Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Narbe

Die Narbe

Titel: Die Narbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schmitter
Vom Netzwerk:
Monaten. Es handelt sich um zwanzigtausend Euro, die aber umgehend zur Tilgung von Verbindlichkeiten wieder abgebucht wurden.«
    »Da war die Lage offensichtlich noch nicht so dramatisch, dass die Kohle in einem Briefumschlag den Besitzer wechseln musste«, sagte Batzko wie zu sich selbst. »Und von einem gewissen Arno Reuther? Das dürfte nicht länger her sein als maximal vierzehn Tage, und der Betrag müsste noch größer sein.«
    »Nein. Das wüsste ich«, antwortete der Mann und klappte den Schnellhefter zu. »Ich habe mir vor diesem Gespräch noch einen Überblick über die aktuelle Situation verschafft. Da ist seit Wochen nichts in dieser Größenordnung auf das Konto von Dr. Chateaux eingegangen. Sehr zu unserem Bedauern.«
    Batzko wechselte einen Blick mit seinem Kollegen und stand auf. »Oder auch nicht zu Ihrem Bedauern. Wie auch immer: Sie haben unseren Ermittlungen sehr gedient. Außerordentlich sogar. Vielen Dank.«
    Der Angestellte biss sich auf die Lippen und verbeugte sich steif. Die Hände hielt er hinter dem Rücken.
    Die Regenwolken entluden sich. Schon beim Verlassen der Bank hatten Gerald ein paar Tropfen erwischt, nun hämmerte der Regen auf das Autodach. Radfahrer und Fußgänger suchten Schutz unter Hausvorsprüngen und in Toreinfahrten.
    »Meine Beobachtung war also richtig. Die Arbeiten am Swimmingpool ruhen, weil er pleite ist«, sagte Gerald.
    Batzko brummte. »Ich hatte vermutet, die Arbeiter wären vor Schreck davongelaufen, als sie ihren Auftraggeber mit Zöpfen und Vollbart gesehen haben.«
    »Das wirst du ihm wohl nie verzeihen können.«
    »Das nicht und vieles andere auch nicht.«
    In wenigen Minuten hatten sie die Ebersberger Straße erreicht. Sie stellten den Wagen ab, schoben sich die Jacken über die Köpfe und hetzten zur Haustür. Die Wassertropfen schimmerten an Batzkos dunklen Haaren seiner Unterarme. Das neue Tattoo am rechten Oberarm, ein dunkler, circa fünf Zentimeter breiter Ring, erinnerte Gerald an die alten Karl-May-Filme, in denen die besonders kräftigen Indianer schmale Lederbänder um ihren Bizeps trugen.
    Dr. Chateaux öffnete selbst die Tür. Eine dunkelgelbe Serviette hing von seinem Kragen hinunter, ansonsten war er angezogen wie immer: ein sprühender Stilmix zwischen Abendgarderobe und Freizeitkleidung, zwischen Oper und Volkslied, zwischen Mann und Frau.
    »Verzeihen Sie, wenn wir Sie beim Essen stören«, sagte Gerald.
    Dirk Chateaux antwortete nicht. Er zog nur die Augenbrauen zusammen und nahm die Serviette vom Hals.
    »Wir essen heute besonders früh, weil ich noch wegmuss. Ich habe also nicht viel Zeit. Ist es dringend, meine Herren?«
    Aus dem Wohnbereich waren Kinderstimmen zu hören, klassische Musik und das Klappern von Geschirr. Der Arzt stand breitbeinig vor der Tür zum Privatbereich des Hauses, als wolle er ihn vor Eindringlingen schützen. Dann zeigte er auf die Tür zu seinen Praxisräumen. Gerald und Batzko gingen voraus und setzten sich, Dr. Chateaux blieb vor seinem Schreibtisch stehen und verschränkte die Arme. Wie er so dastand, wirkte er noch dünner als normalerweise, in seiner Konstitution Arno Reuther vergleichbar. Nur die Schulter- und Oberarmmuskulatur waren ausgeprägter. »Wir kommen von der Deutschen Bank«, sagte Batzko übergangslos.
    »Ja, ja. Geld. Münzen, bunte Scheine. Murmeln, erinnern an die Kindheit, als wir sie in kleinen Säckchen sammelten und in Kuhlen auf dem Boden rollen ließen. Der Sieger bekam auch die der unterlegenen Spielkameraden. Manche kommen ihr Leben nicht davon los, sie sammeln und sammeln und sammeln und verstehen doch nie, dass sie damit nicht bekommen, was sie eigentlich suchen«, sagte Chateaux und ließ sein schnelles Lächeln aufblitzen.
    »Und manche haben davon so wenig, dass sie schlimme Verbrechen begehen«, bemerkte Batzko.
    »Eben. Das ist die Kehrseite unserer Unreife, die so groß ist, dass Sie beide sich um Ihre Arbeitsplätze niemals Gedanken werden machen müssen. Man sollte genießen, wenn man Geld hat – was auch gelernt sein will, aber nicht darunter leiden, nur wenig zu haben.«
    »Vielleicht habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt, Herr Dr. Chateaux. Wir kommen nicht zu einem philosophischen Schwätzchen zu Ihnen. Wir hatten ein Gespräch mit Ihrem Sachbearbeiter in der Deutschen Bank am Promenadeplatz. Ostwall.«
    »Hm. Dürfen Sie das, so ohne weiteres? Ohne meine Einwilligung? Da werde ich mal meinen Anwalt konsultieren. Und, worum ging es in der Bank? Die

Weitere Kostenlose Bücher