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Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Titel: Die Nacht in mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Baker
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zu den Bildschirmen hinüber und lehnte sich an sie. Dabei warf sie einen kurzen Blick auf diese: Zwei zeigten den leeren Korridor vor dem Labor, auf den anderen beiden war nur Schnee zu sehen.
    »Wie haben Sie von mir erfahren?«, fragte Rossokow schließlich.
    »Aus den Tagebüchern meines Ururgroßvaters. Sie waren mit all seinen anderen Büchern auf dem Dachboden. Er hat mir alles außer Ihrem Namen verraten.« Die Antwort kam prompt, verriet Selbstvertrauen und Triumph. Sie will , dass wir davon erfahren, erkannte Ardeth. Sie ist stolz darauf … Sie will, dass wir wissen, was sie getan hat.
    Aber ich weiß es bereits. Ich weiß, dass sie Tony und Conrad und mich getötet hat. Ich weiß, dass sie jeden töten würde, der sich zwischen sie und das stellt, was sie will – was auch immer das sein mag. Wieder stieg die Wut in ihr auf wie ein spitzer Dolch, der sich in ihr Herz bohrte, und sie zuckte vor dem stolz erhobenen Kopf zurück, der so unsicher auf dem langen, zerbrechlichen Hals balancierte. Sie musste sich zurückziehen, dorthin, wo sie den Drang zu töten, der sie erfasste, unter Kontrolle halten konnte. Und so trat sie hinter das alte Zweiersofa auf der anderen Seite des Raums und sah sich die Bücherschränke an.
    Ihr Blick glitt über die hier zusammengetragene Bibliothek, erfasste verblasste Titel aus Blattgold auf brüchigem Leder – Maleus Maleficarum, Der Vampir in Mythos und Geschichte, Dracula – ebenso wie Taschenbücher in schreiendem Rot und Schwarz. Alle befassten sich mit Vampiren oder dem Okkulten. Sie zog willkürlich ein Buch heraus und klappte es auf: Worte in lateinischer Sprache krochen über die Seite.
    »Und Havendale?«, hörte sie Rossokow sanft nachhaken, ihr Gelegenheit gebend, sich ihrer eigenen Raffinesse zu brüsten.
    »Als Daddy starb«, sagte sie mit einer Stimme, die verbittert und amüsiert zugleich klang, als lache sie über einen Witz, den nur sie kannte, »gehörte es mir. Ich führe die Firma viel besser, als er das jemals getan hat.«
    Eine Reihe dünner Bücher auf dem untersten Regal fiel Ardeth auf. Sie beugte sich vor, um sie sich genauer anzusehen. Es waren Schulhefte, erkannte sie, die mit den hellbraunen Umschlägen, wie sie die Schüler in den staatlichen Schulen erhalten. Neugierig zog sie das erste Heft heraus und klappte es auf.
    Die Seiten waren mit kindlichem Gekritzel bedeckt, für ihre Nachtsicht jedoch selbst bei der schwachen Beleuchtung lesbar. Sie hielt gelegentlich inne, um zu lesen, wenn ihr ein Wort oder ein Datum auffielen.
     
    5. September 1962
    Mutter hat mich heute in das große Geschäft zum Tee mitgenommen. Das sollte ein besonderes Geschenk zu meinem achten Geburtstag sein, aber Daddy wurde böse, als er es erfuhr, und ließ mich zweimal extra baden.
     
    5. Oktober 1963
    Mutter hat mich dabei erwischt, wie ich auf dem Dachboden mit den Koffern von Ururgroßvater Dale gespielt habe. Sie hat mit mir geschimpft (wie üblich) und gesagt, ich solle hinuntergehen. Wahrscheinlich darf ich da jetzt nicht mehr rangehen, aber ich weiß nicht, warum sie das stört. Eines Tages wird mir sowieso alles gehören. Viele der Bücher sind in einer komischen Sprache geschrieben – also kann ich mir nur die Bilder ansehen. Das von dem Mann mit den Hörnern und den scharfen Zähnen gefällt mir am besten, wenn es mir auch etwas Angst macht, wenn es dunkel ist.
     
    14. April 1964
    Ich kann kaum schreiben, meine Hände zittern so, aber ich muss. Mutter ist heute gestorben. Sie ist von einem Auto überfahren worden, als sie einkaufen war. Alle weinen (ich auch. Wenn du genau hinsiehst, kannst du die Tränen auf der Seite sehen). Selbst Daddy. Aber dann ist er zornig geworden und hat geschrien, dass sie nicht hätte ausgehen sollen, und dass das passiert, wenn man da hinausgeht. Dann kam Nurse und brachte mich hier hoch …
     
    17. April 1964
    Heute haben sie Mutter begraben. Daddy hat Recht. Ich will auch nicht mehr dort raus.
    »Also haben Sie Havendale dazu gebracht, nach mir zu suchen? «
    »Natürlich.« Eine Andeutung von Verachtung klang in ihrer Stimme mit.
    »Woher wussten Sie, dass ich immer noch in der Stadt war?«
    »Ich wusste es nicht. Aber alles, was ich über Sie wusste, stammte aus dem Jahr 1898, und deshalb habe ich sie dort mit der Suche anfangen lassen.«
    »Und als Sie mich fanden, haben Sie die Männer, die für sie arbeiteten, und die Studenten, die die Recherchen für Sie angestellt haben, von Rooke umbringen lassen.«
    »Ich habe

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