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Die Nebelkinder

Die Nebelkinder

Titel: Die Nebelkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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war, beugte sich vor und rief: »Du bist Albin?«
    Der Findling blieb stehen. »Ja, Herr.«
    »Ich bin Hauptmann Grimald. Graf Guntram hat mir den Schutz dieses Zugs überantwortet. Kennst du den Weg zur Fischerinsel?«
    Albin nickte. »Er ist nicht zu verfehlen, immer am Ostufer des Sees entlang.«
    Ohne sich für die Auskunft zu bedanken, riss Grimald sein Tier herum und galoppierte zurück zur Spitze der kleinen Karawane, die nur langsam vorankam. Gerswind hatte es nicht eilig und genoss die Fahrt. Aufmerksam sah sie sich um, betrachtete zur Rechten den See und zur Linken den Mondseeberg, über den die Sonne allmählich ihren glühenden Ball schob. Die das Land erwärmenden Sonnenstrahlen machten besonders den Bediensteten zu schaffen, die zu Fuß gehen mussten. Bald waren sie froh darüber, dass ihr Zug keine Hast an den Tag legte. Die alte Fischerinsel kam zwei Stunden vor Mittag in Sicht. Man brauchte kein Boot, um sie zu betreten. Es war nur eine Halbinsel, die ihren mit Buschwerk und Bäumen bewachsenen Landfinger ein gutes Stück weit in den See streckte.
    Vorsichtig rumpelte der Wagen über den hügeligen Boden. Gerswind ließ ihn anhalten und wollte absteigen, um nicht zu sehr durchgeschüttelt zu werden. Als Albin das sah, sprang er rasch vor und reichte ihr die Hand.
    »Danke, Albin«, sagte sie lächelnd, als sie vor ihm stand. Mit ihrem Strohhut überragte sie ihn noch mehr. »Wo liegt das alte Fischerdorf, das es hier geben soll?«
    Albin zeigte zur Inselspitze, einem vorgelagerten Hügel, der durch einen dünnen Landstreifen mit dem Rest der Halbinsel verbunden war. »Da, aber es sind nur verfallene Hütten.«
    »Ich möchte es trotzdem sehen. Führst du mich hin, während die Mahlzeit vorbereitet wird?«
    Er tat nichts lieber als das und freute sich schon, mit Gerswind allein zu sein. Aber leider stiegen die beiden Nordmänner von den Pferden und folgten ihnen.
    Die verlassenen Holzhütten standen krumm und schief auf den Pfählen, die sie vor dem Wasser schützen sollten. Die Fäulnis nagte an den Pfählen. Einige waren eingeknickt und manche Hütte hing zur Hälfte im Wasser. Lange vorbei war die Zeit, als die Fischer vom Mondsee hier ihre Netze geflickt und die Boote zur Ausfahrt vorbereitet hatten. Irgendwann würde der beständig an den Bauten leckende See auch die letzte Hütte verschluckt haben. Es war ein trauriger Anblick. Das Fischerdorf lag in einem beständigen Schatten, als verhüllte die Sonne ihr Antlitz vor dem Verfall. Aber es waren die Wolken, die sich immer stärker vor die Sonne schoben. Seltsame Wolken, wie Nebel, der aus dem See stieg.
    »Bietet der Mondsee keine guten Fischgründe?«, fragte Gerswind.
    »O doch, hier gibt es Forellen, Hechte, Rotaugen und andere Fische mehr in großer Zahl.«
    »Warum haben die Fischer das Dorf dann aufgegeben?«
    »Aus Angst vor den Nebelkindern.«
    Ihre Augen weiteten sich. »Du meinst die Elben, die angeblich Graf Chlodomer getötet haben?«
    »Ja, Herrin.«
    »Sag einfach Gerswind. Ich dachte, der Name gefällt dir, Albin. Was genau hat die Fischer verscheucht?«
    »Vielleicht nur ihre Angst, ich weiß es nicht. Es geschah lange vor meiner Zeit. Man munkelt, die Nebelkinder hätten die Fischerinsel so oft überfallen, dass die Fischer schließlich aus lauter Angst diesen Ort aufgaben. Jetzt siedeln sie nahe der Abtei, wo der Vogt und seine Soldaten sie beschützen.«
    »Überfälle? Was wollten die Nebelkinder hier?«
    »Ich kenne nur die Geschichten, die man sich erzählt. Es heißt, die Nebelkinder raubten neugeborene Kinder oder auch Jungfrauen, um...« Er stockte.
    Gerswind grinste. »Ich verstehe schon.«
    Ihr Gesicht wurde wieder ernst, als sie über die faulenden Hütten und den immer stärker von Nebel bedeckten See blickte. Ja, es schien wirklich Nebel zu sein, stellte Albin mit leichter Besorgnis fest.
    »Erst seit wenigen Tagen bin ich in diesem eigentümlichen Land und doch sehe ich vieles anders als bisher«, sagte Gerswind. »Dieser See und die Berge ringsum - es ist, als würden sie eine eigene Sprache sprechen, eine, die keine Worte benötigt. Hätte mir in Regensburg jemand gesagt, ich würde an Elben und ihre magischen Fähigkeiten glauben, hätte ich laut gelacht. Aber hier scheint alles anders. Und schließlich scheinen Graf Chlodomers Tod und der entflohene Zwerg zu beweisen, dass es die Nebelkinder gibt. Wie steht es mit dir, Albin, glaubst du an die Elben?«
    »Ich ... bin mir nicht sicher«, sagte er zögernd.
    Es

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