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Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt

Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt

Titel: Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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fröhlich vor sich hinlachte. Mürrisch stellte ich fest, daß der Mann mehr Humor besaß, als erwartet – wenn auch zum falschen Zeitpunkt. Ha, warte nur, dachte ich, es kommt der Moment, an dem ich über dich lache! Um nichts in der Welt hätte ich dies laut ausgesprochen; wenngleich mir Faustens Fähigkeit einfiel, meine Gedanken zu lesen. Doch falls er es wirklich vermochte, so hielt er sich nun zurück. Wahrscheinlich beschäftigten ihn längst ganz andere Dinge.
    Wir kamen um eine Wegkehre, ritten einen ansteigenden Pfad hinauf, und plötzlich stand die Mühle vor uns. Sie war nicht allzu groß, ein häßlicher Kegel aus grobem Stein, an dessen Vorderseite sich das riesige Kreuz der Windflügel drehte. Es gab einen niedrigen Anbau, über dessen Tür ein hölzernes Schild In der Brise schaukelte. Zur schönen Müllerin stand darauf In liebloser Handschrift. Der Besitzer unterhielt neben seiner Mühle auch die einzige Schänke diesseits der Berge – eine Verbindung, die keinesfalls selten war. Viele Müllersleute im ganzen Land nutzten den Umstand, daß alle Bauern der Umgebung gezwungen waren, die Ernte bei ihnen mahlen zu lassen. So wurden die Mühlen überall zum Treffpunkt, und nicht wenige betrieben einen Ausschank. Oftmals war damit mehr zu verdienen als mit dem schlichten Getreidemahlen.
    Vor dem Gasthaus standen zwei Pferdewagen, beladen mit vollen Mehlsäcken. Aus einem offenen Fenster erklangen Stimmen. Offenbar nutzten die Bauern den Besuch beim Müller für ein paar Krüge Bier, von denen ihre Weiber nichts ahnten.
    Wir banden unsere Pferde vor dem Eingang an. Bevor wir eintraten, zischte Faustus mir zu: »Denk daran, wir sind Augustinermönche auf dem Weg nach Süden. Überlaß mir das Reden.«
    Innerlich rümpfte ich die Nase ob diesen Mißtrauens, tat aber, was mein Meister verlangte.
    Die schöne Müllerin, die das Türschild versprach, entpuppte sich als feister Kerl mit buschigen, schwarzen Augenbrauen und schweißglänzender Glatze. Seine riesigen Hände sahen aus, als mahle er das Korn mit den Fingern; der Bierkrug, den sie hielten, verschwand fast völlig darin. Er saß mit zwei Bauern und ihren vier Knechten an einem runden Tisch und war allein an seiner ledernen Schürze zu erkennen. Als wir eintraten verstummte das Gespräch der Männer, und der Müllerwirt stand auf.
    »Seid willkommen«, sagte er freundlich, wohl, weil man in dieser Gegend gläubig war und unsere Mönchskutten Eindruck machten.
    Faustus erwiderte den Gruß. »Bruder Martinus«, stellte er sich vor und ließ mich selbst außer acht. Na schön, dachte ich mir, verschwinde ich halt in seinem Schatten, wenn er es will. Sollte er sich beim nächsten Mal doch selbst befreien.
    Mein Meister bat um eine Mahlzeit und zwei Krüge mit klarem Wasser (Wasser! Ich traute meinen Ohren nicht!). Außerdem fragte er, ob es möglich sei, für einige Stunden zu ruhen.
    Der Wirt erwiderte, er habe in seinem Haus keine Gastzimmer, wolle zwei Dienern Gottes aber gern seine eigene Kammer zur Verfügung stellen. Faustus nahm das Angebot an und sagte, der Segen des Herrn sei dem guten Mann dafür sicher. Die Bauern verabschiedeten sich, und wir blieben allein mit dem Müller zurück. Er beeilte sich, uns ein karges Mahl aufzutragen – Brot, Butter und paar Scheiben fetten Käse – und setzte sich dann wie selbstverständlich zu uns an den Tisch. Da seine Kundschaft fort war, blieb ihm offenbar keine Arbeit zu tun.
    »Gestattet mir die Frage«, bat Faustus, »aber woher nehmen die Bauern das Getreide, das sie Euch bringen? Mir scheint, es gibt hier nur Wald und keine Felder.«
    Der Müller grinste und entblößte sein lückenhaftes Gebiß. »Überm Hügel gibt’s ein Tal, wo ein kleines Dorf liegt. Die Leute dort haben schon vor Generationen ein paar von den Hängen gerodet. Aber Ihr habt recht, Bruder, mein Geschäft läuft nicht gut. Das wenige Korn, das die kleinen Felder abwerfen, lastet mich kaum aus. Mir bleibt gar nichts anderes übrig, als Bier und Wein auszuschenken. Das stärkt mir ein wenig den Rücken, wenn ich so sagen darf.«
    Faustus nickte verständnisvoll. Wir hatten beide während der ganzen Zeit unsere Kapuzen hochgeschlagen, um uns nicht durch die fehlende Tonsur zu verraten. Faustus schwarze Mähne quoll trotzdem darunter hervor. Den Müller schien dies nicht zu stören. Er war sichtbar glücklich, ein paar neue Gesichter zu sehen. Trotz seiner plumpen Gestalt besaß er ein sanftes Gemüt.
    »Sagt, wie ist Euer Name?«

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