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Die Naschmarkt-Morde

Titel: Die Naschmarkt-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Gegenüber. Nechyba rutschte nervös hin und her. Schließlich räusperte er sich und sagte in leisem Tonfall: »Goldblatt, der Planetenverkäufer, den ich verhaftet hab, hat in einem der beiden Mordfälle ein einwandfreies Alibi. Der Mörder rennt nach wie vor frei herum. Aber so, wie es aussieht, werden sie den Gotthelf für beide Morde verurteilen und aufhängen. Es sprechen zu viele Indizien gegen ihn.«
    Goldblatt machte einen tiefen Zug von der Zigarette, kratzte sich am kahlen Schädel und starrte Nechyba weiter an. Nach einer Weile wendete er den Blick ab und murmelte: »Lachen werden Sie, Nechyba. Lachen … Wenn ich Ihnen sage, dass ich gleichfalls weiß, dass der Gotthelf in einem der beiden Fälle unschuldig ist.«
»Was? Was sagen Sie da?«
    »Nicht so laut, Nechyba! Ich habe gesagt, dass mir bekannt ist, dass es der Gotthelf zumindest bei der Hainisch-Hinterberg nicht war. Das weiß ich. Definitiv. Weil, es müsste schon mit Zauberei zugehen, wenn der Gotthelf eine Frau am Naschmarkt erwürgen und zur gleichen Zeit mit einer anderen beisammen sein könnte, die am Getreidemarkt wohnt …«
    »Wovon reden Sie? Hat der Gotthelf am Ende gar auch für diesen Mord ein Alibi?«
    »Was heißt hier auch? Nur für den. Ob er es bei dem Dienstmädel war, kann ich nicht sagen.«
    »Goldblatt, jetzt hören Sie einmal zu! Dass er es bei der Mizzi nicht war, dafür hab ich Zeugen. Davon rede ich ja die ganze Zeit! Und wenn Sie mir jetzt erzählen, dass er auch für den zweiten Mord ein Alibi hat, dann war die Verhaftung Gotthelfs nicht nur ein grober Fehler, sondern eine wahre Katastrophe!«
    Nechyba stützte die Arme auf den Kaffeehaustisch und raufte sich die kurz geschorenen Haare.
    »Sie machen mir Spaß, Nechyba! Da verhaften Sie einen Kerl wegen zwei Morden. Gut. Dann kommen Sie drauf, dass er es in einem Fall nicht gewesen ist. Auch gut. Und dann treffen Sie mich, fragen mich um Rat, und ich erzähl Ihnen, dass er es im zweiten Fall ebenfalls nicht war. Sehr gut, Nechyba! Das ist ein Witz! Aber ein schlechter.«
    »Wissen Sie was? Ich bestell uns jetzt was G’scheites zum Trinken, und wir erzählen einander, was wir wissen. Herr Ober, zwei große, französische Cognacs!«
    Als die edle Spirituose in bauchigen Gläsern serviert worden war, schwenkten, schnüffelten und tranken die beiden schweigend. Dann begann Nechyba zu erzählen: »Also passen S’ auf: Kennen Sie die Soubrette Henriette Hugo? Die spielt seit über einem Jahrzehnt am Theater an der Wien.«
    Goldblatt nickte, und Nechyba fuhr fort: »Für besagte Dame schwärmt ein Lausbub, der mir in diesem Sommer schon öfters über den Weg gelaufen ist. Es ist der Sohn vom Hofrat Schmerda, bei dem die Mizzi im Dienst stand. Gerade 15 Jahre ist er alt – der Alphonse Schmerda – und nix als Flausen hat er im Kopf. Seine größte betrifft die Hugo oder Orliczek, wie sie mit bürgerlichem Namen heißt. In die ist der Bub bis über beide Ohren verliebt und spioniert ihr tagaus, tagein nach. Kurzum: Ich habe mir den Knaben vorgeknöpft. Der hat mir seine Bewunderung für die Orliczek gebeichtet sowie die Beobachtungen, die er am Tag von Mizzis Ermordung gemacht hat: Der Gotthelf ist vorm Sperl in die Orliczek hineingerannt, dann sind sie ziemlich lange miteinander hier im Kaffeehaus gesessen, und dann hat die Orliczek – typisch für so eine vom Theater – den Gotthelf zu sich in die Wohnung mitgenommen. Der kleine Schmerda hat vor dem Haus noch eine Stunde gewartet, aber weder die Orliczek noch der Gotthelf sind wieder herausgekommen … Der Ordnung halber möchte ich zweierlei hinzufügen. Erstens: Ich war im Haus der Orliczek und habe mich umgeschaut, dort gibt es keinen zweiten Ausgang durch den Hof. Das heißt: Wer durch die Haustür in das Haus hineingeht, muss durch diese Tür auch wieder herauskommen. Zweitens: Dass der Bub nicht gelogen hat, bestätigt eine weitere Zeugin. Die Greislerin Landerl hat an besagtem Nachmittag nämlich dem Gotthelf nachspioniert. Weil sie mit ihm ihren Mann betrügt und weil sie eifersüchtig ist. Die hat den Gotthelf und die Orliczek ebenfalls hier im Sperl sitzen und miteinander turteln gesehen. Daraus folgt: Der Gotthelf hat für die Tatzeit von dem Mord ein tadelloses Alibi.«
    Goldblatt hatte sich eine weitere Zigarette angezündet. Er nahm einen Schluck Cognac, blies ein paar nachdenkliche Rauchwölkchen in die Luft und begann seinerseits zu erzählen: »Ja, ja, der Gotthelf … Der kann die Finger nicht von den

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