Die Nachtwächter
aber…«
»Dies ist ein Unaussprechlicher«, sagte Mumm. »Hat versucht, mich
umzubringen. Braucht Medizin.«
»Warum ist er bewusstlos?«, fragte der Doktor. Er trug eine große
Gummischürze und Gummistiefel.
»Er wol te seine Medizin nicht nehmen.«
Rasen seufzte, und mit einer Hand, die einen Mopp hielt, winkte er
Mumm zu einer Tür. »Bring ihn direkt in den Operationssaal«, sagte er.
»Im Wartezimmer mache ich gerade noch Herrn Salpeter sauber.«
»Was hat er angestellt?«
»Er ist geplatzt.«
Mumm, seine natürliche Neugier zügelnd, trug den Bewusstlosen in
das Al erheiligste des Doktors. Es schien genauso beschaffen zu sein
wie beim ersten Mal, als Mumm es gesehen hatte, aber zu dem
Zeitpunkt war er kaum in der Lage gewesen, Einzelheiten zu erkennen.
Es gab einen Tisch, eine Werkbank und an der einen Wand Regale mit
Flaschen. Nicht zwei von ihnen hatten die gleiche Größe. In einigen
schwammen Dinge.
An der anderen Wand befanden sich die Instrumente.
»Wenn ich sterbe«, sagte Rasen und betrachtete den Patienten, »lasse
ich eine Glocke an meinem Grabstein befestigen und genieße es, dass
ich nicht aufstehen muss, wenn die Leute klingeln. Bitte leg ihn auf den
Tisch. Sieht nach einer Gehirnerschütterung aus.«
»Das liegt daran, dass ich ihn geschlagen habe«, sagte Mumm
hilfreich.
»Hast du ihm auch den Arm gebrochen?«
»Ja.«
»Gute Arbeit. Leicht zu richten und mit einem Gipsverband zu
versehen. Stimmt was nicht?«
Mumm blickte noch immer zu den Instrumenten. »Benutzt du das
alles?«, fragte er.
»Ja«, bestätigte Rasen. »Aber einige sind experimentel er Natur.« Er
machte sich an die Arbeit.
»Nun, dies hier würde ich nicht gern an mir verwenden lassen«, sagte
Mumm und griff nach einem Instrument, das aussah wie zwei Paddel,
die man mit einer Schnur zusammengebunden hatte.
Rasen seufzte. »Was du da in der Hand hältst, kann unter gar keinen
Umständen bei dir angewandt werden«, sagte er, während er die Arbeit
fortsetzte. »Es ist… femininer Natur.«
»Für die Näherinnen?«, fragte Mumm und legte die Zange rasch
beiseite.
»Das da? Nein, heutzutage sind die Damen der Nacht stolz darauf,
dass sie so etwas nicht brauchen. In diesem Zusammenhang ist meine
Tätigkeit, sagen wir, präventiver Natur.«
»Du zeigst ihnen, wie man mit dem Fingerhut umgeht?«, fragte
Mumm.
»Ja, es ist erstaunlich, wie weit man die Bedeutung einer Metapher
dehnen kann.«
Mumm sah erneut auf die Paddel hinab. Sie wirkten recht
beunruhigend.
»Bist du verheiratet?«, fragte Rasen. »Hat Rosie Recht?«
»Äh… ja. Aber meine Frau ist, äh, woanders.« Mumm nahm das
Instrument noch einmal in die Hand und ließ es genauso schnel wieder
sinken. Es klapperte.
»Nun, es ist ganz gut zu wissen, dass es bei einer Geburt nicht darum
geht, Erbsen zu enthülsen.«
»Das will ich doch stark hoffen!«
»Allerdings muss ich sagen, dass Hebammen mir nur selten
Einzelheiten verraten. Sie meinen, Männer sol ten sich nicht in Dinge
einmischen, die sie nichts angehen. Genausogut könnten wir noch in
Höhlen hausen.«
Rasen sah auf den Patienten hinab. »Mit den Worten des Philosophen
Skeptum, der mein Gewerbe gründete: Werde ich hierfür bezahlt?«
Mumm untersuchte den Geldbeutel am Gürtel des Mannes.
»Genügen sechs Dollar?«
»Warum sollten die Unaussprechlichen dich angreifen, Oberfeldwebel?
Du bist ein Polizist.«
»Ja, das bin ich, und sie nicht. Weißt du über sie Bescheid?«
»Ich habe einige ihrer Gäste zusammengeflickt, ja«, sagte Rasen, und
Mumm bemerkte seine Vorsicht. In dieser Stadt zahlte es sich nicht aus,
zu viel zu wissen. »Leute mit sonderbaren Verrenkungen,
Verbrennungen von heißem Wachs… solche Dinge…«
»Gestern Abend bin ich mit Hauptmann Schwung aneinander
geraten«, sagte Mumm. »Eigentlich war er ganz freundlich, aber ich
wette, er weiß, dass es dieser Bursche und ein Freund von ihm auf mich
abgesehen hatten. Es ist ganz sein Stil. Vermutlich wollte er
herausfinden, wie ich reagiere.«
»Er ist nicht der Einzige, der Interesse an dir hat«, meinte Rasen.
»Man hat mir mitgeteilt, dass Rosie Palm mit dir reden möchte. Ich
nehme jedenfal s an, dass sie dich meint. Sie sprach vom ›undankbaren
Mistkerl‹«
»Ich glaube, ich schulde ihr Geld«, sagte Mumm. »Aber ich weiß
nicht, wieviel.«
»Da kann ich dir nicht weiterhelfen.« Rasen strich den Gips glatt.
»Normalerweise nennt sie ihren Preis gleich zu
Weitere Kostenlose Bücher