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Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Titel: Die Nacht in mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Baker
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häufig davon ab, ob nun der eigene Lebensunterhalt auf dem Spiel stand oder nicht.
    Etwas auf der anderen Straßenseite zog seine Aufmerksamkeit auf sich, ein rotes Blitzen vor den Schaufenstern, dann ein Fleck von Dunkelheit, wo eigentlich nur Licht hätte sein dürfen. Seine Aufmerksamkeit löste sich von den ohnehin unlösbaren Fragen der Zukunft, und er blickte über die Straße und sah sie. Es war die Frau von der Kletterwand … Ardeth Alexander. Er passte sein Schritttempo dem ihren an und beobachtete sie.
    Auf der Straße war sie eine noch auffälligere Erscheinung als an der Kletterwand.
    Alles an ihr schien schwarz zu sein: ihre niedrigen Stiefel, die Leggings, der kurze Rock, die weite Jacke. Ihr einziges Zugeständnis an die derzeitige Mode in Banff war ein grellrotes Top aus Polarfleece unter der Jacke. Eine leichte Brise fuhr ihr ins Haar, und er konnte einen roten Stein an ihrem Ohr blitzen sehen.
    Er erinnerte sich daran, wie er in große braune Augen hinuntergeblickt hatte.
    Sie bog in eine Seitengasse und ging auf die Tür von Snow Rats zu, einem kleinen Laden, der ebenso für seine geschmacklosen, auffälligen T-Shirts wie für Snowboards und Skiausrüstungen bekannt war.
    Er erinnerte sich, wie sich ihre bleichen Wangen gerötet hatten, als sie sich an einem ihrer unmöglich schlanken Arme in die Höhe gezogen hatte.
    Der Duft von Kaffee wehte ihm aus einer sich plötzlich öffnenden Tür entgegen und erinnerte ihn daran, weshalb er unterwegs war.
    Er verharrte kurz auf dem Bürgersteig, zwischen der Aussicht auf Kaffee und einer Pause und der Erinnerung an ihre Finger in seiner Hand hin und her schwankend. Herrgott, Frye, für einen Typen, der das Risiko liebt, bist du wirklich ein Feigling, verspottete er sich selbst. Wie lange ist es eigentlich schon her, seit du das letzte Mal einer Frau begegnet bist, die auch nur halb so interessant war wie die da? Der Kaffee wird morgen auch noch hier sein, aber sie vielleicht nicht. Was hast du schon zu verlieren?
    Er rannte über die Straße, noch ehe er sich selbst die Antwort auf die Frage geben konnte.
    Snow Rats wimmelte von Menschen, und es war laut hier: Metal oder Thrash oder wie auch immer der neueste populäre Lärm heißen mochte, dröhnte aus der Stereoanlage. Mark zwängte sich hinein und sah sie sofort zwischen einem Gestell mit Skiern und der Wand mit den T-Shirts stehen. Sie war dabei, sich durch die T-Shirts durchzuarbeiten, den Kopf nach vorne gebeugt, das Haar wie Schatten über ihren Wangen.
    »Hey, Mark«, rief ihm eine Stimme von links zu, und er sah zur Theke hinüber, an der der Verkäufer lehnte und zu ihm hinübersah. »Steve«, grüßte er zurück, plötzlich verlegen. Er registrierte beinahe geistesabwesend, dass sich Steve, seit er ihn zum letzten Mal gesehen hatte, die langen blonden Dreadlocks abgeschnitten hatte und sich die Nase hatte piercen lassen – er trug jetzt einen Nasenring.
    »Bisschen die Konkurrenz auskundschaften?«, fragte Steve, obwohl sie eigentlich keine echten Konkurrenten waren. Snow Rats’ heranwachsende Snowboarder gingen nicht in Domanos Geschäft an der Hauptstraße, und Domanos wohlhabende Kunden neigten zu teuren Ausrüstungen und Kleidung, die den Eindruck vermittelte, als wüssten sie etwas damit anzufangen, ob das nun der Fall war oder nicht.
    »Schon draußen gewesen?«, fragte Mark und ging zu dem Regal, in dem die Snowboards aufgestapelt waren, ohne dabei Ardeth aus dem Auge zu lassen, die wie ein dunkler Schatten am Rand seines Gesichtsfelds lungerte.
    »Ein paarmal auf dem Norquay. Und du?«
    »Bis jetzt noch nicht.« Die Glocke über der Tür bimmelte, und zwei junge Männer kamen herein, in ein angeregtes Gespräch vertieft. Zu Marks Erleichterung schien Steve sie zu kennen und war kurz darauf damit beschäftigt, ihnen die neuesten Snowboards zu zeigen. Mark schlenderte zur anderen Seite des Ladens und sah sich die Skier an.
    Ardeth hatte ein T-Shirt über den Arm drapiert und hielt unschlüssig ein anderes daneben. Mark beugte sich etwas zur Seite, um den Slogan zu lesen: »Fear not – You can only die once«.
    »Ein netter Gedanke«, sagte er, worauf sie abrupt aufblickte. Ihre Augen waren schmaler und härter, als er sie in Erinnerung hatte. »Ich bin Mark Frye. Wir sind uns neulich Abend in der Kletterhalle begegnet.« Jetzt schien sie ihn zu erkennen, und ihr Gesicht entspannte sich, ihr argwöhnischer Blick verflog. Ihre Unterlippe war voll und rot, und er gab sich Mühe, sich

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