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Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Titel: Die Nacht in mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Baker
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Astwerk der Büsche schien ihn den ganzen Tag lang unsichtbar gemacht zu haben.
    »Beobachten Sie sie«, hatte Rossokow ihm aufgetragen, ehe er sich zum Schlafen tiefer in den Wald zurückgezogen hatte. Mickey hatte versucht, Einwände vorzubringen, hatte vorgeschlagen, dass es vielleicht praktischer sein könnte, sich abzuwechseln, aber der alte Mann hatte diese vernünftige Idee zurückgewiesen. »Ich habe bis zur Dämmerung keine Kraft«, hatte er gesagt, und dagegen ließ sich nichts sagen. Mickey war am Ende dennoch eingeschlafen, von der Wärme und der würzigen Luft schläfrig geworden. Aber jedes Mal, wenn jemand eine Tür schloss, schien er ruckartig aufzuwachen, also glaubte er nicht, etwas verpasst zu haben.
    Nicht dass es viel gegeben hätte, was man verpassen konnte. Hier und da öffnete sich die Tür an der Stirnseite des Hauses, dann ging ein Mann die lange Zufahrt bis zum Tor hinunter oder umkreiste einmal das Haus. Es schien kein besonderes Muster für ihre Bewegungen zu geben, und er sah nie mehr als einen Mann. Nach allem, was er wusste, konnte es sein, dass sich zwei Männer im Haus befanden. Oder zwanzig. Das Einzige, was er mit Sicherheit wusste, war, dass sie bewaffnet waren. Er hatte genügend Filme gesehen, um eine Maschinenpistole zu erkennen, wenn er eine zu Gesicht bekam. Es war nicht gerade ein beruhigender Anblick und erweckte in ihm den Verdacht, dass Rossokow in Wirklichkeit nicht viel mehr als die paar Einzelheiten über Althea Dale und Havendale wusste, die er ihm, ehe er schlafen gegangen war, mitgeteilt hatte.
    Etwas bewegte sich hinter ihm, und Mickey drehte sich um. Eine dunkle, schemenhafte Gestalt kroch zu ihm ins Buschwerk. »Nett, Sie zu sehen«, sagte Mickey sarkastisch.
    »Ich hatte etwas zu erledigen.« In der Dunkelheit konnte er das Lächeln des Mannes nicht sehen, war sich aber sicher, dass der andere jetzt spöttisch amüsiert blickte.
    »Ich nehme nicht an, dass Sie Verstärkung geholt haben.«
    »Nein, bedauerlicherweise nicht. Ich habe mir nur Nahrung besorgt.«
    »Herrgott, Sie haben gegessen und mir nichts mitgebracht? « Er schaffte es immerhin, seinen Vorwurf im Flüsterton vorzubringen.
    »Ich hatte nicht gedacht, dass Sie großen Wert auf ein Eichhörnchen legen.«
    »Ein Eichhörnchen? Sie haben ein Eichhörnchen gegessen? «
    »Nun, nicht gerade ›gegessen‹, aber …«
    »Schon gut«, fiel ihm Mickey ins Wort und war sich plötzlich sicher, dass er nicht mehr hören wollte. »Jetzt, wo Sie zurück sind, was werden wir nun also wegen Sara und Ardeth unternehmen?«
    »Was ist heute geschehen?« Mickey berichtete ihm ungeduldig, was er im Laufe des Tages gesehen hatte. »Niemand ist von außerhalb eingetroffen?«, fragte Rossokow verblüfft.
    »Nein. Es ist auch niemand weggegangen, nicht seit dem Lieferwagen heute Morgen.« Eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen, und Mickey sah aus zusammengekniffenen Augen zu dem bleichen Schatten neben sich und musterte Rossokows Profil, während der das Haus studierte. »Wie werden wir also hineinkommen?«
    »Der Mann, der Sie angerufen hat … Er sollte heute Nacht zurückkommen. Wir werden mit ihm ins Haus gelangen.«
    »Und wenn er nicht erscheint?«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er wegbleiben wird, aber wenn er bis Mitternacht nicht hier ist, werden wir etwas anderes versuchen.« Er klang so sicher, dass ihnen »etwas anderes« einfallen würde, dass Mickey sich beinahe davon überzeugen ließ. Aber auch nur beinahe.
    Es war fast elf Uhr, als sie die Scheinwerfer zwischen den Bäumen, die die Einfahrt säumten, flackern sahen. Rossokow war lautlos verschwunden, schlich sich zwischen dem hohen Unkraut davon, um dann am Rande der Einfahrt im Schatten eines Baumes niederzukauern. Mickey setzte dazu an, ihm zu folgen, erstarrte dann aber, als die Scheinwerferbalken über die Stelle huschten, wo er lag. Er zwang sich, weiterzukriechen. Der Wagen hielt ein Stück hinter Rossokows Versteck an der Steintreppe an, die zum Haus hinaufführte. Die Bremslichter verschwanden und blinkten kurz darauf wieder auf, als Rossokows Schatten sich an ihnen vorbeibewegte, dann stand Mickey auf und rannte los.
    Er erreichte die Beifahrerseite des schnittigen Sportcabriolets in dem Augenblick, als der Fahrer die dunkle Gestalt sah, die an seiner Tür stand.
    »Guten Abend«, sagte Rossokow liebenswürdig, mit einem Lächeln, das zu viele Zähne zeigte.
    Mickey sah, wie der Mann sich zur Seite beugte und seine Hand zum

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