Die Narben der Hoelle
Stunde im Kanzleramt diskutiert wird.«
»Selbstverständlich liegt diese Entscheidung bei der deutschen Regierung«, ließ sich nun Major Woods vernehmen. »Man wird dort sicher bedenken, was eine solche Lösegeldzahlung bewirken würde: Die Terroristen könnten Gefallen daran finden, ihre Kriegskasse auf diese Weise zu füllen. Ich mag mir nicht vorstellen, was passiert, wenn wir auf diese Weise zeigen, dass wir erpressbar sind.«
Der Kommandeur wandte sich dem Amerikaner zu. »Das ist ein offenes Wort, Jim. Aber wen meinen Sie denn mit ,wir’?«
Der Amerikaner holte tief Luft und sagte dann: »Nun, Sir, ich fürchte, dass man in Kabul kein Verständnis dafür hätte, wenn die Deutschen mit einer Lösegeldzahlung einen Präzedenzfall schaffen würden – mit Auswirkungen auf das gesamte ISAF-Engagement in Afghanistan.«
Johannes hielt den Atem an. Er wusste, wer ,man in Kabul’ war: Der Oberkommandierende der ISAF, ein amerikanischer Vier-Sterne-General.
Gleichmütig gab der Kommandeur zurück: »Wir sind Soldaten, Major. Ich für meinen Teil werde mich nicht auf diplomatische Eiertänze einlassen. Wie Sie wissen, fliege ich morgen nach Kabul zu einem Lagevortrag. Lassen wir doch einfach die Politiker ihre Arbeit tun; wir machen die unsere, einverstanden?«
»Natürlich, Sir«, gab der Amerikaner leicht verstört zurück, »ich wollte nur auf gewisse Unterschiede in der … , äh, Bewertung des Vorgehens hinweisen … «.
Johannes grinste verhalten. Politik. Er hatte Verständnis dafür, dass Woods sich jetzt unwohl fühlte. Ihm wäre es nicht anders gegangen.
Der Kommandeur sagte freundlich: »Das haben wir auch so verstanden, Jim. Danke für Ihre Offenheit!« Dann wandte er sich in die Runde und sagte: »Ich bitte Sie alle, einmal laut darüber nachzudenken, wie wir unsere Kameraden so schnell wie möglich finden können!«
Die Lazarettchefin meldete sich zu Wort. »Ich will mich nicht in militärtaktische Dinge einmischen, aber was wäre denn, wenn man sich auf Verhandlungen mit den Entführern einließe? Zumindest zum Schein. Vielleicht ergeben sich dann ja irgendwelche Hinweise darauf, wo sie unsere Leute gefangen halten … «
»Ein guter Vorschlag«, rief der Mann vom MAD, dem Militärischen Abwehrdienst. »Durch geschickte Verhandlungsführung ließen sich wahrscheinlich Informationen gewinnen, die uns weiterhelfen können.«
»Das sehe ich ebenso«, sagte der Kommandeur. »Wir werden gleich morgen über Afghan Online News mit den Taliban Kontakt aufnehmen, wie sie das in ihrem Schrieb gefordert haben.«
»Wenn ich dazu etwas sagen darf … « meldete sich Major Woods noch einmal.
»Legen Sie los!«
»Bestimmt ist es sinnvoll, das Gespräch mit den Geiselnehmern aufzunehmen. Solange man mit ihnen redet, werden sie vermutlich den Geiseln nichts antun. Aber gleichzeitig müssen wir versuchen, das Versteck zu finden. Gemeinsam. Nur so haben wir eine Chance, die Terroristen aufzustöbern.«
»Es gibt da noch ein paar grundsätzliche Fragen zu klären«, antwortete der Kommandeur und warf einen kurzen Blick zu Johannes, »aber ich stimme Ihnen zu, dass wir die Suche gemeinsam durchführen müssen.« Er lehnte sich vor und musterte die Anwesenden genau, während er fortfuhr: »Mal angenommen, uns gelänge es – mit der Unterstützung unserer amerikanischen Freunde – herauszufinden, wo die Geiseln sind. Was machen wir denn dann? Haben Sie dazu Vorstellungen?«
»Aber das liegt doch auf der Hand!« rief der Einsatzoffizier, ein Oberstleutnant der Fallschirmjäger. Der Mann war Johannes wohlbekannt. Seine Soldaten nannten ihn ,Eisenbeißer’.
»Tatsächlich?« fragte der Kommandeur interessiert.
»Ich denke schon, Herr General.«
»Also?«
»Ganz einfach: Wir hauen sie da raus!«
Johannes konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
*
Jamal saß in seinem Geländewagen, der direkt neben einem baufälligen Schafstall auf einer kleinen Anhöhe stand. Von hier hatte er einen guten Überblick über das Gelände. So hatte er vor einer halben Stunde im letzten Tageslicht beobachtet, wie ein Fahrzeug die schnurgerade Schotterstraße entlang kam und etwa einen Kilometer entfernt im Schutze mehrerer großer Felsbrocken abgestellt wurde.
Inzwischen war es völlig dunkel geworden. Zeit für die Vorbereitungen zum letzten Akt.
Der alte Kämpfer konnte seine Ungeduld nur mühsam zügeln. Noch wenige Tage, dann würde er Kalakani einen Schlag versetzen, von dem der sich nicht mehr erholte.
Er stieg
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