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Die Nacht von Sinos

Die Nacht von Sinos

Titel: Die Nacht von Sinos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Minuten. Er war nur ein Meter zwanzig hoch, aber knochentrocken.
    »Ich gehe jetzt voraus, Jack«, flüsterte Ciasim. »Du sagst mir, worauf ich achten muß, dann kannst du dich auf den Plan konzentrieren. Wenn wir hier nur einmal falsch abbiegen, sind wir erledigt.«
    Damit hatte er den Nagel genau auf den Kopf getroffen. Ich sagte ihm, daß wir die dritte Abzweigung rechts nehmen mußten, und er zählte die Mündungen laut mit, damit wir uns ja nicht verliefen.
    Von da ab ging uns jedes Zeitgefühl verloren. Wir krochen durch einen Tunnel nach dem anderen, und Ciasim zählte laut die Einmündungen, während ich sie auf der Karte mitzählte.
    Die Hauptschwierigkeit der letzten Etappe bestand in der starken Steigung des Kanals, der außerdem nur einen Meter Durchmesser hatte. Die Steine waren glatt und schlüpfrig. Das erschwerte das Klettern. Ciasim stemmte sich zwischen die schmalen Wände und schob sich Meter um Meter empor. Dann rief er mir leise zu, daß er frische Luft rieche; ich blendete meine Lampe ab.
    Jetzt faßte ich frischen Mut, wie man so schön sagt. Einen Augenblick später streckte er die Hand aus und zog mich auf einen steinernen Vorsprung auf der einen Seite des Kanals hinauf. Es roch nach nassem Gras. Wir konnten die Stäbe des Gitters berühren.
    »Da haben wir den Regengully«, sagte er. »Du hast einen ausgezeichneten Orientierungssinn, Jack.«
    »Bedank dich bei dem deutschen Ingenieur, der den Plan gezeichnet hat. Geht das Ding auf?«
    »Es ist halb in der Erde vergraben, aber wir versuchen's einmal.«
    Er stemmte sich mit voller Kraft dagegen, aber nichts geschah. Ich hockte neben ihm, tastete durch die Stangen hindurch und fand die Ursache.
    »An dem verdammten Ding hängt ein Vorhängeschloß«, flüsterte ich. »Vermutlich schon seit der Besatzungszeit.«
    In der Werkzeugtasche hatten wir unter anderem auch eine kräftige Schneidezange. Metall klapperte, dann hörte ich Ciasim ächzen, und einen Augenblick später war der Bügel des Vorhängeschlosses durchschnitten.
    Wieder stemmte sich Ciasim gegen den Kanaldeckel. Diesmal ließ er sich hochheben. Die rostigen Angeln ächzten durch die stille Nacht.
    Er stieg hinauf. Ich folgte ihm und kauerte mich dann auf Händen und Knien im nassen Gras unter einem Gebüsch nieder, unmittelbar neben einer alten Steinmauer.
    Wir hatten den Garten hinter der inneren Mauer in der südwestlichen Ecke der Festung erreicht und sahen, entsprechend dem Plan, in einer Entfernung von dreißig oder vierzig Metern zwischen den Bäumen den Nebeneingang zum Gefängnislazarett. Nur brannte über dem Eingang ein helles Licht.
    Es war eine wunderschöne Nacht. Nach dem Gestank unten im Kanal erschien uns die Luft doppelt frisch und sauber, die Blumen ringsum dufteten, und nur Ciasim und ich dufteten nicht. Wir stanken einfach zum Himmel. In dieser frischen, sauberen Umgebung fiel das besonders auf.
    Ciasim hörte plötzlich ein leises Plätschern. Er folgte dem Geräusch und entdeckte einen Fischteich. Wir stiegen nebeneinander ins Wasser und wuschen den Dreck von unseren Taucheranzügen. Danach wurde es ein wenig besser. Aber auch die Zeit verstrich. Es war schon fast halb elf, und wir hatten noch viel zu tun.
    Wir packten die Uniformen aus und zogen sie über die Tauchanzüge. Ciasim hatte einen verblichenen pyjamaartigen, gestreiften Sträflingsanzug mit einer Nummer auf der rechten Brust bekommen. Ich hatte eine Khakiuniform mit einem Schiffchen und einem Ledergürtel. Da offenbar alle Gefängniswärter Maschinenpistolen trugen, sah ich keinen Grund, meine zu verbergen.
    Schließlich verband ich noch Ciasims Kopf und sein linkes Auge, damit er wie ein echter Insasse des Gefängnislazaretts aussah.
    »Gehen wir«, sagte er. »Einfach 'rein und wieder 'raus - die Sache ist ein Kinderspiel.«
    An dem Nebeneingang stand kein Posten. Bisher hatten sich alle Informationen Alekos bestätigt. Wir standen auf der Lieferantentreppe. Ich hatte den Plan so genau studiert, daß ich fast glaubte, an einen vertrauten Ort zu gelangen.
    Wir kamen am Ende des Korridors im ersten Stock durch eine Pendeltür und gingen eine weitere Treppe hinauf. Über uns klappte eine Tür. Schritte kamen die Treppe herunter. Ein junger Mann in weißem Kittel, wahrscheinlich ein Arzt. Er hatte es sehr eilig, schob sich an uns mit einer kurzen Entschuldigung vorbei und rannte weiter.
    Ciasim drehte sich grinsend um. Sein rechtes Auge blitzte im Halbdunkel. »Siehst du, ganz einfach.«
    Ich merkte

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