Die Nanokriege - Zusammenbruch - Ringo, J: Nanokriege - Zusammenbruch - There Will Be Dragons
es gefragt, ob es ein Avatar von Edmund Talbot sei, und das hat es bejaht.«
»Aber mir musste es die Wahrheit sagen«, meinte sie. »Ich habe Sheida gefragt, wann die das in Ordnung bringen würden, aber sie erklärt mir immer wieder, dass es dafür im Rat keine Mehrheit gibt.«
»Ja, Ma’am«, erwiderte der Dschinn. »Beide werden informiert werden.«
»Okay.« Daneh seufzte. »Schon gut, heute kann ich ohnehin nicht mehr denken. Nach Hause, Dschinn.«
Edmund Talbot blickte von der Einlage auf, die er gerade mit größter Sorgfalt anbrachte, als seine Butler-Projektion ein Geräusch von sich gab, das wie ein Räuspern klang.
»Master Edmund, an der Tür ist ein Avatar, der Euch sprechen möchte.«
Die Projektion trug Hofkleidung des dreizehnten Jahrhunderts, wie man sie am Hof der Frankenkönige getragen hatte, einen Wappenrock aus Wolle und Seide mit einem rotsilbernen Blason, Silber auf Rot. Mit ihrer völlig menschlichen Erscheinung und dem glatt rasierten Kopf wirkte die Projektion inmitten der antiken Werkzeuge und Waffen, die den Raum füllten, überhaupt nicht deplatziert. Sie sah aus wie ein typischer mittelalterlicher Lakai, nicht etwa wie eine in Seide, Wolle und Leinen gekleidete Wolke von Nanniten.
In der Tat war in der voll gestopften Werkstätte keine Spur von fortgeschrittener Technik zu erkennen. Die Schleifscheibe war fußbetrieben, die Schmiedeesse am Ende speiste ein handbetriebener Balgen, und die Fässer, in denen Schwertrohlinge und Stangenstahl verwahrt
waren, bestanden aus lokaler Eiche. Alles Material sah handbearbeitet aus. Die Sonne war am Untergehen und erzeugte in der Werkstatt ein Halbdunkel aus Schatten und goldenem Licht, aber die einzige künstliche Lichtquelle war eine Talglampe in einem Glaskolben.
Edmund selbst trug eine enge Hose in Schottenkaro und ein zerdrücktes Wams, das, wenn man davon absah, dass es aus Baumseide gemacht und ungewöhnlich fein gewebt war, in jede mittelalterliche Epoche vom Untergang Roms bis hin zur Renaissance gepasst hätte. Mit seinen schwieligen Händen, den muskelbepackten Armen, dem ergrauenden Bart und Haupthaar und seiner vierschrötigen Gestalt hätte man ihn leicht für einen mittelalterlichen Meisterschmied halten können. Oder vielleicht auch für einen Lord, der sein Steckenpferd betrieb.
Und auf das lief es hinaus.
Das einzig nicht Mittelalterliche an ihm war eine dünn geränderte Brille, die er jetzt auf der Nase hinunterschob, um den Butler anzusehen.
»Wer ist es?«, fragte er.
»Mistress Daneh, Mylord«, erwiderte die Projektion. »Soll ich sie hereinbitten?«
»Unbedingt«, erwiderte Talbot, nahm die Brille ab und richtete sich auf.
Bis die Projektion und der Avatar zurückkehrten, verstrich nur ein Augenblick. Der Avatar hätte auch einfach nur erscheinen können, aber dann wäre nicht der Eindruck entstanden, dass man ihn ins Zimmer bat. Da das ganze Teleportprogramm vom Netz gelenkt wurde, das theoretisch jeden überallhin schicken konnte, gab es Protokolle, die den unbefugten Zutritt verhinderten. Personen, denen man den Zutritt zu einem Haus nicht ausdrücklich erlaubt hatte, mussten sich zu einem Punkt außerhalb des Hauses transferieren; körperlose Wesen
wie Projektionen, Avatare und in Nannitenwolken transferierte Personen durften ein Haus nicht einfach ohne vorherige Erlaubnis betreten. Die technischen Möglichkeiten hätten es durchaus ermöglicht, dass sich Daneh Ghorbanis Avatar direkt an seinen Zielort transferieren konnte. Aber Edmunds Freunde und Verwandte, denen entsprechende Erlaubnis erteilt worden war, kannten seine Eigenheiten wohl und baten stets um Genehmigung.
»Edmund«, sagte der Avatar.
Talbot wartete einen Augenblick lang und genoss den Anblick seiner ehemaligen Geliebten. Avatare simulierten grundsätzlich das augenblickliche Aussehen ihres Wirts. Das war nicht immer der Fall, aber Daneh hätte ihr Bild nicht angepasst, wenn sie ihren echten Namen gebraucht hätte. So sah es so aus, als ob sie sich körperlich kaum verändert hätte. Ihr Haar war eine Spur röter und zeigte ein paar blonde Strähnchen, wahrscheinlich von der Sonne. Dem entsprechend war ihre Haut leicht gebräunt. Aber davon abgesehen entsprach sie genau dem Bild, an das er sich von ihrem Zusammensein erinnerte. Sie sah … gut … aus.
Wohingegen er spürte, wie er Tag für Tag älter wurde.
»Mistress Daneh«, erwiderte er mit einer leichten Verbeugung. »Welchem Umstand verdanke ich die Ehre?«
»Jemand spammt
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