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Die Nacht von Shyness

Die Nacht von Shyness

Titel: Die Nacht von Shyness Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Sichtweite waren, habe ich mich getraut, nach der Karte zu gucken. Ich bin noch nicht dazugekommen, Reisepläne zu schmieden, aber dieses Ding gebe ich für niemanden her.
    Ich schaue unter den Tisch. Nicht mal meine Strumpfhose ist zerrissen.
    »Alles okay, echt.«
    Ich bin von einem Affen und einer Bande Kinder mit aufgemotzten Rädern abgezogen worden, und das einzig Wertvolle, das ich bei mir hatte, haben sie nicht genommen. Der Kleine, der meine Tasche gefilzt hat, war kaum ein Schulkind, und er hatte Panik. Seine Unterlippe hat gezittert, als müsste er jeden Moment heulen. Irgendwie finde ich das jetzt witzig, aber Wolfboy ist immer noch geschockt.
    »Ich hätte sie sehen müssen. Die müssen uns schon eine Weile gefolgt sein.«
    »Die Affen oder die Gören?«
    »Die Affen. Man nennt sie Koboldäffchen. Sie sind Fußsoldaten. Sie suchen Angriffsziele, sammeln Informationen und verfolgen Menschen. Sie gelangen an Stellen, die für andere unerreichbar sind. Der Affe, der dich angegriffen hat, ist bestimmt von einem Hausdach gesprungen.«
    So ein Vieh wie dieses Koboldäffchen habe ich noch nie zuvor gesehen. Es war so winzig, sein Gesicht bestand fast nur aus diesen riesigen Glubschaugen, und es hatte richtige Pranken mit Knubbelfingern. Am liebsten würde ich unter die Dusche springen, um das Gefühl seiner Dreckfinger in meinem Gesicht loszuwerden.
    »Diese großen Augen«, sage ich und weiß nicht, ob ich über die Kinder oder über die Affen spreche.
    »Die Nacht ist günstig für die mit großen Augen.« Die Worte klingen seltsam aus Wolfboys Mund, als würde er ein Sprichwort zitieren. »Denk dran, wenn duein Koboldäffchen siehst, können die Kidds nicht weit sein.«
    »Was für Kids?« Da fügen sich trotz Müdigkeit und Hunger plötzlich ein paar Puzzlestücke zusammen. »Meinst du Kidds wie in ›K-I-D-D-S greifen an‹?«
    Wolfboy nickt. Jetzt ist das Graffiti in der Nähe von Sebastiens Markt nicht mehr ganz so rätselhaft.
    »Du hattest Angst«, stelle ich fest. »Klar, sie waren in der Überzahl, aber keiner von denen war älter als vierzehn oder fünfzehn.«
    »Es tut mir leid. Ich hätte früher eingreifen sollen. Sie hatten kein Recht, dich so zu filzen … Das war echt dreist. Aber ich kenne den Anführer der Bande. Er wird der Gnom genannt. Alle hier wissen, dass mit dem nicht zu spaßen ist.«
    »Ich mach dir keinen Vorwurf«, sage ich und meine es ernst. »Hatten sie es echt nur auf die Geleebohnen abgesehen?« Wenn Baby sich an der Kreditkarte vergriffen hätte, hätte ich ihm ordentlich den Hintern versohlt.
    »Die Kidds sind totale Zucker-Junkies, und die Äffchen haben sie auch angefixt. Die waren alle high, völlig zugedröhnt. Du kannst es an ihren Augen erkennen.«
    Es stimmt, die Kidds haben sich seltsam bewegt, sie hatten so einen weggetretenen Blick und zuckende Hände. In Plexus gibt es viele Junkies, aber die sind nicht so jung.
    »Kann Zucker so was auslösen?«
    »Wenn die Dosis hoch genug ist, schon. Sie würden alles dafür tun. Normalerweise geben sie sich mit solchemKleinkram gar nicht ab, aber vielleicht war heute Nacht nicht viel zu holen. Oder sie hatten Langeweile.« Wolfboy runzelt die Stirn. »Ich hätte es nicht zulassen dürfen, dass sie dich filzen.«
    Ich möchte über den Tisch fassen und meine Hand auf seine legen, aber da kommt Lupe mit Vorhanggeklimper zurück und ich falte die Hände im Schoß. Der Duft von Fleisch und Knoblauch weht herein. Lupes Gesicht glänzt von dem heißen Grill.
    »Woran denkst du?«, fragt sie unvermittelt und stellt mir einen Teller hin.
    »Ich dachte gerade, dass Sie eine Menge Krempel hier rumstehen haben.«
    O Mann, wie unhöflich! Die Frau lädt uns bei sich zum Essen ein und ich bezeichne ihre Sachen als Krempel. Zum Glück lacht sie nur und quetscht sich auf den Platz neben mir. Zu dritt ist es eng, und zierlich sind wir alle nicht. Ich lege die Füße an der Außenseite von Wolfboys Beinen ab und stupse ihn dabei an, aber er scheint es nicht zu bemerken.
    Mit dem Döner ist der Teller voll, eine dicke Rolle Pitabrot gefüllt mit Salat, Fleisch und Soße. Wolfboy nimmt große Bissen, als hätte er seit Jahren nichts bekommen. Ich riskiere einen kurzen Blick auf seinen Teller. Angebrannte Fleischstücke fallen aus seinem Brot. Da ist nichts Rohes oder Blutiges zu erkennen.
    Er bemerkt meine Skepsis. »Es ist durchgebraten. Ich bin kein Tier.«
    »Ich dachte doch gar nicht … Ich weiß, dass du …« Ich finde nicht die

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