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Die Nadel.

Titel: Die Nadel. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follettl
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schießen.«
    »Ja, sie haben uns
     festgenagelt.« Parkin runzelte die Stirn. »Hast du Knallfrösche dabei?«
    »Ja.«
    »Laß mal sehen.« Parkin öffnete Watkins’ Tornister und nahm eine
     Pionier-Sprengladung heraus. »Hier. Mach mir ’ne Zündschnur für zehn Sekunden.«
    Die anderen waren in dem Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Parkin rief:
     »He!«
    Ein Gesicht erschien an der Tür. »Sarge?«
    »Ich schmeiße ’nen
     Knaller. Gebt mir Deckung, wenn ich schreie.«
    »In Ordnung.«
    Parkin
     zündete sich eine Zigarette an und nahm von Watkins die Sprengladung entgegen. Er brüllte
     »Feuer!«, steckte die Zündschnur mit der Zigarette an, sprang auf die Straße, holte aus
     und warf die Bombe auf den Uhrenturm. Er eilte gebückt ins Haus zurück, während ihm das
     Feuer seiner eigenen Männer in den Ohren widerhallte. Eine Kugel schrammte über das
     Gebälk, und ein Splitter traf ihn unter dem Kinn. Er hörte, wie die Sprengladung
     hochging.
    Bevor er aufblicken konnte, schrie jemand auf der anderen Straßenseite:
     »Volltreffer!«
    Parkin trat hinaus. Der alte Uhrenturm war zusammengebrochen. Ein
     widersinniges Läuten erklang, während sich der Staub über die Trümmer legte.
    »Haben Sie mal Cricket gespielt?« fragte Watkins. »Das war ein verdammt guter
     Wurf.«
    Parkin ging zur Mitte der Piazza. Dort lagen menschliche Einzelteile, die
     auf etwa drei Deutsche schließen ließen. »Der Turm war sowieso etwas
     wacklig. Wahrscheinlich wäre er umgefallen, wenn wir alle zusammen geniest hätten.« Er
     wandte sich ab. »Noch ’n Tag, noch ’n Dollar.« Es war eine Redensart der Yankees.
    »Sarge? Telefon.« Es war der Funker.
    Parkin ging zurück und nahm ihm den Hörer ab. »Sergeant Parkin.«
    »Major Roberts. Sie sind ab sofort vom aktiven Dienst freigestellt, Sergeant.«
    »Warum?« Parkins erster Gedanke war, daß sie sein wahres Alter entdeckt hatten.
    »Hohe Tiere wollen, daß Sie nach London kommen. Fragen Sie mich nicht, warum, denn ich
     weiß es auch nicht. Übergeben Sie Ihrem Korporal das Kommando, und kommen Sie zum
     Standort zurück. Ein Wagen kommt Ihnen auf der Straße entgegen.«
    »Ja, Sir.«
    »Der Befehl besagt auch, daß Sie auf keinen Fall Ihr Leben aufs Spiel setzen
     sollen. Verstanden?«
    Parkin grinste und dachte an den Uhrenturm und das
     Dynamit. »Verstanden.«
    »Na, schön. Also los, Sie Glückspilz.«
    Alle hatten ihn als Jungen bezeichnet, aber sie hatten ihn nur gekannt,
     bevor er Soldat geworden war, dachte Bloggs. Ohne Zweifel war er jetzt ein Mann. Er bewegte
     sich selbstbewußt und ungezwungen, musterte aufmerksam seine Umgebung und war im Beisein von
     Vorgesetzten respektvoll, aber nicht befangen. Bloggs wußte, daß er log, was sein Alter
     betraf, nicht wegen seines Aussehens oder seines Verhaltens, sondern wegen der kleinen
     Anzeichen, die immer dann zutage traten, wenn vom Alter gesprochen wurde – Anzeichen, die
     Bloggs als erfahrener Vernehmer gewohnheitsmäßig wahrnahm.
    Parkin war amüsiert
     gewesen, als er erfahren hatte, daß er sich Bilder ansehen sollte. Nun, am dritten Tag in
     Mr. Midwinters staubigem Gewölbe in Kensington, war die Belustigung verflogen, und Langeweile
     hatte eingesetzt. Am meisten ärgerte ihn, daß er nicht rauchen durfte.
    Es war noch
     langweiliger für Bloggs, der dabeizusitzen und ihn zu beobachten hatte.
    Einmal
     bemerkte Parkin: »Sie würden mich nicht extra ausItalien hierherholen, um
     bei einem vier Jahre alten Mordfall zu helfen, der auch bis nach dem Krieg Zeit
     hätte. Außerdem sind auf diesen Bildern hauptsächlich deutsche Offiziere. Sagen Sie mir’s
     lieber, wenn es etwas ist, worüber ich den Schnabel halten soll.«
    »Es ist etwas,
     worüber Sie den Schnabel halten sollen«, sagte Bloggs.
    Parkin wandte sich wieder
     seinen Bildern zu.
    Alle waren alt, meistens vergilbt und verblichen. Viele stammten aus
     Büchern, Zeitschriften und Zeitungen. Manchmal nahm Parkin ein Vergrößerungsglas, das
     Mr. Midwinter aufmerksamerweise bereitgelegt hatte, um sich ein winziges Gesicht in einer
     Gruppe genauer anzusehen. Immer, wenn das geschah, wurde Bloggs’ Puls schneller, bis Parkin
     das Glas zur Seite legte und sich das nächste Bild vornahm.
    Ihren Lunch aßen sie in
     einem Pub in der Nähe. Das Ale war dünn wie fast alle Biersorten während des Krieges, aber
     Bloggs hielt es dennoch für klug, dem jungen Parkin nicht mehr als zwei Halbe zu gestatten
     – allein hätte

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