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Die Nadel.

Titel: Die Nadel. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follettl
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entworfen worden. Es waren überwiegend die kleinen, Klamotten
     genannten Koffergeräte, die Telefunken für Admiral Wilhelm Canaris, den Chef der Abwehr,
     entwickelt hatte.
    An diesem Abend waren die Frequenzen vergleichsweise ruhig, so
     daß jeder Bescheid wußte, als die Nadel sich meldete. Der Funkspruch wurde von einem der
     älteren Funker entgegengenommen. Er morste eine Bestätigung, entschlüsselte die
     Nachricht in aller Eile, riß das Blatt von seinem Notizblock ab und ging zum Telephon.
    Nachdem er dem Hauptquartier in der Sophienterrasse in Hamburg über die direkte Leitung
     Meldung gemacht hatte, kamer zu seiner Kabine zurück, um eine Zigarette
     zu rauchen. Er bot dem Jungen in der benachbarten Kabine ebenfalls eine an. Die beiden
     standen ein paar Minuten lang zusammen, lehnten sich gegen die Wand und rauchten.
    Der Junge fragte: »Was Wichtiges?«
    Der Ältere zuckte die Achseln. »Es ist nie
     unwichtig, wenn er sich meldet. Aber diesmal ist’s nicht viel. Die Luftwaffe hat
     St. Paul’s wieder nicht getroffen.«
    »Keine Antwort für ihn?«
    »Wir
     glauben nicht, daß er auf Antworten wartet. Er macht, was er für richtig hält. Er war
     schon immer so. Ich habe ihm das Funken beigebracht. Als ich damit fertig war, dachte er
     schon, alles besser zu wissen als ich.«
    Der Junge war von Ehrfurcht
     überwältigt. »Du hast die Nadel getroffen?«
    »Oh, ja«, sagte der Ältere und
     schnippte die Asche weg.
    »Was ist das für einer?«
    »Als Saufkumpan taugt
     er nicht viel. Ich glaube, er mag Frauen, heimlich jedenfalls, aber mit den Kumpels ein
     paar Runden zu kippen – da spielt sich nichts ab. Trotzdem ist er der beste Agent, den
     wir haben.«
    »Wirklich?«
    »Mit Sicherheit. Manche sagen, der beste Spion,
     den wir je hatten. Es wird erzählt, er habe fünf Jahre in der Sowjetunion gelebt und sich
     im NKWD hochgedient. Zum Schluß soll er einer der engsten Vertrauten Stalins gewesen sein
     . . . Ich weiß nicht, ob es stimmt, aber er wäre dazu fähig. Ein echter Profi. Der
     Führer weiß das auch.«
    »Hitler kennt ihn?«
    Der Ältere nickte. »Früher
     wollte er immer alle Botschaften der Nadel sehen. Ich weiß nicht, ob das heute auch noch
     so ist. Aber der Nadel wäre das auch egal. Den Mann kann nichts beeindrucken. Weißt du
     was? Er sieht jeden so an, als ob er sich überlegt, wie er ihn umbringen kann, wenn der
     andere eine falsche Bewegung macht.«
    »Ich bin froh, daß ich ihn nicht ausbilden mußte.«
    »Er lernte
     schnell, das muß ich zugeben.«
    »Ein guter Schüler?«
    »Einer der
     besten. Er hat jeden Tag von morgens bis abends geübt, bis er alles beherrschte. Danach
     sagte er nicht mal mehr guten Morgen zu mir. Es fällt ihm sogar schwer, Canaris zu
     grüßen. Seine Funksprüche beendet er immer mit ?Grüße an Willi?. Soviel macht er
     sich aus Dienstgraden.«
    Sie rauchten ihre Zigaretten zu Ende und traten sie auf dem
     Boden aus. Dann hob der Ältere die Kippen auf und steckte sie in die Tasche, da es
     eigentlich nicht erlaubt war, im Bunker zu rauchen. Die Empfangsgeräte waren immer noch
     ruhig.
    »Ja, er weigert sich, seinen Codenamen zu benutzen«, fuhr der Ältere
     fort. »Von Braun hat ihm den verpaßt, und er hielt nie viel davon. Er mag auch von Braun
     nicht. Erinnerst du dich – nein, das war, bevor du hier anfingst –, wie Braun der Nadel
     befahl, zu dem Flugplatz in Farnborough in Kent zu fahren? Die Antwort kam in null Komma
     nichts: ?Es gibt keinen Flugplatz in Farnborough in Kent. Aber in Farnborough in
     Hampshire ist einer. Zum Glück versteht die Luftwaffe mehr von Geographie als du, du
     Arschloch.? Einfach so.«
    »Das ist vielleicht verständlich. Wenn wir Fehler
     machen, setzen wir ihr Leben aufs Spiel.«
    Der Ältere runzelte die Stirn. Er sah es
     als sein Vorrecht an, solche Urteile zu fällen, und mochte es gar nicht, wenn seine
     Zuhörerschaft eigene Meinungen äußerte. »Vielleicht«, sagte er unwirsch.
    Der
     Junge spielte wieder den erstaunten Fragesteller. »Und wieso mag er seinen Codenamen
     nicht?«
    »Er sagt, daß er eine Bedeutung hat und daß ein Codewort mit einer
     Bedeutung jemanden verraten kann. Von Braun hörte nicht darauf.«
    »Eine Bedeutung?
     Die Nadel? Was soll das heißen?«
    Aber in diesem Moment piepste das Gerät des
     Älteren, und er eilte an seinen Platz zurück und blieb die Erklärung schuldig.

ZWEITER TEIL – KAPITEL 7
    er Funkspruch verärgerte
     Faber, weil er ihn dazu zwang,

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