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Die Narbe

Die Narbe

Titel: Die Narbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schmitter
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Wohnzimmertisch. Er sah einen Bücherstapel, einen Brotkorb, Butter, eine Aufschnittplatte und einen Teller. Aber keine Medikamente.
    Katja Reuther versuchte, sich die Handschuhe abzustreifen, was ein quietschendes Geräusch verursachte. Schließlich legte sie sie auf einen der Sessel, auf dem sich Verpackungen von Computerhardware stapelten.
    »Sie müssen meinen Aufzug entschuldigen. Zur Beerdigung meines Mannes kommt seine Familie aus Hamburg. Arnos Bruder ist auch in der Computerbranche und kann vielleicht vieles von dem gebrauchen, was in Arnos Zimmer steht. Ich will ihm die Sachen geben, damit sie nicht diesem Herrn Steinhaus in die Hände fallen. Nennen Sie es weibliche Intuition oder was auch immer – ich habe ihn immer für jemanden gehalten, der nur auf den Moment wartet, sich alles unter den Nagel reißen zu können. Arno war so leichtgläubig, er war im Grunde seines Wesens Kind geblieben. Und jetzt stehe ich hier in diesem Aufzug und putze den Computer. Das verstehen Sie vielleicht nicht, aber ich muss einfach etwas tun. Es macht mich krank, dieses Nachdenken. Ich halte es einfach nicht aus. Ich wache um vier Uhr auf, den ganzen Tag putze ich und organisiere und räume aus und hoffe, dass ich vor Müdigkeit wenigstens um ein Uhr in der Nacht einschlafen kann. Ich weiß, dass es verrückt ist, von einem Zimmer zum anderen zu rennen, auszupacken und einzupacken, aber ich spüre, dass ich zusammenbreche, wenn ich mich nur auf einen Stuhl setze und daran denke, wie mein Leben nun weitergehen soll.«
    »Das ist mehr als verständlich. Sie befinden sich in einer Ausnahmesituation«, sagte Gerald und fragte sich, warum sie ein so negatives, geradezu bedrohliches Bild von Steinhaus hatte. Warum hielt sie ihn für so skrupellos und geldgierig?
    »Mein Schwager will mir unbedingt den angemessenen Wert ersetzen«, fuhr sie schnell fort, »ich suche überall nach Rechnungen, Belegen, Quittungen. Glücklicherweise war Arno sehr gewissenhaft in seiner Buchführung. Sein Bruder ist ein angenehmer Mensch, er denkt wahrscheinlich, dass ich vor dem finanziellen Ruin stehe. Ich weiß nicht, was alles auf mich zukommen wird. Es war Arnos Firma, dennoch habe ich manche Papiere auch unterschreiben müssen, damit ich abgesichert bin, hieß es. Herr Steinhaus hat mir die Verträge vorgelegt und dabei immer wieder erwähnt, was er selbst an privatem Vermögen einsetzt und was er alles riskiert. »
    Batzko pfiff leise durch die Zähne. »Bedeutet das, dass Sie nicht genau gewusst haben, was Sie da unterschreiben?« »Ja. Nein. Ich meine, Arno hat mir gesagt, dass alles seine Richtigkeit hat. Es war doch sein großer Traum, diese Firma. Ich bin komplett durcheinander. Wir hatten Gütertrennung vereinbart, aber was heißt das jetzt? Wem gehören die Patente? Bekomme ich überhaupt etwas ab, wenn die Firma Erfolg hat? Das Potenzial für diese Verschlüsselungssoftware muss immens sein, weltweit. Daran hat Arno fest geglaubt, weil immer mehr Leute ihre Bankgeschäfte und Einkäufe über das Internet abwickeln. Aber ich, ich stehe jetzt hier ohne ihn und weiß nicht, wie ich dieses Haus alleine finanzieren soll. Wir haben Hypotheken und Kredite laufen. Ich bin doch nur Übersetzerin.«
    »Bitte beruhigen Sie sich«, beschwichtigte Gerald. Sie standen noch immer mitten im Wohnzimmer.
    »Können wir uns einen Moment setzen?«, fragte er, um ihren Redeschwall zu stoppen. Er fürchtete, sie würde ewig so weitersprechen, wenn sie noch länger im Raum stehen blieben.
    Katja Reuther deutete den Kommissaren, Platz zu nehmen, ging selbst in die Küche und kam mit einem Glas Wasser in der Hand zurück.
    »Möchten Sie vielleicht …«
    Die beiden Kommissare verneinten.
    »Ich habe Sie noch nicht einmal gefragt, ob Sie in den Ermittlungen weitergekommen sind. Warum eigentlich nicht? Warum war das nicht meine erste Frage?«
    »Weil man diese Frage nicht stellt, wenn man Angst vor der Antwort hat«, sagte Gerald.
    »Ja, Sie haben Recht. Vielleicht hat man dann besondere Angst, wenn man fürchtet, den Täter zu kennen, mit ihm geredet, ihm die Hand gegeben zu haben.«
    »Wir ermitteln weiterhin in alle Richtungen«, ergriff Batzko das Wort. »Es kann ein Überfall mit Todesfolge gewesen sein, es kann sich um eine willkürliche Tat handeln, vielleicht um einen Drogensüchtigen, der dringend etwas Bargeld für den nächsten Schuss brauchte und die Situation ausnutzte, dass Ihr Mann alleine im Büro war. Die Indizien weisen allerdings eher auf eine

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