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Die Narben der Hoelle

Die Narben der Hoelle

Titel: Die Narben der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. Dieter Neumann
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vorn.
    Erschöpft fiel er in seine Koje.
    In der nächsten Sekunde war er eingeschlafen.

20
Mai
Afghanistan
    Taliban fordern Lösegeld für verschleppte deutsche Soldaten (dpa)
    Dem Hauptquartier der Bundeswehr in Afghanistan liegt zur Geiselnahme zweier deutscher Soldaten vor zehn Tagen der Bekennerbrief einer Taliban-Gruppe vor, wie in einer in den späten Abendstunden vom Bundesministerium für Verteidigung herausgegebenen Pressemeldung erklärt wird. In dem Bekennerbrief werde behauptet, die verschleppten Soldaten würden » an einem sicheren Ort « festgehalten. Man sei bereit, die Soldaten unversehrt in Freiheit zu setzen, wenn Deutschland » einen angemessenen Preis als Wiedergutmachung für das durch seine Kriegsverbrechen an der afghanischen Bevölkerung verursachte Leid « zahlen werde.
    Das Bundesministeriums für Verteidigung verweigerte jede Stellungnahme dazu, ob eine Lösegeldzahlung in Erwägung gezogen werde. Der Krisenstab der Bundesregierung habe in enger Kooperation mit dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr seine Arbeit sofort nach Bekanntwerden der Lösegeldforderung aufgenommen, erklärte das Ministerium.
    »Na, was halten Sie davon?«, fragte der Kommandeur, als Johannes das Blatt sinken ließ. Er saß in einem der bequemen Besuchersessel vor dem Schreibtisch des Generals.
    »Wovon, Herr General?«, fragte er vorsichtig zurück.
    »Der Stil, in dem die Presse dieses Desaster aufarbeitet. Wie finden Sie den?«
    »Klingt ziemlich unaufgeregt«, antwortete Johannes. »Und ich habe vorhin gesehen, dass selbst in der Bild-Zeitung die üblichen reißerischen Übertreibungen fehlen. Jedenfalls ist diese Berichterstattung nicht vergleichbar mit der über die Geiselnahme selbst vor ein paar Tagen.«
    »Sehe ich auch so. Das Ministerium hat also Erfolg gehabt mit seiner Pressepolitik, das kann man feststellen.«
    »Darf ich fragen, was das heißt, Herr General?«, wagte sich Johannes vor.
    Der Kommandeur lachte kurz auf. »Da gibt es einen neuen Begriff in Berlin, den sollten Sie sich merken. Das Zauberwort heißt ,Öffentlichkeitsverträgliche Kommunikation’.
    »Und darauf lässt sich unsere Presse ein?«, fragte Johannes erstaunt.
    »Man hat der Bundesregierung angeblich zugesagt, dies so zu handhaben, bis die Geiseln wieder frei sind«, erwiderte der Kommandeur. »Bleibt aber in diesem Raum, klar?«
    »Selbstverständlich, Herr General.«
    Der General sah auf seine Armbanduhr. »Wir müssen zur Besprechung. Wird Major Woods auch kommen?«
    Mit Jim Woods, seinem amerikanischen Counterpart’, bereitete Johannes seit Tagen einen Plan zur Befreiung der Geiseln vor. Der Kommandeur verstand, dass Johannes darauf brannte, etwas zur Rettung der Geiseln zu tun, und hatte ihm die Führung des Befreiungskommandos anvertraut – für den Fall, dass ein solches überhaupt zum Einsatz käme. Denn noch wussten sie nicht einmal, wo die Geiseln gefangen gehalten wurden …
    »Er wird sicher schon da sein«, antwortete Johannes.
    Der Kommandeur stand auf. Nachdenklich sagte er: »Ohne die Zusammenarbeit mit den Amerikanern werden wir unsere Kameraden kaum finden. Und auch eine Befreiungsaktion werden wir allein mit unseren Kräften nicht erfolgreich durchziehen können, fürchte ich.«
    »Ohne die Amerikaner wird hier in Zukunft gar nichts mehr gehen, wenn unsere politischen Vorgaben so bleiben«, erwiderte Johannes heftiger, als er vorhatte. Er fing einen überraschten Blick des Generals auf, sprach aber weiter: »Allerdings sind die Probleme solcher joint operations immer noch nicht gelöst.«
    Der Kommandeur hatte die Türklinke schon in der Hand, drehte sich aber noch einmal um und sah Johannes ins Gesicht. »Was befürchten Sie denn konkret?«
    Johannes brauchte nicht lange zu überlegen. »Wir dürfen keine Taliban jagen. Unser Auftrag heißt Wiederaufbau, so will es unsere Regierung. Sicher, wir dürfen Maßnahmen zur Selbstverteidigung treffen. Die Amerikaner aber führen den aktiven Kampf gegen die Taliban – und zwar mit großer Entschlossenheit … « Er stockte.
    »Weiter! Sagen Sie klar, was Sie umtreibt!«
    »Offen gesprochen, Herr General: Im selben Moment, in dem wir gemeinsam mit den US-Marines Einsätze durchführen, machen wir etwas anderes als das, was die Regierung unserer Bevölkerung zu Hause vermittelt. Die hohen Herrschaften in Berlin haben in ihrem unerforschlichen Ratschluss … «
    »Herr Hauptmann, bitte sachlich bleiben!« fiel ihm der Kommandeur mit leichtem Grinsen ins

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