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Die Namen der Toten

Die Namen der Toten

Titel: Die Namen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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um einen nichts ahnenden Piloten zu blenden, der McCarran anflog. Mark fuhr auf den Glasbau zu und genoss die mathematische Perfektion der dreieckigen Flanken. Geometrische Formeln zu Pyramiden und Dreiecken gingen ihm durch den Kopf, dann kam ihm zärtlich ein Name über die Lippen.
    Pythagoras.
     
    Bevor Mark sich an der ruhigen Bar im Steakhaus des Casinos niederließ, sah er sich die gesamte Anlage einmal an, als wäre er ein möglicher Käufer. Es war nicht das Constellation , aber es hatte allerhand zu bieten. Er mochte die schwungvollen Hieroglyphen auf den roten, goldenen und lapislazuliblauen Teppichböden, die hoch aufragenden, den Tempelstatuen von Luxor nachempfundenen Figuren in der Lobby und das Modell der Grabanlage des Tut-ench-Amun, das in einem Museum hätte stehen können. Ja, es war kitschig, aber liebe Güte, das hier war eben Vegas, nicht der Louvre.
    Mark trank sein zweites Heineken und dachte über seinen nächsten Schritt nach. Er hatte festgestellt, dass sich die Säle mit dem hohen Limit hinter den Milchglas-Raumteilern im rückwärtigen Teil des Casinos befanden. Er hatte Geld in der Tasche, und selbst wenn er die Zahlen, die ihm durch den Kopf gingen, nicht beachtete, konnte er zur Ablenkung ein paar Stunden an den Tischen verbringen. Morgen war Freitag, ein Arbeitstag, und um halb sechs würde sein Wecker klingeln. Aber heute Abend fand er es trotzdem höchst reizvoll, in einem anderen Casino zu sein; es war fast wie bei der ersten Verabredung mit einer neuen Freundin, und entsprechend schüchtern und aufgeregt war er auch.
    Die Bar füllte sich allmählich, Scharen von Essensgästen warteten auf ihre Tische, Pärchen und vereinzelte Gruppen unterhielten sich angeregt miteinander, hin und wieder ertönte dröhnendes Gelächter. Er hatte sich den freien mittleren Hocker in einer Dreierreihe ausgesucht, und als der Alkohol allmählich Wirkung zeigte, fragte er sich, warum sich niemand auf die Hocker links und rechts von ihm setzte. War er radioaktiv verseucht, hatte er eine ansteckende Krankheit? Wussten die Leute etwa, dass er ein gescheiterter Schriftsteller war? Hatten sie gehört, dass er betrogen hatte? Selbst der Barkeeper behandelte ihn kühl und bemühte sich kaum um ein anständiges Trinkgeld. Marks Laune verschlechterte sich wieder. Er trank den letzten Schluck Bier und klopfte auf den Tresen, um sich ein weiteres zu bestellen. Während ihm der Alkohol zu Kopf stieg, hatte er einen paranoiden Gedanken: Was war, wenn sie auch sein eigentliches Geheimnis kannten? Nein, sie waren ahnungslos, stellte er verächtlich fest. Ihr habt keinen Schimmer, dachte er wütend, nicht den blassesten Schimmer. Ich weiß Dinge, von denen ihr in eurem ganzen unbedeutenden kleinen Leben nichts erfahren werdet.
    Rechts von ihm kreischte eine großbusige Frau um die vierzig, die sich auf die Bar stützte, wie eine Teenagerin auf, als ihr ein fetter Typ einen Eiswürfel an den Nacken drückte. Mark fuhr herum, um sich das Schauspiel anzusehen, und als er sich wieder umdrehte, saß ein Mann auf dem Hocker zu seiner Linken.
    »Wenn das jemand mit mir machen würde, würde ich ihm eine knallen«, sagte der Mann.
    Mark schaute ihn erschrocken an. »Tut mir leid, haben Sie mit mir gesprochen?«, fragte er.
    »Ich habe bloß gesagt, wenn ein Fremder so was mit mir machen würde, wäre es aus und vorbei, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Der Fette und die Frau mit dem kalten Nacken betatschten sich inzwischen und amüsierten sich prächtig.
    »Ich glaube, die beiden kennen sich«, sagte Mark.
    »Kann schon sein. Ich sage ja bloß, was ich gemacht hätte.«
    Der Mann war schlank, sehr muskulös, glatt rasiert, hatte schwarzes Haar, weiche, volle Lippen und einen leicht fettigen, haselnussbraunen Teint. Er war Puerto Ricaner und sprach mit starkem Akzent. Zu einer legeren schwarzen Hose trug er ein weites Tropenhemd, das bis zum Brustbein aufgeknöpft war. Er hatte lange, gepflegte Finger, einen wuchtigen Goldring an jeder Hand, und glänzende Goldkettchen hingen um seinen Hals. Er war allenfalls fünfunddreißig. Er streckte die Hand aus, und Mark schlug aus Höflichkeit ein. Der Ring musste so schwer sein wie die ganze Pranke. »Luis Camacho«, sagte der Mann. »Nett, Sie kennenzulernen.«
    »Peter Benedict«, erwiderte Mark. »Sehr erfreut.«
    Luis deutete in den Raum. »Hier komme ich am liebsten her, wenn ich in der Stadt bin. Ich liebe das Luxor , Mann.«
    Mark trank einen Schluck Bier. Für zwangloses

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