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Die Nacht von Shyness

Die Nacht von Shyness

Titel: Die Nacht von Shyness Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Tight!
End-less night!
Aa-wooooooooh!
    Das sollte ein Heulen werden, aber es kommt eher als Jodeln raus. Zum Ausgleich biete ich metalmäßige Hüftstöße und zeige ein paar Mal die Pommesgabel, bevor ich mich verbeuge.
    Wolfboy klatscht langsam. Er ist natürlich wahnsinnig beeindruckt. Vor allem scheint er seinen ganzen Ärger wegen der Sache mit Ortolan völlig vergessen zu haben. Er ist so süß, wenn er lächelt! Das würde ich gern öfter sehen.
    »Ist das ein Original?«
    Ich lasse die Ukulele sinken und streiche mir die Haare aus dem Gesicht. »Oh, nein, es ist ein Cover von einem Stück von euch. Hast du es nicht erkannt?«
    Wir grinsen uns an. Ich bin so richtig schön albern, nicht wie mit Neil und Rosie im Pub – da habe ich nur so getan, als hätte ich Spaß. Wolfboy scheint es zu gefallen, wenn ich Quatsch mache. Gut so. Ich bin keine, die nur dekorativ rumsteht, und wer so eine haben will, kann mir gestohlen bleiben.
    »Also bin ich dabei? Hab ich bestanden?«
    »Du kannst jederzeit in meine Band eintreten. Aber jetzt machen wir lieber mal voran, sonst schmeißt Sebastien uns noch raus, weil er denkt, wir sind blau und können uns nicht benehmen.«
    Sebastien blickt auf, als wir zu ihm an den Tisch kommen. Er lässt nicht durchblicken, dass er irgendwas gehört hat. Urplötzlich fängt mein Herz an zu hämmern,als wollte es meinen Brustkorb sprengen. Jetzt kommt der Kartentest. Ich weiß nicht, was ich empfinde, Spannung oder Übelkeit.
    »Gute Wahl«, murmelt Sebastien mürrisch, als ich ihm die pinkfarbene Ukulele reiche.
    »Und dann noch den hier.« Wolfboy hält einen Gitarrengurt hoch. Ich hab gar nicht mitbekommen, dass er sich den genommen hat.
    »Macht fünfundsechzig Dollar.«
    Ich reibe die Karte zwischen den Fingern, vielleicht bringt das ja Glück, dann gebe ich sie Sebastien. Routiniert zieht er sie durch seine Maschine.
    Nichts passiert. Ich halte die Luft an, werfe einen schnellen Blick zu Wolfboy. Er ist völlig ruhig. Seine Augen, dunkelblau in diesem Licht, schauen mich einen Moment länger an als nötig, und unser Geheimnis wandert zwischen uns hin und her.
    Die Maschine piepst und spuckt einen Beleg aus.
    Sebastien reicht mir einen Stift und ich unterschreibe mit zittriger Hand. Die Karte funktioniert. Halb hatte ich erwartet, sie wäre nur ein Fake.
    »Hey, danke.« Wolfboy gibt mir die Ukulele und hebt zum Abschied eine Hand. Sebastien neigt kaum merklich den Kopf und wendet sich dann gleich wieder seinem Buch zu.
    Meine Füße führen mich durch die erste Tür und durch den Flur. Ich zittere am ganzen Körper. Ich weiß, was ich mit der Karte mache. Benommen öffne ich die Eingangstür und merke kaum, wie kalt die Luft ist, die mir entgegenschlägt. Morgen gehe ich ins Reisebüro und kaufe mir ein Flugticket, irgendwohin, egal. Montagist für mich schulfrei. Ich muss da nie wieder hin. Die Karte ist der Ausweg aus dem Schlamassel, in dem ich stecke.
    Der Parkplatz ist immer noch verlassen. Wolfboy nimmt mir die Ukulele ab und befestigt den Gurt daran. Er hat so stumpfe Fingerkuppen, wie Jungs sie eben haben, doch seine Hände sind geschickt. Er zieht mir den Gurt über den Kopf und unter einen Arm, sodass die Ukulele auf meinem Rücken hängt. Ich stehe reglos da, ohne zu atmen. Ab jetzt wird alles anders.
    »Wir haben einen Namen für Leute wie Sebastien.« Seine Hand liegt immer noch auf meiner Schulter, während er den Gurt gerade zieht. Er hat sich nicht direkt auf mich gestürzt, nachdem ich ihn gefragt hab, ob er eine Freundin hat. Weiß er nicht, was die Frage bedeutet?
    »Ja?«
    »Wir nennen sie Pilze, weil sie im Dunkeln gut gedeihen. Manche Leute haben ein richtiges Geschäft mit der Dunkelheit gemacht.«
    »So wie Ortolan?«
    Er lässt die Hand von meiner Schulter sinken. Mist. Ich hätte sie nicht erwähnen sollen.
    »Kann sein. So hab ich es noch nie betrachtet, aber es stimmt.« Er klopft mir auf den Arm. Eine freundschaftliche Geste. »Komm, lass uns von hier verschwinden. Hast du Hunger?«

8
    Die Saturnalia Avenue ist wie immer ausgestorben. Der Anblick von Orphanville am Ende der Straße schreckt die meisten Leute ab. Die Bäume zu beiden Seiten der Avenue sind nicht mehr als totes Holz im Boden. Alle paar Wochen bricht ein Ast ab, kracht auf den Gehweg und zerstört alles, was ihm in die Quere kommt.
    Die Dunkelheit ist dicht in diesem Teil von Shyness. Die Straße aus Beton, nicht aus Asphalt, ist durchsetzt von zahllosen Rissen und Schlaglöchern. Hier

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