Die Nächte der Aphrodite
wurden.
»Béatrice, meine Liebe, das ist Elaine Callière, wie du weißt, hat sie mir anvertraut, Eure Nachfolge antreten zu wollen.« Er blieb vor dem Sofa stehen. »Elaine, ich darf Euch Béatrice Teauville vorstellen, die Zeremonienmeisterin meiner aphrodisischen Nächte.«
Elaine knickste, ohne nachzudenken, und die Frau betrachtete sie aus dunklen Augen. Dann rückte sie ein Stück zur Seite und klopfte auf den freien Platz neben sich. »Setzt Euch zu mir, Elaine, ich freue mich darauf, mich ein wenig mit Euch zu unterhalten.«
»Danke, Ma ... dame Teauville«, erwiderte Elaine.
»Ich lasse euch alleine, damit ihr euch ungezwungen unterhalten könnt. Wenn Ihr eine endgültige Entscheidung gefällt habt, Elaine, findet Ihr mich in meinem Arbeitszimmer.«
Sobald er den Salon verlassen hatte, herrschte Schweigen. Elaine spielte mit der Stickerei auf ihrem Rock und hielt den Kopf gesenkt. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Das Klirren der Kaffeetasse auf der Untertasse, als die Frau sie auf das Tischchen stellte, brachte Elaine schließlich dazu, aufzublicken.
Béatrice legte ihre Hände ineinander und räusperte sich. »Henri hat mir aufgetragen, mit Euch die Grundlagen dessen, was ich tue, zu besprechen. Damit Ihr selbst entscheiden könnt, ob Ihr meine Position einnehmen möchtet.« Sie machte eine kurze Pause, ehe sie fortfuhr. »Ihr wart gestern Abend zugegen, deshalb möchte ich damit beginnen - habt Ihr Fragen?«
Die hatte sie in der Tat. »Die Frau, die gestern das Dessert war, ist sie ... kommt sie aus einem Bordell? Gibt es bestimmte Kontakte, um eine solche Inszenierung durchführen zu können?«
Béatrice lachte, und Elaine fühlte sich plötzlich furchtbar dumm. Ihre Wangen röteten sich, und sie senkte den Kopf. Doch Béatrice griff nach ihrer Hand und drückte sie. »Nein, wir engagieren keine Frauen. Und auch keine Männer. Es sind alles Gäste, die hier im Haus weilen.«
Diese Mitteilung überraschte Elaine. »Aber wie ...«
Béatrice zog ein in dunkles Leder gebundenes Büchlein aus den Tiefen ihres Rocks. »Das hier ist eines der Geheimnisse meines Erfolges. Seit ich hier bin und die aphrodisischen Nächte inszeniere, führe ich Aufzeichnungen über die Gäste auf Belletoile. Über ihre Vorlieben, ihre Wünsche, ihre Träume. Wenn es darum geht, ein bestimmtes Tableau Wirklichkeit werden zu lassen, ziehe ich mein Buch zurate und suche mir die geeigneten Personen aus.«
»Und die Gäste geben so freizügig Auskunft?«, erkundigte sich Elaine verwundert.
»Ja, aber sie wissen natürlich nicht, dass ich mir alles aufschreibe. Sie glauben, dass ich ein phänomenales Gedächtnis besitze.« Ihre Augen funkelten vor Vergnügen.
»Das heißt also, Ihr beabsichtigtet, eine Frau mit Vanillecreme zu bedecken, und schlugt in Eurem Büchlein nach, wer einen solchen Wunsch hatte.«
Béatrice wiegte den Kopf. »Madame de Garispard bevorzugt es, von mehreren Männer gleichzeitig genommen zu werden. Das ist die Notiz in meinem Buch. Also ging ich zu ihr und fragte sie, ob es ihr gefallen würde, wie ein Dessert präsentiert zu werden, ehe die Männer sie nehmen würden. Sie war begeistert von der Idee.« Béatrice sah Elaine an. »Das Buch verzeichnet nur allgemeine Neigungen, sie in die Spiele einzubauen, obliegt der Zeremonienmeisterin.«
»Ihr plant also ein Tableau, seht in dem Buch nach, wer dafür in Frage kommt und sprecht Euch mit den Betreffenden ab«, fasste Elaine zusammen.
»Stammgäste kommen gelegentlich nach ihrer Ankunft zu mir, und teilen mir mit, was sie gerne erleben möchten. Und mit wem sie es erleben möchten«, fügte Béatrice mit einem teuflischen Lächeln hinzu. »Und in meiner Macht steht es, Ihnen diesen Wunsch zu gewähren oder nicht.«
Macht - das Wort brachte Elaine wieder ihren ursprünglichen Beweggrund ins Gedächtnis samt einer anderen Frage. »Was darf die Zeremonienmeisterin - und was darf sie nicht?«
»Sie darf alles. Sie arrangiert Gruppen, sie führt Pärchen zusammen. Sie schreitet ein, wenn sie das Gefühl hat, dass die Sache nicht allen Beteiligten Spaß macht - das ist die oberste Regel. Alles geschieht freiwillig mit dem Ziel, die größtmögliche Lust zu erleben. Dafür sind die aphrodisischen Nächte bekannt. Sinnlichkeit, Leidenschaft, Lust in einem stilvollen Rahmen. Alle, die sich daran beteiligen, haben kein Interesse an Klatsch. Außerhalb von Belletoile erwähnt man die stattgefundenen Begegnungen nicht, trifft man sich bei anderen
Weitere Kostenlose Bücher