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Die Narben der Hoelle

Die Narben der Hoelle

Titel: Die Narben der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. Dieter Neumann
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gerade heftig auf einen schlanken, etwa siebzigjährigen Mann mit vollem, grauem Haar ein, der dabei keine Miene verzog. Als Johannes dazu trat, warf ihm der Eisgraue einen interessierten Blick zu, drehte sich um und rief im Befehlston ein paar türkische Worte ins Steuerhaus.
    Ein Besatzungsmitglied in Uniform flitzte heraus, rannte kopfschüttelnd an Johannes vorbei und verschwand durch eine Luke im Inneren des Bootes. Kurz darauf erschien er mit einer langen Teleskopstange wieder an Deck, an deren Ende wie ein Kescher ein großes Nylonnetz hing.
    Das Schnellboot fuhr einen Halbkreis gegen den Wind.
    Klassisches ,Mann-Über-Bord-Manöver’. Johannes lächelte versonnen und warf einen schnellen Blick zu Mehmet, der feixend neben dem Eisgrauen stand.
    Nach einer Minute tauchte der kleine graue Kopf an Backbord auf, und die Katze wurde mit dem Kescher aufgefischt. Der Gesichtsausdruck des stolzen Küstenwächters bei dieser Aktion war sehenswert.
    Johannes räumte rasch seine Reisetasche bis auf ein dickes Handtuch aus, hielt sie oben auf, und der Uniformierte schüttelte das scheinbar reglose Tier aus dem Netz direkt in die Tasche. Johannes legte seine Hand auf den nassen Körper und fühlte, dass sich das Fell leicht im Rhythmus der Atemzüge hob und senkte. Bis auf ein Luftloch zog er den Reißverschluss zu und atmete tief durch.
    Das ging auf einmal viel besser.
    Und erst jetzt fiel ihm auf, was für ein Betrieb mittlerweile in der Mandelbucht herrschte: Ein weiteres Schnellboot lag direkt vor der Insel, und mehrere bewaffnete uniformierte Männer liefen zwischen den Bäumen und den Ziegen herum. Mehrmals kreiste ein Polizeihubschrauber über der Bucht und flog dann nach Süden ab.
    Gemeinsam mit dem alten Herrn näherte sich der Kapitän, gefolgt von Mehmet. »Mein Name ist Taner Yilmaz«, stellte der Eisgraue sich in bestem Englisch vor und gab Johannes die Hand. »Der Kapitän hier hat ein paar Fragen an Sie, Herr Clasen.«
    »Es tut mir so leid, was mit Ihrem Schiff passiert ist, Herr Yilmaz … «, sagte Johannes betreten.
    Yilmaz verzog keine Miene und antwortete nicht. Auch an dem nun folgenden Gespräch mit dem Kommandanten beteiligte er sich nicht, sondern rauchte und hörte zu, ohne eine Regung erkennen zu lassen.
    Der Offizier wollte Einzelheiten zu den Aktionen der Gangster erfahren, um den Einsatz mit der Polizei koordinieren zu können. Mehmet übernahm dabei die Rolle des Übersetzers. Vor allem interessierte den Kapitän, wann die Attacken stattgefunden hatten, und in welche Richtung der Motorsegler verschwunden war. Auch stellte er noch einige Fragen zu dessen britischem Eigner.
    Johannes sagte alles, was er wusste, wobei ihm wieder auffiel, wie verdammt wenig das war. Der Kapitän ging mit Yilmaz zurück in sein Steuerhaus und setzte ein paar Funksprüche ab.
    »Was ist denn eigentlich passiert, während ich noch auf der Yacht war?«, fragte Johannes Mehmet.
    »Auf der Insel waren zwei Leute mit Gewehren. Die haben sich vorhin der Küstenwache ergeben«, fasste Mehmet zusammen. »Auf der anderen Seite der Insel hat ihr Boot gewartet. Da war auch noch einer drauf. Aber der hat sich heftig gewehrt … «
    »Heißt?«
    »Heißt, dass er nun tot ist.«
    »Hm. Dieses Boot, war das der Motorsegler, von dem ich berichtet habe?«
    »Nein, ein kleines Motorboot. Aber den Motorsegler suchen sie gerade. Dafür haben sie den Helikopter angefordert.«
    »Ziemlich aufwändig, das Ganze. Ich bin beeindruckt!«
    Mehmet nickte heftig. »Ich auch.«
    »Ich sehe mal nach der Katze.«
    »Tu das«, grinste Mehmet.
    »Schade drum«, presste Taner Yilmaz zwischen den Zähnen hervor und starrte auf die Mastspitze der Akgül, die in der Ferne schräg aus dem Wasser ragte. Als wolle er sich über ihn lustig machen, flatterte der Vereinsstander des Segelclubs von Ayvahk unter der Saling fröhlich in der leichten Brise.
    Der Rest der Yacht lag etwa sieben Meter tiefer auf dem feinen weißen Sandgrund der Bucht.
    Verstohlen warf Johannes einen Blick auf den neben ihm stehenden Eigner des Segelschiffs, dessen sichtbare Reste achteraus verschwanden, während das Schnellboot mit hoher Fahrt auf das offene Meer zuhielt. Zum ersten Mal ließ Yilmaz erkennen, dass ihm der Verlust seines Schiffes nicht gleichgültig war.
    »Es tut mir sehr leid … «, versuchte es Johannes wieder.
    Yilmaz sah ihn an. »Es ist nicht nötig, dass Sie sich entschuldigen. Sie trifft ja keine Schuld. Mir scheint, wir müssen sogar froh sein, dass Sie

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