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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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als er durch die Straßen ging und an
    sicheren Stellen die Augen schloss, damit seine Füße besser sahen. Aber
    manchmal sah er sich um, und dann fühlte er die Ruhe vor dem Sturm:
    Überal wuchs die Anspannung und wartete, bereit dazu, sich bei der
    ersten Gelegenheit zu entladen. Die Leute waren unruhig – die Herde
    war unruhig –, und sie wussten nicht genau, warum. Verwirrung stand
    in vielen Gesichtern.
    Mumm setzte seinen Weg fort. Grobe Steinplatten zwischen zwei
    alten Pflasterbereichen mit so genannten Trollköpfen… Das gab es nur
    in diesem Teil der Stadt, wo die Zinnstraße die Ulmenstraße kreuzte,
    und davor… große Steine, einige der ältesten in der ganzen Stadt. Im
    Laufe von Jahrhunderten hatten zahllose mit Eisen beschlagene
    Wagenräder Furchen darin hinterlassen. Eine Straße in unmittelbarer
    Nähe der Stadtmauer… ja. Mumm passierte die Grubengasse, blieb auf
    der Ulmenstraße – und verlor die Spur. Ein Gitter im Pflaster bot ihm
    einen neuen Hinweis. Das Gitter eines Kel ers. Eines kühlen Kel ers. Mit einem abgewetzten Wappen. Buttermarkt. Ja. Nur weiter so, Füße!
    Auch hier hatten ihn die Mönche gedreht… Lange Ziegel, besonders
    fest gebrannt, dann moderne Steinplatten, gut gelegt und angepasst. Sie
    konnten einen täuschen, wenn man nicht wusste, dass man sich in
    der… ja, Steinmetzstraße befand, und hier gab es Steinmetze, und sie hielten das Pflaster in Ordnung. Jetzt eine Gasse suchen, mit Matsch,
    der viel Schotter enthielt, denn die Steinmetze wurden dort ihren Abfal
    los. Und es gab kleine Hubbel, wo Rohre durch den Boden führten.
    Gut. Und jetzt quadratische Kopfsteine…
    Mumm öffnete die Augen.
    Ja.
    Auf der linken Seite sah er einen Block aus drei Gebäuden. Ein
    Tempel, eingezwängt zwischen zwei Ramschläden. Es war… nur ein
    Tempel, der ein wenig ausländisch aussah, aber galt das nicht für alle?
    Etwas an ihm deutete auf das hohe Mittland hin, wo al e von Jaks oder
    so lebten.
    Die Tempeltür war verriegelt. Mumm zerrte an der Klinke und
    hämmerte mit dem Schwert gegen das Holz, ohne irgendeine Wirkung
    zu erzielen. Es blieb nicht einmal ein Kratzer zurück.
    Aber die Tür des Gebrauchtwarenladens nebenan war offen. Der Ort
    wirkte vertraut. Ein solcher Laden war einmal sein Schneider und sein
    Schuhmacher gewesen. Und er hatte immer geöffnet, wie ein
    Pfandleiher. Mumm trat ein, und sofort umgab ihn staubige Dunkelheit.
    Der Laden war eine Höhle aus Stoff. Alte Anzüge hingen von der
    Decke herab. Uralte Regale bogen sich unter Stapeln aus Hemden,
    Westen und Socken. Alte Kisten ragten in der Düsternis auf;
    gelegentlich stieß Mumm mit dem Knie gegen eine von ihnen. Er kam
    an großen Haufen abgetragener Stiefel vorbei und nahm den Geruch
    wahr. Wenn Armut einen Geruch hatte, so diesen. Wenn demütiger
    Stolz einen Geruch hatte, so diesen. Etwas darin deutete auf
    Desinfektionsmittel hin.
    Schon nach wenigen Metern hatte sich Mumm verirrt. Er drehte sich
    um, ging durch die grauen Gänge des erstickenden Stofflabyrinths und
    fragte sich, ob hier drin jemand gestorben war und ob man die Leiche
    überhaupt finden konnte. Er schob einen Kleiderbügel beiseite, an dem
    ein schmieriger, schäbiger Anzug hing…
    »Du wünschen?«
    Er drehte sich um.
    Er sah niemanden, bis sich sein Blick ein wenig senkte und dem eines
    kleinen, kahlköpfigen und dünnen Mannes begegnete, dessen Kleidung
    selbst in solch einem Gebrauchtwarenladen kaum einen Kunden
    gefunden hätte. Wer war dieser Bursche? Wie hieß er? Der Name lag
    Mumm auf der Zunge…
    »Ah, äh, ja… Herr Tzen…«
    »Sang Tzu Tzen«, sagte der kleine Mann. Er deutete auf den Anzug an
    dem Kleiderbügel, den Mumm gerade beiseite geschoben hatte. »Gutes
    Auge, gutes Auge, hervorragender Stoff, hervorragender Stoff, gehörte
    einem Priester, sehr gut, fünfzig Cent für dich, ich ihn nicht gerne
    verkaufen, aber die Zeiten hart sein.«
    Mumm ließ den Anzug los und holte seine Dienstmarke hervor.
    Sonnenschein starrte darauf hinab.
    »Ich bereits anderen Polizisten bezahlen«, sagte er. »Einen Dollar, ein
    Monat, keine Probleme. Ich bereits anderen Polizisten bezahlen.«
    »Bezahlen?«, wiederholte Mumm.
    »Ich bereits bezahlen Polizisten mit zwei Streifen. Einen Dollar, ein
    Monat, keine Probleme!«
    »Korporal Schrulle«, brummte Mumm. »Du brauchst keine Polizisten
    zu bezahlen, Herr Sonnenschein. Es ist unsere Aufgabe, dich zu
    beschützen.«
    Sang Tzu Tzens Sprachkenntnisse ließen zu

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