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Die neue Lust am Essen: Vom Laster Nikotin und Fastlife zu Lebensgenuss und Slow Food (German Edition)

Die neue Lust am Essen: Vom Laster Nikotin und Fastlife zu Lebensgenuss und Slow Food (German Edition)

Titel: Die neue Lust am Essen: Vom Laster Nikotin und Fastlife zu Lebensgenuss und Slow Food (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermine Pfrogner
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äußerst wohlwollenden südlichen Sonne, die jede düstere Stimmung im Keim erstickt.
    So lieferte mir die Wissenschaft (diesmal war es nicht Petrini!) triftige Argumente für mein Ernährungskonzept und eine verblüffende Erklärung für meine neuerdings gehäuft auftretenden Glücksgefühle, die ich also dem Serotonin verdankte, das nun in großer Menge in mir zirkulierte und für meine Freude verantwortlich war.
    Was mich an dieser Theorie bei genauerer Betrachtung allerdings doch ein wenig irritierte, war, dass meine gesteigerte Lebenslust bloß das Resultat eines chemischen Prozesses sein sollte und nicht die spontane Reaktion meiner souveränen Seele auf die neuerdings so erfreulichen Rahmenbedingungen meines Lebens. Aber was machte das schon? Hauptsache, glücklich! Ich war dem Barockengel auf den Fersen, alles lief bestens, ich fühlte mich rundum wohl und die Zigaretten fehlten mir nicht mehr.

Koch-Lust statt Kilo-Frust
    Die Zuversicht, mir das unschöne Fett vom Leib kochen zu können und gleichzeitig meinen Serotoninspiegel in beglückende Höhen zu pushen, beflügelte meine kulinarischen Aktivitäten ungemein und trieb mich immer öfter in die Küche. Während in meiner ersten Zeit ohne Nikotin das Hantieren mit Essbarem aller Art, ungeachtet dessen Nährwertes und Herkunft, vor allem dazu gedient hatte, meine unruhigen Hände zu beschäftigen, denen gerade das liebste Spielzeug abhanden gekommen war, erlebte ich das Kochen nun als eine durch und durch lustvolle Handlung – und das mit gutem Grund, wenn man der Lehre vom „Mood Food“ Glauben schenken darf. Und was mich persönlich betraf, konnte offenbar nicht nur das Essen selbst Freude in mir auslösen, sondern auch schon dessen Zubereitung.
    Das Hobeln und Raspeln, Schneiden und Zupfen, Marinieren und Arrangieren machte mir großen Spaß und setzte Düfte frei, die eine aphrodisierende Wirkung auf mich haben mussten, denn ich freute mich täglich mehr auf den Moment, wo ich mich wieder ans Werk machen durfte. Abends, nach getaner Arbeit, ging’s ans Kochen – und bald auch ans Genießen. Herrlich!
    Die Umstellung auf Lebensmittel aus dem regionalen Raum und nach den Produktionskriterien von Slow Food war in meiner Gegend kein Problem, lebte ich doch in der Nähe von Wien, in Korneuburg, zwischen Großstadt und Land in einer sehr fruchtbaren Gegend mit einer Fülle von tadellosen Kleinbetrieben, die so ziemlich alles erzeugten, was ich auf meinem Teller gerne sah. Ich konnte also aus dem Vollen schöpfen, kaufte Obst und Gemüse nur noch bei meinem Verbündeten auf dem Bauernmarkt und wurde dafür mit immer neuen Gaumenfreuden belohnt.
    Meine stets frisch zubereiteten Gerichte schmeckten aber nicht nur vorzüglich, sie sättigten mich auch auf angenehme Weise. Schon fühlte ich mich viel leichter und wagte mich jetzt auch wieder auf die Waage. Jeden Morgen bestieg ich sie gut gelaunt und in der berechtigten Hoffnung auf eine erste Belohnung meines Einsatzes.
    Diese blieb allerdings vorerst noch aus und das einzige, das ich feststellen konnte, waren absolut konstante Messwerte. Immerhin etwas. Wenn ich bedachte, wie rasch ich nach dem letzten Zug Nikotin aus der Form geraten war, schien mir dieser Status quo durchaus ein Fortschritt zu sein. Es gab jedenfalls keinen Grund, den Mut zu verlieren. Der Erfolg würde sich einstellen. Bald schon. Ganz gewiss.
    Beschwörend blicke ich mir in die Augen und wappnete mich wieder einmal mit der Zauberformel gegen eventuell aufkommende Frustattacken, die ich im Grunde aber gar nicht fürchtete. Doch es konnte ja nicht schaden.
    Du schaffst das!
    Klar! – Was gibt’s eigentlich heute zu essen?

Weil’s mein Körper mag
    Als in grauer Vorzeit unsere tierischen Ahnen beschlossen haben, von den Bäumen zu steigen und sich fortan mit ihrer Hände Arbeit durchs Leben zu bringen, mussten sie sich erst einmal neue Nahrungsquellen erschließen, denn sie hatten nun nicht mehr die Zeit, sich, um satt zu werden, den ganzen Tag lang fröhlich knabbernd von Ast zu Ast zu schwingen. Das neue Leben muss anfangs ziemlich hart gewesen sein, bedeutete es doch eine beträchtliche Umstellung für die ursprünglichen Vegetarier.
    Der Fortgang der Geschichte ist bekannt: Der Mensch wurde zum Erfolgsmodell der Evolution und ernährt sich heute von allem, was sich nur einigermaßen dazu eignet, und in der westlichen Welt immer mehr von Fleisch. Unser Körper dürfte aber die frühere Ernährungsform nicht ganz vergessen haben,

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