Die Nächte des Wolfs 02 - Zwischen Mond und Verderben
» Ekaterina Rusakova. Das Weibchen! «
» Nett, dass Sie mich nicht Hündin nennen « , bemerkte Cat schnippisch.
Henry blaffte seinen Forschern, die noch immer glotzend herumstanden, ein paar Anweisungen zu. Die Vollblut-Rusakovas mussten sich zur Probenentnahme setzen, wobei das weibliche Personal sich regelrecht darum riss, bei Max zum Zug zu kommen.
Der genoss die Show.
Ich stellte mich neben Pietr und raunte: » Gott sei Dank hast du deine Kette um. «
Er runzelte die Stirn und trieb mit sichtlicher Anstrengung das Rot aus seinen Augen. » Ich will hier meine Mutter sehen und nicht Mädchen aufreißen. «
» Brauchst nicht gleich auszurasten « , murmelte ich.
Bei Max waren alle Proben genommen und er zog sich unter den Oohs und Aahs der Umstehenden das Hemd über den Kopf.
» Max! «
» Was denn? « Er blickte so belämmert drein, wie es einem Werwolf möglich war. » Sie wollten den Säbel sehen. «
Eigentlich musste ich froh sein, dass er den Wunsch nicht als zweideutige Anspielung verstanden und die Hosen heruntergelassen hatte.
Alexi stand neben mir. » Es ist wie im Zoo. Immer. Willst du den Job als Wärterin haben? «
Ich schnaubte und sah zu, wie die Frauen das säbelförmige Muttermal auf Max’ linker Schulter bewunderten. Alle Vollblutwerwölfe besaßen eines. » Nein. Das ist bestimmt nicht der passende Job für mich. Außerdem habe ich jetzt nicht einmal mehr die Aufmerksamkeit des Betamännchens. «
» Schon komisch, dass wir das so selbstverständlich annehmen « , meinte er. » Max ist größer und wilder, also muss er alpha sein, da? « Er schlug die Arme ineinander. » Auf Intelligenz, Schläue und Umsicht geben wir nicht viel. «
» Hmm. «
Max zog das Hemd wieder herunter. Dabei hatte er reichlich Hilfe. Aber wo war seine Kette?
Henry ergriff wieder das Wort. » Der Bauplan des Werwolfs – nichts für ungut « , Henry nickte in Richtung der Rusakovas, » ist aufgrund der während der Pubertät eintretenden Veränderungen ein völlig anderer. Nehmen wir beispielsweise Maximilians Blut « , er nahm einen Objektträger und legte ihn unters Objektiv eines großen Mikroskops, » dann sehen wir, dass die roten und weißen Blutkörperchen hier eine völlig andere Form aufweisen als … « Er winkte uns heran und bedeutete mir, die Hand auszustrecken.
Ich gehorchte, sah, wie er eine frische Nadel nahm und mich in den Finger pikte. Den herausquellenden Blutstropfen strich er an einem Objektträger ab, sodass er auf dem Glas verlief.
» … im Blut gewöhnlicher Menschen. « Er setzte ein Deckgläschen auf, schob Max’ Probe zur Seite und legte mein Präparat unter die Linse. Er drehte an einigen Knöpfen und winkte mich heran. » Hier. «
Er hatte recht. Die flach gedrückten Zellen kamen mir irgendwie weicher und runder vor als beim Werwolfpräparat. » Schau « , meinte ich und zog Cat heran, damit sie es sich auch ansehen konnte.
» Normales Menschenblut hat eine andere Beschaffenheit « , erklärte Henry mit einem Blick auf mich. » Sozusagen. Wir haben zwischen den beiden verwandten Gruppen noch eine Menge weiterer Unterschiede festgestellt. Werwölfe haben beispielsweise eine deutlich größere Milz, die als Reservoir für rote Blutkörperchen dient. Wird die Verwandlung angestoßen, dann schüttet die Milz diese Zellen in den Blutstrom aus und bringt die Dinge damit zusätzlich in Schwung. Wenn sie wieder menschliche Gestalt angenommen haben, steigt die Zahl an Blutplättchen sprunghaft an. Wir nehmen an, dass so die Blutgerinnung verbessert wird. Die Wissenschaftler, die Ihre DNA modifiziert haben, sind offenbar davon ausgegangen, dass Sie sich verwandeln, dann verletzt werden und etwaige Blutungen deshalb rasch gestillt werden müssen. «
» Woher sie das wohl wissen « , flüsterte ich Pietr zu, der mit Max und Alexi ans Mikroskop getreten war, während sich die anderen Forscher etwas widerwillig wieder an ihre Arbeit machten.
» Sie sind wirklich außergewöhnlich « , erklärte Henry und rieb sich dabei die Hände. » Haben Sie alle die Proben gesehen? «
Alles nickte. Die Rusakovas wurden schon wieder unruhig.
» Kann ich’s noch mal sehen? « , fragte ich.
» Aber sicher « , antwortete Henry. » Was zuerst? «
» Hmm … «
Er stieß die beiden Präparate ungeschickt aneinander, das Blut verlief und die Proben mischten sich teilweise.
» Iiih « , quietschte ich. » Hey, Max. Jetzt kleben wir beide ganz übel aneinander. «
» Mach dir keine Hoffnungen
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