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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Schnauzi sie nicht bezahlt, sondern
    »besorgt«. Immerhin war dies die alte Nachtwache.
    Aber zum Donnerwetter auch: Der kleine Kerl hatte noch etwas
    anderes beschafft. Über den drei Streifen des Feldwebels sah er eine
    kleine, goldene Krone. Normalerweise begegnete Mumm Kronen mit
    instinktivem Abscheu, aber diese wusste er zu schätzen.
    Als er nach unten ging und sich den Gürtel umschnal te, traf er Rasen,
    der gerade aus dem Behandlungszimmer kam und sich die Hände an
    einem Tuch abwischte. Der Doktor lächelte geistesabwesend und
    bemerkte dann die Uniform. Sein Lächeln löste sich allmählich auf.
    »Schockiert?«, fragte Mumm.
    »Erstaunt«, sagte der Doktor. »Aber Rosie wird vermutlich nicht
    überrascht sein. Ich habe nichts Illegales getan.«
    »Dann brauchst du auch nichts zu befürchten.«
    »Wirklich nicht? Das beweist, dass du nicht von hier bist«, sagte Rasen.
    »Möchtest du Frühstück? Es sind noch Nieren übrig.« Diesmal
    verblasste Mumms Lächeln. »Lammnieren«, fügte der Doktor hinzu.
    In der kleinen Küche löste er den Deckel von einem großen Steinkrug
    und holte eine Büchse hervor. Dampf entströmte ihr.
    »Eis«, erklärte Rasen. »Ich bekomme es von der anderen Straßenseite.
    Hält die Lebensmittel frisch.«
    Mumm runzelte die Stirn. »Von der anderen Straßenseite? Meinst du
    die Leichenhal e?«
    »Keine Sorge, es ist noch nicht benutzt«, sagte Rasen und stellte eine
    Pfanne auf den Herd. »Herr Garnier bringt jede Woche einige Brocken
    vorbei, als Bezahlung für die Behandlung eines gewissen medizinischen
    Problems.«
    »Aber hauptsächlich arbeitest du für die Damen, äh, käuflicher
    Zuneigung?«, fragte Mumm. Rasen bedachte ihn mit einem scharfen
    Blick, um festzustel en, ob er sich einen Scherz erlaubte. Mumms
    Gesichtsausdruck blieb unverändert.
    »Nicht nur für sie«, sagte er. »Ich habe auch andere Patienten.«
    »Leute, die durch die Hintertür kommen.« Mumm sah sich in dem
    kleinen Zimmer um. »Leute, die sich aus dem einen oder anderen
    Grund nicht an… besser bekannte Ärzte wenden wol en.«
    »Oder nicht genug Geld haben«, sagte Rasen. »Leute, die ohne
    Identität auftauchen. Worauf willst du hinaus… John !«
    »Oh, reine Neugier, weiter nichts«, erwiderte Mumm und verfluchte
    sich, weil er direkt hineingestolpert war. »Ich habe mich gefragt, wo du
    ausgebildet worden bist.«
    »Warum?«
    »Ich schätze, Leute, die durch die Hintertür kommen, wol en
    Resultate sehen.«
    »Ha. Meine Ausbildung fand in Klatsch statt. Dort gibt es einige neue
    Ideen in der Medizin. Zum Beispiel glaubt man dort, dass es dem
    Patienten besser gehen sol te.« Er drehte die Nieren mit einer Gabel.
    »Eigentlich habe ich große Ähnlichkeit mit dir, Feldwebel. Wir tun, was
    getan werden muss, wir arbeiten in, äh, unbeliebten Bereichen, und
    vermutlich ziehen wir beide irgendwo die Grenze. Ich bin kein
    Fleischer. Und Rosie meint, dass du ebenfal s keiner bist. Aber man
    muss sich der Aufgabe stellen, die man vor sich sieht; andernfal s
    sterben Personen.«
    »Das werde ich mir merken«, sagte Mumm.
    »Und wenn man sich’s genau überlegt…«, sagte Rasen. »Es gibt
    Schlimmeres auf der Welt, als Frauen den Puls zu fühlen.« Nach dem
    Frühstück trat Oberfeldwebel John Keel in den ersten Tag vom Rest
    seines Lebens.
    Einige Sekunden blieb er stehen, schloss die Augen und drehte die
    Füße, wie jemand, der versuchte, zwei Zigarettenstummel gleichzeitig
    auszutreten. Langsam breitete sich ein Lächeln auf seinen Lippen aus.
    Schnauzi hatte genau die richtigen Stiefel gefunden. Wil ikins und Sybil
    hatten sich heutzutage verschworen… sie würden sich verschwören, ihn daran zu hindern, gute abgenutzte Stiefel zu tragen. Sie ließen sie nachts
    verschwinden und die Sohlen ersetzen. Es war herrlich, die Straße
    wieder mit trockenen Füßen zu fühlen. Ein Leben lang hatte er sie
    beschritten und fühlte sie tatsächlich. Das Pflaster bestand aus
    unterschiedlichen Steinen: Katzenköpfe, Trollköpfe, Faulenzer, kurze
    und lange Lieger, Rundler, Morpork-Sechser, außerdem
    siebenundachtzig Arten Pflasterziegel, vierzehn Arten Steinplatten und
    zwölf Arten von Steinen, die eigentlich nie für das Pflaster bestimmt
    gewesen waren. Hinzu kamen Schotter, Kies, Ausbesserungen, dreizehn
    Arten von Kel erabdeckungen, zwanzig Arten von Gul ydeckeln…
    Mumm sprang ein wenig, als wol te er die Festigkeit des Untergrunds
    prüfen. »Ulmenstraße«, sagte er und sprang erneut. »Ecke

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