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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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inzwischen wahrscheinlich
    einen halben Dollar wert, allein wegen des Silbers – deshalb drückte
    man ihn einem neuen Polizisten in die Hand und zog ihn dann rasch
    weg, bevor er eingesteckt werden konnte.
    Mumm hatte den Eid schon einmal abgelegt und fragte sich, ob er
    durch das zweite Mal aufgehoben wurde. Aber es gehörte eben dazu,
    und man musste den Shilling zumindest berühren. Er spürte das Gewicht in der Hand und fand schändliche Freude daran, die Finger um die
    Münze zu schließen, bevor der Hauptmann sie wegziehen konnte.
    Einen Moment später öffnete er die Hand.
    Nach einem letzten Salutieren drehte er sich um und klopfte Schnauzi
    auf die Schulter. »Mit der Erlaubnis des Hauptmanns… Ich würde gern
    mit dir reden, draußen.«
    Und Mumm verließ das Büro.
    Schnauzi sah Tilden an, der noch immer wie hypnotisiert dasaß. Der
    Shilling baumelte aus seiner Faust. »Guter Mann«, brachte er schließlich
    hervor. »Sehr gut. Ja. Hat Rückgrat…«
    »Hnah, ich gehe und stelle fest, was er will, Herr«, sagte Schnauzi und
    flitzte nach draußen.
    Er hatte das Ende des Flurs erreicht, als eine Hand aus den Schatten
    kam und ihn näher zog.
    »Es ist nützlich, dich zu kennen, Schnauzi«, flüsterte Mumm. »Da bin
    ich ganz sicher.«
    »Jaherr«, sagte Schnauzi und stand auf den Zehenspitzen.
    »Du hältst die Ohren offen, nicht wahr?«
    »Jaherr!«
    »Bei jeder Truppe gibt es einen, der weiß, was vor sich geht, und der
    praktisch al es besorgen kann. Für einen solchen Mann halte ich dich.«
    »Hnah, jaherr!«
    »Dann hör mal gut zu«, sagte Mumm. »Ein Paar Stiefel Größe
    zweiundvierzig, ein Helm Größe neunundfünfzig, ein guter
    Lederumhang. Die Stiefel sollten guter Qualität, aber gebraucht sein.
    Kapiert?«
    »Gebraucht?«
    »Ja. Die Sohlen fast durchgelaufen.«
    »Sohlen fast durchgelaufen, hnah, alles klar«, sagte Schnauzi.
    »Der Brustharnisch ohne Rost, aber gegen einige Beulen habe ich
    nichts einzuwenden. Ein gutes Schwert, Schnauzi, und glaub mir: Ich
    erkenne ein gutes Schwert, wenn ich es in der Hand halte. Was diese
    Dinge betrifft und auch den Rest: Ich weiß, dass ein Mann wie du das Beste beschaffen und es bis zehn Uhr heute Morgen bei Dr. Rasen in
    der Funkelgasse abliefern kann. Und es springt auch etwas für dich
    heraus, Schnauzi.«
    »Was denn, Chef?«, fragte Schnauzi, der Mumms Griff als
    unangenehm empfand.
    »Meine unvergängliche Freundschaft«, sagte Mumm. »Und die wird
    hier bald sehr kostbar sein, das verspreche ich dir.«
    »In Ordnung, Oberfeldwebel«, erwiderte Schnauzi. »Brauchst du auch
    eine Glocke?«
    »Eine Glocke?«
    »Um zu läuten und, hnah, ›Alles ist gut‹ zu rufen, Chef.«
    Mumm dachte darüber nach. Eine Glocke. Jeder Wächter besaß eine,
    die Vorschriften verlangten es, aber Mumm hatte ihren Gebrauch
    verboten – sie durften nur bei besonderen Zeremonien geläutet werden.
    »Nein, keine Glocke für mich«, sagte er. »Glaubst du, dass alles gut
    ist?«
    Schnauzi schluckte. »Wie man’s nimmt, Chef«, brachte er hervor.
    »Legst dich nicht gern fest, wie? Nun, wir sehen uns heute
    Nachmittag.«
    Am Himmel zeigte sich das erste Glühen der Morgendämmerung, als
    Mumm das Wachhaus verließ, aber die Stadt lag noch im Dunkeln.
    Die Dienstmarke steckte in seiner Tasche, beruhigend schwer. Und in
    seinem Geist erstreckte sich die unendliche Freiheit des Eids. Ein
    Herrscher nach dem anderen hatte übersehen, welche Möglichkeiten er
    bot…
    Er ging so ruhig wie möglich zur Funkelgasse. Unterwegs lauerten
    ihm zwei Wächter auf, aber er zeigte ihnen die Dienstmarke, und was
    noch wichtiger war: Er hatte jetzt wieder die Stimme. Es war Nacht, und er ging durch Ankh-Morpork, und die verdammten Straßen der Stadt
    gehörten ihm, und das kam in seiner Stimme zum Ausdruck. Die beiden Wächter eilten davon. Mumm wusste nicht, ob sie ihm geglaubt hatten,
    aber sie waren zumindest bestrebt gewesen, diesen Eindruck zu
    erwecken. Die Stimme hatte ihnen mitgeteilt: Sie bekamen nicht
    annähernd genug Geld, um es mit der Art von Ärger aufzunehmen, die
    er für sie bereithielt.
    Einmal musste er beiseite treten, um einem sehr dürren Pferd Platz zu
    machen, das einen großen und vertrauten vierrädrigen Wagen über das
    Kopfsteinpflaster zog. Furchterfül te Gesichter hinter den Gittern
    verschwanden in der Dunkelheit. Die Sperrstunde brachte ihre
    nächtliche Ernte ein.
    Dies waren keine guten Zeiten. Al e wussten um den Wahnsinn von
    Lord Winder. Jemand,

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