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Die Nacht von Granada

Die Nacht von Granada

Titel: Die Nacht von Granada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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gezwungen hatte.
    Wie sehr sie ihm alle zuwider waren, vor allem diese resolute Frau mit der großen Nase, die ihn nach Strich und Faden herumkommandiert hatte! In ihren hellen Augen war kein Funken Mitleid gewesen, sondern nur wachsame Zurückhaltung.
    Versuchte man dort draußen gerade, die Tür aus den Angeln zu reißen?
    Emilio machte sich unwillkürlich kleiner, was nicht gerade einfach war, weil er sich seinen leeren Bauch gierig mit all dem vollgestopft hatte, was die Bewohner zurückgelassen hatten. Ein Aufbruch für immer, so hatte es für ihn ausgesehen.
    Er fuhr sich an die Nase, die plötzlich juckte, wie immer, wenn er Angst bekam. Wenn das dort draußen Mauren waren, war sein Leben keine Bohne mehr wert, das wusste er. Nicht in dieser Nacht, da alle Regeln und Gesetze auf einmal außer Kraft gesetzt schienen.
    Zu viele von ihnen hatte er als Aufseher auf der Alhambra schikaniert und gequält. Sein Gesicht war überall in der Stadt bekannt. Dabei war es wie Balsam für ihn gewesen, endlich einmal befehlen und strafen zu können! Sein ganzes Leben hatte er sich vergeblich danach gesehnt. Sollte dieses kurze Glück nun für immer vorbei sein?
    »Aufmachen! Sonst zünden Haus an!«, rief jemand vor der Tür.
    Das klang ganz und gar nicht maurisch! Das klang nicht einmal richtig Andalusisch.
    Eine wilde Freude stieg in Emilio empor. Er war auf der richtigen Seite gelandet! Nun konnte ihm nichts mehr zustoßen. Er sprang auf, so schnell sein Wanst es gestattete, rannte zur Tür und entriegelte sie mit fliegenden Händen.
    Lauter Rotkappen, die Fackeln in den Händen trugen und ihm finster entgegenstarrten.
    »Ich Freund!«, rief er eilig. »Kein Feind.«
    Sie starrten ihn regungslos an, bis sich von hinten ein blonder Hüne mit einer Narbe quer über der Wange nach vorn schob.
    »Dein Haus?«, bellte er.
    Emilio schüttelte den Kopf. »Nur Versteck«, sagte er, darauf bedacht, kein Wort zu verwenden, das der andere nicht verstehen würde. »Aber ich weiß, wo sie sind.«
    Er deutete hinter sich, dann zeigte er auf das gegenüberliegende Haus, wo Kamal mit seiner Familie gewohnt hatte.
    »Verbrecher – alle beide. Maurenpack!« Er spuckte voller Abscheu aus.
    »Wo?« Die Stimme des Hünen klang bedrohlich.
    Emilio sandte ein kurzes Stoßgebet zur himmlischen Jungfrau, die über ihn wachte, seitdem er ein kleiner Junge war, und dankte ihr nicht zum ersten Mal für seine ausgezeichneten Ohren, denen nicht einmal Geflüstertes entging. Jetzt kam ihm zugute, wie sehr er sich zuvor angestrengt hatte, alles zu verstehen, was er nicht hatte hören sollen.
    »Judenviertel«, sagte er dann. »Nicht weit. Blaues Haus!«
    Hatte der Söldner ihn wirklich verstanden? Er musste ganz sichergehen.
    »Ich Christ wie ihr.« Emilio tippte auf seinen eingefallenen Brustkorb und entblößte seine Zahnstummel. »Gutes Herz. Guter Mann. Kann euch führen!«
    Der Mann, der sich über Kamal beugte, war alt und furchterfüllt, das sah man seinem bleichen Gesicht an, das ein kurz geschnittener weißer Bart bedeckte.
    »Nur um Hasans willen«, murmelte er ein ums andere Mal. »Kein anderer als der Imam höchstpersönlich hätte mich in dieser Nacht aus dem Haus bekommen!«
    »Wird er die Flucht überstehen?«, fragte Nuri bang, während Lucia ihr den Arm um die Schulter legte, um ihr Mut zu machen, obwohl Nuri sich unter der Berührung ganz steif machte.
    Das Geheimnis zwischen Rashid und ihr, das sie Nuri vorenthalten hatte! Ob sie ihr das jemals verzeihen würde?
    Der Hakim wiegte bedenklich den Kopf. »Das Gift der Entzündung scheint zum Glück noch nicht weit in seinem Blut vorgedrungen zu sein«, sagte er. »Sonst gäbe es am Arm entlang eine verdächtige rote Linie. Doch davon kann ich bislang nichts entdecken. Das ist die gute Nachricht. Er fiebert stark, aber wohl eher, weil er sich im Verlies eine schlimme Erkältung zugezogen hat, was mich dennoch beunruhigt, da es schon so lange anhält. So weit die schlechte Nachricht. Ich habe die Wunde gesäubert, mit Weihrauch versorgt und mit einer Beifußsalbe bestrichen. Von beidem gebe ich euch eine ordentliche Portion mit auf die Reise. Mehr kann ich im Augenblick leider nicht für ihn tun.«
    »Und seine Hand?« Das kam von Saida. »Mein Mann war der berühmteste Steinschleifer Granadas! Wird er sie jemals wieder benutzen können?«
    »Das liegt allein beim Allmächtigen! Zum Schienen ist es längst zu spät. Das hätte gleich nach der Tortur erfolgen müssen. Aber manchmal wachsen

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