Die Niete Im Bett
stehen. Alles ist schon vorweihnachtlich geschmückt und strahlt Friede, Freude, Eierkuchen aus. Moritz klappert mit den Zähnen. Er kann nicht nach Hause, weil sein Schlüssel in der Tasche seiner Hose war, die ja in der Feuerstelle verbrannt ist, und ein Anruf auf Roderichs Handy – glücklicherweise stand die Nummer auf dem Flyer – hat ergeben, dass der Schlüsselbund nur noch ein geschmolzener Klumpen ist. Roderich hat der Ehrgeiz gepackt. Er will unbedingt, dass wir auch am zweiten Teil des Kurses teilnehmen, obwohl Mr. Bean ihn zugerichtet hat, als gäbe es für ihn kein Morgen mehr.
»Vielleicht gibt es für euch ja doch noch Hoffnung. Aber ihr müsst einen anderen Weg finden«, hat er gesagt. »Mit roher Gewalt wird man kein Dosenöffner.«
Mr. Bean und Moritz kommen mit zu mir nach Hause, um bei mir zu übernachten, und leider habe ich vergessen, dass mein Vater ja auch noch da ist.
Aber er ist schon wieder unterwegs. Dafür liegt in der Küche ein Zettel: Bin bei Deiner lieben Nachbarin Henriette. Es kann spät werden, Plupsi. Es knuddelt Dich der Papi!
Jetzt sind die beiden auch schon per du oder was?
»Dein Vater nennt dich Plupsi ?«, fragt Moritz und stiert fassungslos auf den Zettel. Das fehlt mich noch, dass sich ein bleichgesichtiges Muttersöhnchen über meinen Spitznamen lustig macht!
Ich antworte einfach nicht. Gerade geht es mir echt auf den Keks, dass Papa sich hier so breitmacht und jetzt auch schon meine Nachbarin in Beschlag nimmt. Henriette Krohn ist meine Nachbarin. Wie werde ich Papa bloß los? Ich muss meine Mutter anrufen und fragen, wann sie wieder zu Hause ist, damit Papa hier endlich wieder abhaut.
»Ob ich wohl bei dir baden kann?«, unterbricht Moritz meine Gedanken.
»Klar. Komm mit.«
Während wir Richtung Bad gehen, schaue ich noch kurz nach, ob auf dem Anrufbeantworter neue Nachrichten sind, aber keine Lampe blinkt, und auf dem Handy hat mich Mia natürlich auch nicht angerufen. Ich hatte es während des Kurses lautlos gestellt, weil ich es nicht ganz ausschalten wollte, aus Angst davor, dass es dann eventuell entgangene Anrufe nach dem Wiedereinschalten nicht anzeigen würde.
Ich finde, Mia übertreibt es. So etwas muss eine Freundschaft doch mal aushalten. Ich habe sie ja nicht gebeten, ohne Kopftuch in ein streng muslimisches Land zu fahren, um dort für Gleichberechtigung zu demonstrieren.
Moritz ist so weit versorgt. Er lässt sich heißes Badewasser ein und wirkt glücklich. Wahrscheinlich hat er zu Hause bei Mutti nur eine Duschkabine und überlegt jetzt, auf Wanne umzusatteln. Mr. Bean hat es sich in der Küche gemütlich gemacht, also kann ich kurz meine Mutter anrufen und sie fragen, wann sie aus ihrem Urlaub zurückkommt. Ich schnappe mir das Telefon und wähle Mamas Handynummer. Meine Mutter ist sofort am Apparat.
»Ja, Plupsi, wie schön, dass du anrufst!« Dann plappert sie einfach drauflos, genau wie mein Vater, das scheint ein familiäres Leiden zu sein. Dabei sind meine Eltern doch gar nicht miteinander verwandt. Jedenfalls hoffe ich das. »Mein Junge, nachträglich alles, alles Gute zum Geburtstag! Ich bin so schusselig, ich hab deine Nummer nicht mehr. Ich hab doch ein neues Telefon, und jetzt sind alle Nummern weg, weil das alte nicht mehr angeht. Und im Café wollte ich nicht anrufen und stören. Du hast ja auch bestimmt gefeiert. Aber wieso rufst du denn nicht auf dem Festnetz an, das ist doch viel billiger? Ach, da kann man auch keine Nummern abspeichern, das ist doch so ein altes Telefon. Also, Plupsi, ruf mich auf dem Festnetz an, sonst wird’s zu teuer.«
»Ich habe eine Flatrate, Mama.«
»Was ist denn das? Ach, egal. Wie geht es dir denn? Was treibst du so? Was hast du an deinem Geburtstag Schönes gemacht? Wie läuft denn das Café?«
»Gut, gut. Alles so weit gut. Mein Geburtstag war unspektakulär. Sag mal, Mama, dann bist du also schon wieder zu Hause?«
»Ja, wo soll ich denn sonst sein?«
»Ich frag nur, weil du gemeint hast, ich soll dich auf dem Festnetz anrufen.«
»Ja und?« Meine Mutter kann mir nicht folgen.
»Weil Papa gesagt hat, du bist mit Hilde auf Mallorca«, erkläre ich. So schwer ist das jetzt auch nicht zu kapieren.
Meine Mutter schnaubt. » Das hat er gesagt? Ich bin überhaupt nirgendwo. Ich bin zu Hause.«
»Das ist ja auch nicht schlimm«, sage ich schnell.
»Hat dein Vater dich angerufen und dir alles erzählt?«, will sie dann grimmig wissen.
»Äh, erzählt? Erzählt hat er nichts. Und er hat
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