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Die Nächte der Aphrodite

Die Nächte der Aphrodite

Titel: Die Nächte der Aphrodite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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aus Béatrices Aufzeichnungen entschieden. Drei der Gäste waren eingeweiht und stellten damit die Hauptakteure. Bei Henri hatte sie sich für die Tafel entschuldigen lassen, denn ihre flatternden Nerven verhinderten, dass sie auch nur einen Bissen hinunterbrachte.
    Langsam begann sie, ihr Kleid auszuziehen. Sie hatte Sandrine weggeschickt, diesen Schritt wollte sie ganz alleine machen, deshalb dauerte es eine geraume Weile, bis sie sich in die Zeremonienmeisterin der Aphrodite verwandelt hatte.
    Mit bangem Herzen trat sie vor den Spiegel. Béatrices Worte fielen ihr ein, dass sie sich zu viele Gedanken machte. Aber sie konnte es nicht ändern.
    Die Frau im Spiegel war ihr fremd. Der Anzug konturierte ihren Körper, als wäre sie nackt, ließ aber nur ihr Gesicht unbedeckt. Ausgerechnet ihr Gesicht. Sie versuchte sich mit Béatrices Augen zu sehen, aber statt nur das blasse Narbengespinst wahrzunehmen, erblickte sie dicke rote Wülste, die ihr Gesicht in eine monströse Fratze verwandelten. Tränen stiegen ihr in die Augen. Dann warf sie mit einer trotzigen Geste das Haar zurück.
    Nein, dieses Bild gehörte in ihre Vergangenheit. Sie würde nicht zulassen, dass es ihre Gegenwart zerstörte. Die Narben waren verheilt, nicht verschwunden, aber verheilt. Sie musste sich nicht länger verstecken. Heute würde sie alle Blicke auf sich ziehen. Heute war sie die Zeremonienmeisterin der Aphrodite, die den Gästen Lust bringen würde. Eine Auserwählte, in deren Macht es lag, den anderen eine unvergessliche Nacht zu bescheren. Man würde sie achten und respektieren. Vielleicht auch begehren und beneiden.
    Sie griff nach der Bürste und fing an, ihr Haar zu bearbeiten, bis es wie ein silberner Vorhang auf ihre Schultern fiel. Im Gegensatz zu Béatrice wollte sie es offen tragen, denn alle anderen Frauen steckten ihr Haar hoch und puderten es zumeist auch noch. Aber sie war nicht wie alle anderen Frauen. Sie war etwas Besonderes. Sie war die Zeremonienmeisterin der Lust.
    Ihr Blut rauschte durch die Adern, und sie fühlte sich unbesiegbar. Der silberne Stab lehnte an der Wand. Sie nahm ihn, und als sich ihre Finger darum schlossen, fuhr ein neuerlicher Energiestoß durch sie hindurch. Euphorie ergriff von ihr Besitz und erstickte alle Zweifel.
    Das Stakkato ihrer Absätze hallte durch die Gänge und beflügelte sie weiter. Sie war bereit, ihre Aufgabe zu übernehmen. Vor dem Ballsaal angekommen, wies sie die Diener mit einem Kopfnicken an, die Flügeltüren zu öffnen.
    Der Stab stieß auf das Parkett, und die Unterhaltung der Anwesenden verebbte. Nur die leise Musik erklang weiter. Alle sahen ihr entgegen, und Elaine hob unmerklich den Kopf. Ihre Blicke glitten über die Gäste und entdeckten schließlich die Comtesse de Luisanne, mit der das Spiel beginnen sollte.
    Elaine hob den Stab und zeigte auf die Comtesse. Sie trat vor, und Elaine ging auf sie zu. »Sie sucht sich einen Mann, der Ihr zu Diensten ist«, befahl sie mit fester Stimme.
    Die Comtesse, eine schlanke Frau, deren Brüste aus dem Dekollete ihres Kleides quollen, richtete ihren zusammengeklappten Fächer auf den Marquis de Farinet, der sich ihr sogleich näherte. Ehe er sie berühren konnte, hielt Elaine ihn mit dem Stab auf.
    »Sie sucht sich einen zweiten dazu.«
    Die Comtesse tat wie ihr geheißen und stand sodann zwischen Farinet und dem Baron Lalande.
    »Messieurs, ihr entledigt euch eurer Kleider bis auf Strümpfe und Schuhe. Wer als Erster damit fertig ist, dem gehört ein Tanz mit Madame.«
    Sie zog sich zurück und beobachte mit den restlichen Gästen, wie sich die beiden Männer im wahrsten Sinne des Wortes die Kleider vom Körper rissen. Farinet, der Sieger, eilte auf die Comtesse zu und wollte sie in die Arme schließen, aber der Stab stoppte ihn.
    »Ein Tanz, Monsieur, nichts weiter.« Elaine drehte sich zu der Ecke, in der die Musiker saßen, die die ganze Zeit hindurch eine leise Melodie gespielt hatten. »Ein Menuett«, rief sie und wandte sich wieder an den Mann, der die Comtesse begehrlich ansah. »So lange, wie das Menuett dauert, darf er Madame entkleiden. Allerdings ist es verboten, dabei stehen zu bleiben. Dann übernimmt Sein Gegner und Er sieht zu.«
    Die Aufgabe war knifflig, und obwohl die Comtesse sich willig an ihn schmiegte, sobald sie die Schritte zusammenführten, gelang es Farinet immer nur, ein paar Bänder und Haken zu lösen. Der Baron Lalande hatte sich mittlerweile ebenfalls seiner gesamten Kleidung entledigt und umfasste

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