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Die Narben der Hoelle

Die Narben der Hoelle

Titel: Die Narben der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. Dieter Neumann
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Gipfeln der Berge. Er durfte sowieso erst mit Einbruch der Nacht ankommen.
    Seine Geschäfte vertrugen nicht allzu viel Licht.
    Das Ziel lag abgeschieden am Rande der weiten Ebene vor den nordwestlichen Ausläufern des Hindukusch-Gebirges. Um die hundertfünfzig Bewohner gab es hier, fast ausschließlich Kleinbauern. Nur diese ausgefahrene Schotterstrasse führte zu den flachen Lehmhäusern des kleinen Ortes und endete dort. Unzählige Schlaglöcher und gelbbrauner Sandstaub bei Trockenheit, tiefe Schlammfurchen nach Regengüssen.
    Kaum je kamen Fremde hierher. Wozu auch?
    Ein paar Mal im Monat sah man Bauern aus dem Dorf mit ihren Eselskarren über den staubigen Weg fahren. Sie mussten den langen Weg zum Markt im nächsten größeren Ort machen, der fast zwanzig Kilometer entfernt lag. Dort boten sie ihr Gemüse feil und versorgten sich selbst mit dem Nötigsten für ihr kärgliches Leben.
    Im Dorf selbst gab es eine Wasserstelle, aber weder Kanalisation noch elektrischen Strom. Der nächste größere Ort hatte schon teilweise Elektrizität erhalten, vor allem die Gebäude der Verwaltung und die Häuser der Beamten.
    Sicher, das Geld für die Elektrifizierung der gesamten Region war von den Vereinten Nationen schon vor Jahren an die Regierung in Kabul geflossen. Aber jeder Mensch im Lande wusste doch, dass dieses Geld durch sehr viele Hände ging. Bei seinem Lauf durch die Institutionen, bei seiner Weitergabe von einer Hand in die nächste, schmolz es zusammen.
    Am Ende, ganz unten, war es einfach nicht mehr da.
    Und so war auch hier alles so geblieben, wie es immer gewesen war. Ein wenig Wärme in den kalten Nächten durch qualmenden Eselsmist, Schafs- und Ziegendung in rostigen Öfen, ein bisschen Licht durch rußende Talglichter und Ölfunzeln. Kleine Anbauten hinter den Häusern für die Notdurft, ein Eimer mit Wasser für die kotverschmierten Finger der linken Hand.
    Niemand im Dorf kannte es anders.
    Fäkalien und Küchenabfälle kippte man in schmale Gräben zwischen den Lehmhäusern. Alles versickerte in einer Grube am Ortsrand und vertrocknete dort. Der Pfuhl stank infernalisch in der brütenden Tageshitze.
    Dieses Dorf war Jamals bestgehütetes Geheimnis. Ein abgeschiedener Flecken, der niemanden interessierte, den niemand kannte. Vergessen inmitten einer wilden Landschaft, umgeben vom majestätischen Panorama schneebedeckter Berggipfel, über denen die Greifvögel kreisten.
    Für Jamals Zwecke geradezu ideal.
    Die meisten Bewohner ahnten nicht, dass sich hinter der Maskerade des fahrenden Teehändlers der Truppenführer ihres Fürsten verbarg. Der Händler kehrte stets beim Dorfältesten ein, wo er die Nacht verbrachte. Am Morgen, wenn das Dorf erwachte, war er meist schon wieder fort.
    Einige ausgesuchte Männer sorgten dafür, dass während der nächtlichen Anwesenheit des Gastes niemand dem Haus zu nahe kam. Nach jedem Besuch des Händlers verteilte der Dorfälteste ein paar Dollar an sie. Stets mit der Warnung, der Geldsegen würde sofort versiegen, wenn jemand zu neugierig würde.
    Sonderbare Apparate hütete der Dorfälteste in einer Kellergrube unter seinem Haus, nur erreichbar über eine geheime Falltür, verborgen unter einem Teppich.
    Die Besuche des Teehändlers verliefen immer gleich: Sobald die Nacht hereingebrochen war, begab er sich nach unten und reichte einen kürbisgroßen kugelförmigen Gegenstand heraus, der an einem langen Kabel hing. Montiert auf ein dreibeiniges Stativ, fand er seinen Platz neben dem Haus, verborgen hinter dem Bretterverschlag des Hühnerstalls.
    Der Gast hielt sich meistens zwei bis drei Stunden in dem Kellerloch auf. Die Gesellschaft der vielen großen Kamelspinnen, die die kühle Dunkelheit hier unten schätzten, schien ihn nicht zu stören. Zunächst schloss er einen Hochleistungsakku an das Satellitentelefon an. Diesen handlichen Akku ließ er nie hier, brachte ihn bei jedem seiner Besuche frisch aufgeladen wieder mit. Ebenso wie sein Notebook. Nach ein paar Abstimmungen an dem Gerät führte er dann seine Telefonate und empfing und versandte E-Mails.
    Hin und wieder trafen zu später Stunde Besucher ein, mit denen der Fremde sich ins Haus setzte. Da waren alle Gerätschaften schon lange wieder unter Falltür und Teppich verschwunden. Keiner der Besucher hatte sie je zu Gesicht bekommen.
    Jamals Basis, sein geheimes Hauptquartier.
    Schauplatz höchst gefährlicher Umtriebe.
    Und der, gegen den sie sich richteten, ahnte nichts davon. Nichts von dem

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