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Die Nächte der Aphrodite

Die Nächte der Aphrodite

Titel: Die Nächte der Aphrodite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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Lieber ließ er sie gehen. Sie war ihm also nicht wichtig genug. Diese Einsicht schmerzte, aber es war gut, dass sie rechtzeitig erfahren hatte, wie die Dinge lagen, und Prioritäten setzen konnte.
    Das Fest war ihre oberste Priorität. Gaultier hatte ein exquisites Menü zugesagt, und sie wollte ein Feuerwerk im Park veranstalten, das um Mitternacht gezündet werden sollte. Unter den Gärtnern war ein Mann, der sich damit auskannte, wie sie herausfand. Was ihre Aufgabe als Zeremonienmeisterin betraf, so dachte sie daran, eine Art Scharade aufführen zu lassen. In den Aufzeichnungen von Béatrice hatte sie auch den Namen einer gerade anwesenden Frau gefunden, die es liebte, sich vor Zuschauern langsam zu entkleiden, auf eine Art, die allen Anwesenden die Luft knapp werden ließ.
    Sie traf die Vorbereitungen, sprach mit den Gästen, die eine aktive Rolle in ihrer Inszenierung spielen sollten und begann nebenbei, ihre Sachen in große Truhen zu verpacken. Troy sah sie zwar gelegentlich, aber nur von weitem, weil sie ein direktes Zusammentreffen mit ihm vermied.
    Am Tag des Festes bauten die Arbeiter eine lange Tafel im Park vor dem Neptunbrunnen auf. Der Neptunbrunnen stellte eine Gruppe römischer Götter über einem muschelförmigen Wasserbecken dar, in dem Goldfische und Seerosen schwammen. Abends sollten hunderte Kerzen in kleinen Holzschiffchen im Bassin treiben. Das Feuerwerk wurde hinter dem Neptunbrunnen vorbereitet.
    Elaine führte eine letzte Inspektion durch, ehe sie sich auf ihr Zimmer zurückzog, um sich umzukleiden. Wie immer hatte ihr Sandrine einen kleinen Imbiss gebracht, da sie an der Tafel nicht teilnahm. Sie war bereits fertig angezogen und bürstete ihr Haar, als es an der Tür klopfte. Ungehalten rief sie: »Herein.«
    Es war allgemein bekannt, dass sie bei ihren Vorbereitungen für die Nacht der Aphrodite nicht gestört werden wollte. Wer besaß wohl die Dreistigkeit, dieses Gebot zu missachten?
    Die Tür öffnete sich, und Troy betrat den Raum. Elaine stemmte die Hände in die Hüften. »Was willst du? Meine Zeit ist knapp, ich muss mich bereitmachen.«
    »Ich halte dich nicht lange auf. Keine Sorge, Elaine«, erwiderte Troy, ohne sich von ihrer Gereiztheit beeindrucken zu lassen. »Ich will mich verabschieden, da ich dazu morgen vielleicht keine Gelegenheit mehr habe.«
    Elaine verschränkte die Arme vor der Brust und hob die Brauen. »Ich bin ganz Ohr.«
    Er schloss die Tür und blieb vor ihr stehen. »Ich habe dich bereits um Verzeihung gebeten, für alles, was ich dir angetan habe, Elaine. Ich tue es hiermit noch einmal, obwohl ich verstehe, wenn du mir nicht vergeben kannst.«
    Sie neigte den Kopf, und er fuhr fort: »Die Zeit hier hat mir vieles vor Augen geführt, was ich vorher nicht gesehen habe. Oder nicht sehen wollte. Ich habe mich immer für Dinge begeistert, die ich nicht haben konnte, die außerhalb meiner Reichweite lagen. Im Grunde wollte ich nur Theologie studieren, weil ich genau wusste, dass es unmöglich war. Ich hatte einen Traum, den ich mit Selbstmitleid nähren konnte.« Er machte eine Pause und sah Elaine mit einem derart intensiven Blick an, dass ihr Herzschlag ins Stolpern geriet. »Ebenso war es mit Marie. Ich habe sie zum Objekt meiner Liebe gemacht, weil sie für mich unerreichbar war. Ich konnte in Melancholie und Schwermut baden, ich brauchte mir keine Gedanken darüber zu machen, dass sie mich nicht liebte. Nie lag es an mir, an meinen Fehlern, an meinem Verhalten, an meiner Persönlichkeit, wenn sie mich nicht liebte, denn sie war ja ohnehin tabu für mich. Ich durfte mir alles vorstellen, was ich wollte. Alles in sie hineinstopfen, meine Wünsche, meine Träume, und ihr Eigenschaften andichten, die sie vermutlich gar nicht besaß, denn ich musste mich nie der Wahrheit stellen. Ein geschlossener Kreislauf sozusagen. Ich liebte ein Phantom, dem ich die Gestalt von Marie verlieh.«
    Elaine wippte ungeduldig mit dem Fuß. »Und weiter?«
    Er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Einen Menschen zu lieben mit all seinen Stärken und Schwächen, das habe ich erst durch dich gelernt, Elaine. Dich kann ich nicht einfach nach meinen Wünschen ändern und zurechtbiegen oder beiseite schieben, wenn mir danach ist. Dennoch liebe ich dich. Aber ich habe versagt, dich von meiner Liebe zu überzeugen, und ich habe die Liebe, die du für mich empfunden hast, zerbrochen. Ich bin an mir selbst gescheitert und kann mich nicht hinter widrigen Umständen und Ausreden verstecken.

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