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Die Narben der Hoelle

Die Narben der Hoelle

Titel: Die Narben der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. Dieter Neumann
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vermuten. Und wir bestärken sie in dem Irrtum. Das lenkt sie von Jalani-Kalay und der Fabrik ab. Mit Allahs Hilfe werden wir sie in den Bergen so lange binden, bis unsere Arbeit für dieses Jahr getan ist.« Er hielt inne und sah seine Vertrauten an.
    »Allah sei gepriesen für die Weisheit unseres Fürsten!«, rief der alte Mullah begeistert aus.
    »So sei es also«, gab Kalakani zurück. »Nun, ich bin müde. Es ist spät geworden. Ich danke euch für euren Besuch.«
    Respektvoll erhoben sich alle von ihren Sitzkissen.
    »Mit der Hilfe Allahs, des Barmherzigen, werden wir auch diese Prüfung bestehen. Geht nach Hause und habt eine ruhige Nacht«, sagte der Warlord, drehte er sich um und verließ, begleitet von seinen beiden Söhnen, den Raum durch die rückwärtige Tür, die zu seinen Privatgemächern führte.

7
September
Türkei
    Es war schon fast dunkel, als Johannes mit seinem Beiboot wieder am Heck der Akgül anlegte. Er stieg auf die schmale Badeplattform und zog das Dingi so weit herauf, dass das Einschussloch im Trockenen lag. Um das Loch würde er sich nachher kümmern müssen. Hoffentlich gab ’s Flickzeug an Bord – danach hatte er im Hafen natürlich nicht geschaut …
    Die schwere Box mit dem Sand wuchtete er über die Badeleiter hinauf in den Steuerstand und blickte sich um. Auf den ersten Blick fand er keine Spuren der ungebetenen Gäste außer einem an der Reling angeknoteten Stück Leine, das durchschnitten war.
    Richtig, das Zodiac hatte Schwierigkeiten gehabt, von der Yacht wegzukommen, erinnerte er sich. Wahrscheinlich hing es an dieser Leine, die dann einer der Eindringlinge mit einem Messer kurzerhand gekappt hatte.
    Er setzte sich aufs Süll und ließ seinen Blick im Kreis über das Wasser gleiten. Die Dunkelheit verschluckte allmählich alle Konturen. Kaum noch konnte er das Ufer des Festlandes ausmachen, nur der schmale helle Streifen des Sandstrandes schimmerte schwach herüber. Dahinter, weit in der Ferne, flammten ein paar schwache Lichter im Dorf auf. Friedlich und still lag die Bucht im schwindenden Tageslicht – vom stetigen Zirpen der Zikaden abgesehen.
    Es war immer noch warm, aber der Nachtwind wehte mit einer frischen Seebrise bereits eine Vorahnung vom nahenden Herbst an die Ägäisküste.
    Johannes begann zu frösteln. Erst jetzt merkte er, wie sehr der Wind seine feuchte Kleidung ausgekühlt hatte. Das T-Shirt klebte kalt und nass an seinem Rücken.
    Nicht weit entfernt lag der Motorsegler, auf dem der bärtige Engländer vor wenigen Augenblicken Licht gemacht hatte. Nun leuchtete es warm und einladend hinter den Vorhängen der großen Fenster im Deckshaus.
    Nur schnell das Loch flicken und dann ab nach drüben zu dem Bärtigen und seiner Whiskyflasche! Aber erst musste er noch überprüfen, was die schießwütigen Besucher auf der Akgül angerichtet hatten – und wie es seinem kleinen Blinden Passagier ging.
    Schnell durchquerte er das Cockpit und stieg mit gemischten Gefühlen die Treppe hinunter in den Salon. In der Dunkelheit tastete er sich zum Instrumentenbrett über dem Kartentisch und schaltete die Innenbeleuchtung und das Deckslicht an.
    Auch hier gab es keine Spuren, die auf einen Einbruch hindeuteten. Keine Schubladen herausgezogen, alle Klappen von Staufächern oder Schränken verschlossen. Und auch keine Beschädigungen an den Navigationsgeräten – Kartenplotter, GPS und Funkgerät schienen unbeschädigt.
    Sonderbar. Er ging nach vorn, betrat die Vorschiffskajüte und sah sich um. Die große Tragetasche stand auf seiner Koje.
    Genau da, wo er sie hingestellt hatte. Sofort fand er das Handy und seine Papiere in einem Innenfach. Auch das kleine Netbook steckte unversehrt in seiner Schutzhülle.
    Erstaunlich! Nachdenklich zog er sein klammes T-Shirt aus, rubbelte sich mit einem großen Frotteehandtuch kräftig ab, zog ein frisches Hemd an und darüber den bereits etwas fadenscheinigen Segelpulli. Einstmals von kräftigem Marineblau, war dessen heutige Farbe ein müdes, verwaschenes Grau. Johannes liebte dieses bequeme Stück, das ihn schon viele Jahre lang auf manchem Segeltörn gewärmt hatte. Er musste plötzlich daran denken, wie Corinnas erster und einziger Versuch, ,den alten Lumpen’ klammheimlich zu entsorgen, seinen verbissenen Protest ausgelöst hatte.
    Corinna. Jetzt also dachte er wieder einmal an sie. Immerhin hatten sie über zwei Jahre zusammengelebt. Zwei Jahre seines früheren Lebens, das ihm jetzt schon so weit entfernt schien, versunken in

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