Die Nachtmahr Wunschträume
eingezogen.
»Du kannst doch nicht einfach davon ausgehen ...« Klaus wütender Satz ging unter, weil irgend etwas gegen die Wand geworfen wurde.
Zum Glück war die Wohnzimmertür zu, was bedeutete, dass Klaus und Meg in dem Raum waren. Gelegenheit für mich, mich leise zurückzuziehen oder in mein Zimmer zu schleichen. Aber ich war von Natur aus neugierig, also blieb ich, wo ich war.
»Ich kann verstehen, dass du arbeiten gehen willst. Ich kann verstehen, dass du dein eigenes Geld verdienen möchtest ... Ich kann sogar verstehen, dass dein acht Stunden Job mal um 9 Uhr anfängt und mal um 12 Uhr ...« Dafür, dass Klaus eben noch gebrüllt hatte, sprach er jetzt sehr sachlich. Trotzdem sehr deutlich. Ein bisschen, als hätte er ein störrisches Kind vor sich. »... aber du kannst nicht davon ausgehen, dass Liz jetzt alles übernimmt.«
»Sie macht es doch gerne!«, behauptete Meg. »Max wohnt in seinem Studentenheim, David ist meistens bei seinen Freunden ... also bleiben du und sie. Und sie mit ihrer Vergangenheit ... ihrem Putzwahn und Elternkomplex ...«
Oh, wow! Und vor nicht allzulanger Zeit hatte ich wirklich gedacht, sie würde mich mögen – oder zumindest damit anfangen.
»Für irgendwas muss es sich ja rentieren, dass wir sie aus »Saint Blocks« geholt haben«, fuhr sie fort.
»Wir?« Klaus’ Stimme war eisig und für einen Moment dachte ich meine Menschenkenntniss hätte mich nun komplett im Stich gelassen.
»Ist nichts, worauf du stolz sein kannst!«, behauptete Meg und ich konnte förmlich hören, wie Klaus mit den Zähnen knirschte.
»Bin ich auch nicht – kein bisschen!«, gab Klaus zu. Und wieder fragte ich mich, welchen Teil des Gespräches ich nicht verstand. Obwohl beide dieselbe Sprache nutzten, wie ich, redeten sie doch so, dass ich nicht verstand.
Klaus schien auf Meg zuzugehen, auf jeden Fall klang er bei den nächsten Worten viel näher, viel drohender. »Hast du wirklich gedacht, ich würde es nie herausfinden? Nie prüfen, was »Saint Blocks« wirklich ist?«
»Es ist ein Internat!« Meg klang nonchalant.
»Es ist ein Internat für Schwererziehbare, für Straftäter!« Klaus brüllte so laut, dass selbst mir die Ohren klingelten.
»Nichtsdestotrotz ein Internat!« Ich konnte Megs Lächeln beinahe durch die Tür fühlen.
»Du ...«, Klaus schwieg einen Moment lang und schien seine Beherrschung wiederzufinden. »Was kann dir eine Zehnjährige getan haben, dass du sie dorthin geschickt hast?«
»Was willst du hören? Es reicht doch, dass sie die Tochter meiner Schwester ist! Von jemandem, der immer nur genommen hat – alles bekommen hat, immer die hübschere, nettere, erfolgreichere war. Aber vielleicht spielte es auch eine Rolle, dass Liz zur Hälfte ein Nachtmahr ist – gefährlich, unberechenbar.« Meg lachte. Ein Lachen, welches ich so von Schneewittchens Stiefmutter erwartet hätte – nicht von Tante Meg, mit der ich eigentlich meinen Frieden gemacht hatte. »Aber ehrlich? Die Wahrheit ist viel einfacher: Ich hatte andere Prioritäten.«
Andere Prioritäten? Ich war sechs Jahre in der Hölle gewesen, wegen Prioritäten?
»Sie war zehn Jahre alt, Herrgott, Meg! Sie war weder gefährlich, noch unberechenbar. Einfach ein Mädchen auf der Suche nach Trost und Liebe.«
»Sie war ein Störfaktor!«
Jemand schlug gegen die Wand. Vermutlich Klaus.
»Es ist vorbei, Vergangenheit, nicht mehr zu ändern.«
»Wieso?« Wieder schlug jemand gegen die Wand. Vermutlich wieder Klaus.
»Wieso hättest du sie nicht einer liebevollen Familie lassen können? Jemanden, der sie tröstet und beschützt?«
»Was ist? Bist du wieder zu alter Heldenform aufgelaufen?« Wieder lachte sie. Dieses Mal herablassend. ,«Hat ja immerhin über ein Jahr gedauert!«
»Du hast es wegen mir gemacht?« Der Unglaube in Klaus’ Stimme war zum Fürchten.
»Natürlich. Ich wollte dich – ich habe dich bekommen.«
Mir stockte der Atem, als ein weiteres Puzzleteilchen seinen Platz fand. Meg hatte mich zu sich genommen, um die Heirat mit Klaus voranzutreiben? Und danach waren die Prioritäten andere geworden. Gab einen Sinn. Einen gemeinen, verqueren Sinn. Aber warum hatte Klaus nicht eingegriffen? Warum tat er jetzt so, als wäre er unschuldig oder hätte keine Ahnung? Das war ... albern! Mindestens!
Meg schien das ähnlich zu sehen, denn sie holte zum verbalen Gegenschlag aus. Ich konnte hören, wie sie sich von der Tür löste und in den Raum und damit auf Klaus zutrat. »Was glaubst du? Wem von
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