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Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Titel: Die Nacht in mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Baker
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Akiko fest. »Haben Sie Nahrung aufgenommen?«
    Einen Augenblick lang war Ardeth von ihrem gleichmütigen Tonfall zu verblüfft, um zu antworten. »Nein«, gab sie schließlich zu.
    »Müssen Sie?«
    Was wurde ihr da angeboten, fragte sich Ardeth. Hatte ihr mysteriöser Gebieter das Flugzeug mit Flaschen voll Blut bestückt? Oder sollte sie es auf die altmodische Art bekommen? Brauche ich es? Oder, was wichtiger war, will ich es?
    »Ich komme schon zurecht«, sagte sie schließlich, und Akiko blickte wieder auf ihre Teetasse. »Wenn ich das nicht täte … «, begann Ardeth dann, die das Geheimnis einfach nicht ertragen konnte.
    »Dann könnte ich es Ihnen bieten. Fujiwara-san hat gesagt, ich soll dafür sorgen, dass Sie sich wohlfühlen und es Ihnen gutgeht.«
    »Ich nehme an, Sie haben das schon früher getan.«
    »Selbstverständlich. Seit ich zur Frau geworden bin.«
    »Hatten Sie Angst?«, fragte Ardeth und hätte ihre Worte am liebsten gleich wieder verschluckt.
    »Ja. Aber Fujiwara-san war sehr freundlich. Er schrieb mir ein Gedicht, so wie er als junger Mann den Damen vom Hof Gedichte geschrieben hatte, und schickte es mir mit einer Kirschblüte. Ich hatte immer noch solche Angst, dass ich mich im Garten versteckte. Ich dachte, er würde böse auf mich sein, aber …« Sie lächelte, und Ardeth bildete sich ein, sie einen Augenblick lang erröten zu sehen. »Er ist sehr alt, aber noch sehr jung. Sie verstehen?«
    Ardeth dachte an Rossokow und an das erste Mal, wo sie ihm aus freien Stücken ihr Blut gegeben hatte, und einen Augenblick lang enthielt ihre Erinnerung nur reine Freude, von nichts umwölkt und ohne Komplikationen. »Ja, das verstehe ich.« Sie riss sich von der Erinnerung los und nutzte den Umstand, dass Akiko ein wenig ins Träumen geraten war. »Wie alt ist er?«
    »Sehr alt.« Das Lächeln der Frau blieb unverändert, aber ihre Augen blickten plötzlich wieder wachsam.
    »Und Sie können mir wirklich nicht sagen, weshalb er die Bekanntschaft anderer Vampire machen möchte?«
    »Das sagte ich Ihnen doch, Ardeth. Er ist alt und möchte seinesgleichen kennenlernen.«
    »Haben Sie ihm von Rossokow erzählt?«
    »Natürlich.«
    »Hat er mit ihm gesprochen?«
    »Ich glaube nicht, dass er mit ihm gesprochen hat, nein.«
    »Aber er hat mit ihm Kontakt aufgenommen?«
    »Das wäre möglich. Fujiwara-san wusste, dass Mr. Rossokow zweifellos ebenso vorsichtig sein würde wie Sie. Deshalb hat er sich überlegt, wie er sich vorstellen und ihrem Gefährten seine Besorgnis nehmen kann. So«, Akiko stellte ihre Teetasse ab, und ihre Bewegung war plötzlich wieder geschäftsmäßig und zielstrebig, »wir werden in etwa zwei Stunden in Calgary eintreffen. Ich habe uns dort in einem Hotel Zimmer reserviert, damit Sie bis heute Abend schlafen und wir dann anschließend nach Banff fahren können. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen. Ich möchte mich eine Weile ausruhen.«
    »Selbstverständlich.« Ardeth sah ihr zu, wie sie ihre beiden Taschen an sich nahm und in einer Kabine im hinteren Teil des Flugzeugs verschwand. Alles, was Akiko ihr gesagt hatte, deutete darauf hin, dass sie von Fujiwara nichts zu befürchten hatten. Der Respekt, den sie ihm entgegenbrachte, ja sogar ihre Liebe, schienen echt. Aber sie war dazu erzogen worden, ihm zu dienen, und hatte keine andere Art Leben kennengelernt. Ardeth hatte keine Zweifel, dass sie für ihn, ohne zu zögern, töten würde … Und für ihn zu lügen, wäre für sie ohne Zweifel ebenso selbstverständlich und natürlich wie das Atmen.
    Sie beugte sich etwas zur Seite, um zum Fenster hinauszusehen. Durch die Wolkenfetzen in der Tiefe konnte sie zwei leuchtende, bewegte Lichtpunkte ausmachen und erkannte, dass es sich um die Scheinwerfer eines Autos handelte. Die Stirn ans Fenster gepresst, sah sie zu, wie der Wagen durch die dunklen Felder in der Tiefe nach Westen rollte.

33
     
    Dimitri Rossokow saß auf dem Rücksitz der Limousine und blickte durch die getönten Scheiben auf den vorbeihuschenden Wald hinaus. Die Sonne war vor etwa einer Stunde hinter den westlichen Bergspitzen verschwunden. Eine halbe Stunde später war der Wagen eingetroffen – er hatte sich wie ein breiter, schwarzer Hai die schmale Gasse hinaufgeschoben. Ein Chauffeur im dunklen Anzug und mit einer Schildmütze, die seine orientalischen Gesichtszüge zur Hälfte verdeckte, war ausgestiegen. »Mr. Rossokow?«, hatte er mit leiser Stimme und mit fremdländischem Akzent gefragt. Und als

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