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Die narzisstische Gesellschaft

Die narzisstische Gesellschaft

Titel: Die narzisstische Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Joachim Maaz
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pubertierenden Kinder Symptom und Folge ihrer Beziehungsstörungen ist. Mit dieser Einsicht und dem Verständnis für die Not ihrer Kinder sollte es ihnen gelingen, nicht mit Gegenaggression auf Protestverhalten zu antworten und mehr Empathie für die Entwicklungsprobleme der Heranwachsenden zu finden. Die Jugendlichen brauchen Raum und Zeit, um zu klagen, zu schimpfen, eigene Wege auszuprobieren und sich mitzuteilen, ohne belehrt, beschämt und kritisiert zu werden. Und wenn das die Eltern nicht schaffen, sollten sich die Jugendlichen an Onkel und Tanten, an Großväter und Großmütter, Lehrer, Trainer, Jugendfürsorger, Seelsorger oder Therapeuten wenden.

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    17 Die narzisstische Elternschaft
    Ich habe beschrieben, wie gut sich Elternschaft – neben Partnerschaft, Sexualität und Arbeit – zur narzisstischen Kompensation und Ablenkung eignet. Hier will ich kurz darstellen, was narzisstische Elternschaft heißt und wie sie aussieht.
    Das wesentliche Kriterium einer narzisstischen Elternschaft ist die Tatsache, dass die Eltern die Kinder für ihre Bedeutung und Stabilität brauchen. Somit sind sie keine Eltern, die für ihre Kinder da sind, sondern die Kinder müssen für ihre Eltern da sein. Die Kinder werden also nicht um ihrer selbst willen angenommen, bestätigt und geliebt, sondern sie müssen lernen, all das zu tun, was die Eltern wollen und brauchen – was eine Weitergabe der narzisstischen Defizite an die Kinder bedeutet. Für diese selbstentfremdende Anpassung an die Bedürftigkeit der Eltern werden die Kinder dann bestenfalls bestätigt und gelobt. Da sich die narzisstischen Defizite der Eltern letztendlich aber nicht beheben lassen, reichen die Bemühungen und Dienste der Kinder auch nie aus. In der Regel sehen sie sich mit einem permanenten Erwartungsdruck konfrontiert, immer noch mehr an die Eltern zu denken und für sie da zu sein. Aber Kinder können ihre Eltern in diesem Sinne nie wirklich befriedigen; gerade deshalb entwickeln sie ein latentes Schuldgefühl und die Überzeugung, eben nie gut genug zu sein.
    Kinder narzisstischer Eltern erfahren dadurch eine doppelte Schädigung: Einerseits werden sie – auch gegen eigene Möglichkeiten und Begrenzungen – auf die Bedürfnisse der Eltern geeicht und dadurch von sich selbst entfremdet; andererseits erleben sie keinen ausreichenden Freiraum und keine verständnisvolle Unterstützung und Toleranz, um das eigene Potential zu entdecken und zu entfalten, die eigenen Entwicklungschancen zu nutzen und die individuellen Begrenzungen zu akzeptieren. Kinder mit diesem Schicksal bleiben ein Leben lang davon abhängig zu erspüren, was von ihnen erwartet wird, und werden sich immer in den Dienst für andere stellen wollen. Das sind beste Voraussetzungen für einen Helferberuf mit oft großartigem altruistischem Zuwendungspotential, aber auch mit der Tragik, für sich selbst nicht gut sorgen zu können, was im Laufe der Zeit zu Burn-out-Syndromen, zu depressiver Erschöpfung und psychosomatischen Erkrankungen führen kann.
    Narzisstisch bedürftige Eltern machen ihren Kindern, selbst wenn diese schon längst erwachsen sind, stets Vorwürfe, sich nicht genug um sie zu kümmern: «Du meldest dich gar nicht mehr!», «Du könntest dich ruhig mal wieder sehen lassen!», «Warum rufst du nicht an?», «Mir geht es ja so schlecht!», «Ich bin so allein!», «Ich schaffe es kaum noch!», «Das musst du doch einsehen!», «Du bist aber undankbar!», «Das habe ich nicht verdient!», «Das hätte ich nicht erwartet von dir!», «Du machst mir ja so viel Sorgen!», «Ich weiß gar nichts mehr von dir!», «Ich erfahre gar nichts mehr!», «Du entziehst mir die Enkel!», «Ich habe mich immer so für dich aufgeopfert, und das ist jetzt der Dank!», «Was ist aus dir nur geworden!», «Du warst mal ein so nettes und liebes Kind!», «Jetzt versteh ich dich gar nicht mehr!», «Warum tust du mir das an?»
    Die Vorwurfsvarianten lassen sich beliebig fortsetzen. Immer geht es darum, dass die narzisstische Bedürftigkeit von den Eltern nicht als eigenes Problem erkannt und angenommen wird, sondern die Kinder zur Verantwortung gezogen und schuldig gesprochen werden, wenn die Eltern sich nicht wohlfühlen und unter ihren Problemen leiden. Das Schuldgefühl erwachsen gewordener Kinder ihren Eltern – vor allem den Müttern gegenüber – ist eine große Bürde für ein eigenes selbstbestimmtes Leben und ein wesentliches Hindernis, das elterliche Versagen zu

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