam. Rätselhaft war mir nur, wie er mich hier hatte finden können. Allein, beim nächsten Satz mußte ich mein Urteil über ihn revidieren.
    »Quatsch nicht so lange und so dusselig, sondern komm!«
    Er hatte mich nicht aufgefordert, die Hände hoch zu nehmen, und ich hatte in der Brusttasche noch immer Gustaves Pistole.
    »Und wenn ich absolut keine Lust habe«, sagte ich und lachte, »wirst du dann losknallen? Hier, mitten unter lauter Leuten? Bin ich das überhaupt wert?«
    »Na ja«, sagte er und steckte seine Pistole ein, »man kann ja nie wissen. Aber Labourusse meinte, du würdest mitkommen, wenn du weißt, daß er dich sprechen will.«
    »Ach!« machte ich, »Monsieur Labourusse persönlich. Ich habe keine Ahnung, was er von mir will.«
    Das entsprach völlig der Wahrheit, denn Labourusse konnte meiner Ansicht nach nicht wissen, daß ich die Papiere hatte.
    »Das wird er dir wahrscheinlich sagen. — Kommst du jetzt mit?« Ich überlegte, ob er nicht doch von Mignard geschickt sein konnte und Labourusse nur ein Vorwand war. Germaine hatte Zeit genug gehabt, mit Mignard zu sprechen; immerhin war ich ziemlich betroffen, daß man mich hier gefunden hatte.
    »Gut«, sagte ich, »ich komme. Aber nicht jetzt gleich. Ich bin in zwei Stunden in der Rue des Fourneaux bei Gustave.«
    Mir blieb beinahe der Mund offen, als der Mann nickte.
    »Ist recht. Aber wenn du nicht kommst, werden wir dich holen. Darüber bist du dir klar, was?«
    »Völlig«, sagte ich, »und es trifft sich gut, daß ich auch ein Wörtchen mit Labourusse zu sprechen habe.«
    Er nickte mir zu und ging.
    Ich muß gestehen, daß ich mir kein Bild machen konnte, was das zu bedeuten hatte. Mignard konnte nicht dahinterstecken, denn Mignard würde auf meinen Vorschlag, zu Gustave zu gehen, nicht eingegangen sein.
    Es war vier Uhr; ich hatte also noch zwei Stunden Zeit.
    Wenn ich nur erst mit Constance hätte sprechen können!
    Aber ich hatte keine Ahnung, wo sie war.
    Ich steckte Gustaves Pistole in die äußere Jackentasche und holte die deutsche Mauser, die ich dem Detektiv abgenommen hatte, aus dem Schrank, wo ich sie versteckt hatte. Dann schob ich die Quittung von Patisse und Alexandres Manschettenknöpfe unter einen Stoß Wäsche von Constance und verließ das Haus in der Rue Bonaparte. Ich dachte, es könne nichts schaden, schon etwas früher bei Gustave zu sein.
    Unterwegs wurde ich das unangenehme Gefühl nicht los, verfolgt zu werden; aber ich konnte mich auch täuschen.
    Ich war höchstens zehn Minuten gegangen, als ich meinen Plan änderte. Ich winkte einem vorbeifahrenden Taxi und sagte: »Rue de Valenciennes siebzehn; aber schnell, bitte!«
    Das Haus Nummer siebzehn war ein hohes, altes Mietshaus. Ich zahlte das Taxi und betrat das Haus. Es war noch eins von jener Sorte, das neben der Haustür eine Pförtnerloge hatte. Ich fragte nach Monsieur Mompard.
    »Im zweiten Stock links.«
    Ich kletterte die steile Treppe hinauf. Es roch muffig und nach armen Leuten. Im zweiten Stock waren vier Türen, an einer stand:

    Paul Mompard
    Privatdetektiv
    Überwachungen aller Art
    Diskrete Auskünfte

    Ich zog an einer Schnur, an die ein Mantelknopf gebunden war, und hörte drinnen eine Klingel rasseln. Ich läutete nach einer Weile ein zweites Mal, und dann nochmals, aber niemand öffnete. Als ich gerade enttäuscht wieder gehen wollte, hörte ich schlurfende Schritte, und dann wurde die Tür einen kleinen Spalt breit geöffnet. Ich sah den Teil eines Männergesichts; der andere Teil war unter einem weißen Verband verborgen.
    »Ja, bitte?« sagte der Mann.
    »Ich möchte zu Monsieur Mompard.«
    »In welcher Angelegenheit?«
    »Ich möchte einen Auftrag erteilen«, sagte ich, »eine kleine Überwachung.«
    Die Tür öffnete sich ein wenig weiter.
    »Das bin ich selber. Aber im Augenblick bin ich nicht in der Lage. — Ich hatte einen Unfall, wie Sie sehen; ich bin

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