Die New-York-Trilogie: Stadt aus Glas. Schlagschatten. Hinter verschlossenen Türen
ich, wie sehr er sich darum bemühte, er kam oft nicht in die Schule, um bei ihm sein zu können, versuchte, sich unentbehrlich zu machen, und pflegte ihn mit unerschütterlicher Aufmerksamkeit. Was Fanshawe durchmachte, war grausam, vielleicht zu viel für ihn, und obwohl er es gut zu verkraften schien und eine Tapferkeit aufbot, zu der nur sehr junge Menschen fähig sind, frage ich mich manchmal, ob er es jemals ganz überwunden hat.
Nur eines möchte ich hier noch erzählen. Am Ende dieser Zeit – ganz am Ende, als niemand mehr erwartete, dass Fanshawes Vater noch mehr als ein paar Tage leben würde – machten Fanshawe und ich nach der Schule eine Fahrt mit dem Wagen. Es war Februar, und kurz nachdem wir losgefahren waren, fing es an, leicht zu schneien. Wir fuhren ziellos umher, kurvten durch die Straßen in den Nachbarstädten und achteten kaum darauf, wo wir waren. Zehn oder fünfzehn Meilen von zu Hause entfernt kamen wir an einen Friedhof. Das Tor stand offen, und aus keinem besonderen Grund beschlossen wir hineinzufahren. Nach einer Weile hielten wir und liefen zu Fuß weiter. Wir lasen die Inschriften auf den Steinen, stellten Betrachtungen darüber an, wie jedes dieser Leben gewesen sein mochte, schwiegen, gingen weiter, sprachen und schwiegen wieder. Es schneite nun in dichten Flocken, und der Boden wurde weiß. Irgendwo in der Mitte des Friedhofs kamen wir an ein frisch ausgehobenes Grab, und Fanshawe und ich blieben am Rand stehen und sahen hinein. Ich erinnere mich, wie still es war, wie weit die Welt von uns entfernt zu sein schien. Lange sprach keiner von uns, und dann sagte Fanshawe, er wolle sehen, wie es unten auf dem Boden sei. Ich gab ihm meine Hand und hielt ihn fest, während er in das Grab hinunterstieg. Als seine Füße den Boden berührten, sah er mit einem leichten Lächeln zu mir herauf, und dann legte er sich auf den Rücken, als gäbe er vor, tot zu sein. Ich sehe es noch vollkommen lebendig vor mir: Ich schaute auf Fanshawe hinunter, während er zum Himmel hinaufblickte und heftig blinzelte, als der Schnee auf sein Gesicht fiel.
Dunkel erinnerte ich mich an eine Zeit, als wir noch sehr klein gewesen waren – nicht mehr als vier oder fünf Jahre alt: Fanshawes Eltern hatten irgendein neues Gerät gekauft, einen Fernsehapparat vielleicht, und mehrere Monate lang behielt Fanshawe die Pappschachtel in seinem Zimmer. Er teilte seine Spielsachen immer großzügig mit mir, aber diese Schachtel war für mich verboten, ich durfte nie hineinkriechen. Sie sei sein Geheimplatz, sagte er, und wenn er drinnen sitze und sie um sich herum zumache, könne er gehen, wohin er wolle, und sein, wo er wolle. Aber wenn jemals ein anderer seine Schachtel beträte, würde ihr Zauber für immer verloren sein. Ich glaubte ihm diese Geschichte und drängte ihn nie, mich auch einmal hineinzulassen, obwohl es mir beinahe das Herz brach. Wir spielten in seinem Zimmer, stellten Soldaten auf oder zeichneten Bilder, und unvermittelt erklärte Fanshawe, er gehe nun in seine Schachtel. Ich versuchte, mich weiter mit dem zu beschäftigen, was ich gerade tat, aber ich brachte es nie fertig. Nichts interessierte mich so sehr wie das, was mit Fanshawe in der Schachtel geschah, und ich verbrachte diese Minuten mit dem verzweifelten Versuch, mir vorzustellen, was für Abenteuer er erlebte. Doch ich erfuhr nie, welcher Art sie waren, da es für Fanshawe auch gegen die Regeln war, darüber zu sprechen, wenn er wieder herausgestiegen war.
Etwas Ähnliches geschah nun in dem offenen Grab im Schnee. Fanshawe war allein da unten, war versunken in seine Gedanken, erlebte diese Augenblicke für sich selbst, und obwohl ich anwesend war, blieb das Erlebnis vor mir verschlossen, so als wäre ich in Wirklichkeit gar nicht da. Ich begriff, dass dies Fanshawes Art war, sich den Tod seines Vaters vorzustellen. Wieder war es ein reiner Zufall: das offene Grab war da, und Fanshawe hatte gespürt, wie es ihn rief. Geschichten geschehen nur denen, die imstande sind, sie zu erzählen, hat einmal jemand gesagt. Auf die gleiche Weise werden vielleicht Erlebnisse nur denen zuteil, die imstande sind, sie zu haben. Aber das ist eine schwierige Frage, und ich kann meiner Sache nicht sicher sein. Ich stand da, wartete darauf, dass Fanshawe wieder heraufkommen würde, und versuchte mir vorzustellen, was er dachte, versuchte, einen kurzen Moment lang zu sehen, was er sah. Dann wandte ich das Gesicht zum dunkler werdenden Winterhimmel hinauf – in
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