Die naechste Frau
Jackie wollte unbedingt mit ihr aufstehen, würde heute jedoch noch nicht zur Arbeit gehen. Wahrscheinlich dröhnte ihr Kopf immer noch.
„Ich weiß noch, dass ich am Straßengraben saß. Es war kalt, und ich hab immer gedacht, ich steh dann gleich auf, wenn es zu heftig wird, ich brauche nur eine kurze Pause. Dann war jemand da und hat mich mitgenommen. Und irgendwann war ich in einem warmen, kuscheligen Bett. Das war schön. Es fühlte sich plötzlich so stimmig an, so geborgen.“ Jackie warf Alex einen unsicheren Blick zu. „Ich wusste nicht, bei wem ich war, als ich am Morgen wach wurde. Ich sah nur, dass mich jemand sehr liebevoll verarztet hatte. Dann bin ich wieder ins Bett gegangen. Ich habe den Zettel zwar gelesen, aber nicht richtig verstanden, hab nur kapiert, dass alles okay ist und ich entschuldigt bin. Dann hab ich geschlafen bis nach Mittag.“ Sie nahm einen Schluck aus ihrer Tasse. „Als ich dann richtig wach war, habe ich den Zettel noch mal gelesen und es dämmerte mir, bei wem ich gelandet war. Um sicher zu gehen, hab ich auf das Namensschild an der Haustüre geschaut.“ Ihr Gesicht spiegelte deutlich ihr empfundenes Entsetzen. „Das war mir natürlich mehr als peinlich. Eigentlich wollte ich so schnell wie möglich alles wieder sauber machen und verschwinden. Aber ich habe es nicht geschafft. Ich habe es nicht über mich gebracht, dieses wunderschöne Haus zu verlassen. Alles ist so urgemütlich hier, so liebevoll eingerichtet. Das also ist dein Stil, alles erzählt von dir, es riecht so gut nach dir. Ich fühlte mich hier so geborgen, ich wollte es einfach noch auskosten. Zumindest noch ein bisschen länger. Dann muss ich auf dem Sofa eingeschlafen sein. Ich habe immer und immer wieder deine Nachricht gelesen – und bin dageblieben. Ich hatte gehofft, dass ich das durfte. Erst als ich dein Gesicht gesehen habe, wusste ich, dass es falsch war.“
„War es nicht. Ich war nur so überrascht“, stellte Alex klar.
„Oh Gott. Und ich dachte nur: Alles was ich bei dieser Frau anstelle, ist so grundverkehrt. Ich habe noch nie so oft das Gefühl gehabt, immer total daneben zu liegen, wie bei dir.“
„Du hast alles richtig gemacht.“ Alex küsste sie im Vorbeigehen, als sie ihre Tasse weg räumte. „Nur diese blöde Anmache, die hättest du dir schenken können. Machst du das immer so, wenn dir eine gefällt?“
Jackie überlegte nicht lange. „Nein, natürlich nicht. Ich lad eine Frau zum Essen ein, oder auf einen Drink.“
„Und warum mich nicht?“, wollte Alex wissen.
„Du wolltest mit Mitarbeiterinnen ja nichts anfangen. Außerdem bist du die Einrichtungsleitung, wie sollte ich dir da ein Date vorschlagen können?“
Alex begriff nicht.
„Was hab’ ich dir mehr anzubieten, als eine Affäre?“
So hatte es Alex noch nie gesehen. Sie küsste Jackie zum Abschied, für sie wurde es höchste Zeit. „Kannst du dein Motorrad heute abholen?“
„Ja, heute Vormittag.“
„Sehe ich dich heute noch? Bist du da, wenn ich wieder komme?“
Der Blick, den Jackie ihr zuwarf, war süß.
„Bitte“, drängte Alex, auch wenn sie wusste, dass es nicht nötig war. Der Ausdruck in Jackies Augen zeigte ihr deutlich, dass sie froh über Alex’ Frage war.
Alex’ Arme umschlossen sie von hinten. Jackie versuchte, sie ebenfalls zu umarmen, ihr Oberkörper streckte sich nach hinten durch. Ihre Hände erreichten ihre Haare, zerwühlten sie zärtlich.
„Hey!“
Alex küsste das Tattoo an Jackies Hals. „Bis später.“ Dann verließ sie das Haus durch die Seitentür in die Garage.
Auf der Fahrt zur Arbeit passierten ihre Gedanken noch einmal ihre Unterhaltung.
Was hatte Jackie gesagt? Sie konnte ihr nicht mehr als eine Affäre anbieten?
Dieser Satz verfolgte sie. Nur, weil Jackie auf ihrer Personalliste stand, meinte sie, Alex nichts bieten zu können? Jackie war ihr bisher viel selbstbewusster erschienen.
War das eine Täuschung?
Sie betrat mit einem neuen Gefühl in ihr Büro. Es sah genauso aus wie gestern, ihr Büro empfing sie mit dem gewohnten freundlichen Ambiente. Zusätzlich erschien ihr alles irgendwie geerdet, harmonischer als sonst. Die einzige Sache, die sie bisher gestört hatte war mit dem heutigen Tag Vergangenheit, war endgültig behoben, war im Prinzip nicht mehr gewesen als ein Missverständnis. Es fühlte sich um so viel leichter an.
Heute würde sie ein paar Angelegenheiten in Ordnung bringen. Das Gespräch mit ihrer Kollegin aus dem Nachbarheim würde
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