Die Niete Im Bett
Stolz gekränkt. Was hat dieser Nils, was ich nicht habe?
Was hab ich bloß falsch gemacht?
Wenn Mia doch nur nicht so eingeschnappt wäre. Sie fehlt mir. Ich möchte mich so gern mit ihr austauschen oder von ihr trösten lassen oder am besten beides. Sie soll mit mir auf ihrem Sofa unter der riesigen Decke liegen und übers Leben und über die Liebe schwadronieren. Ich versuche zum ungefähr tausendsten Mal, sie anzurufen, aber sie will mich offenbar schmoren lassen.
»Der nächste Kursteil heißt Einfach mal die Seele baumeln lassen «, sagt Mr. Bean.
»Was soll denn das bedeuten?«
»Hier steht nur so kryptisches Zeug«, erklärt er mir. »Das scheint eher irgendein buddhistischer Kram zu sein.«
»Wir sind ja auch buddhistisch total interessiert«, gebe ich zu bedenken.
»Ausprobieren kann man es ja mal«, sagt er. »Komm, hab dich nicht so. Ich verspreche dir auch, dass ich niemanden zusammenschlagen werde. Freu dich doch, dass ich jetzt Lust habe, da hinzugehen. Vielleicht ist es ja wirklich für irgendetwas gut.«
»Ich gehe dann mal.« Mein Vater kommt mit Mantel und Hut in die Küche. »Hast du ein Tütchen für die Muscheln?«
Ich gebe ihm eine Gefriertüte und bin froh, dass kurz darauf die Tür hinter ihm zufällt.
»Du hast ihn ja gar nicht auf das Telefonat mit deiner Mutter angesprochen«, sagt Mr. Bean. »Warum nicht?«
»Weil er offenbar gerade über alles nachdenkt. Und er ist wirklich anstrengend genug. Die beiden sollen halt ein paar Wochen getrennt voneinander sein, dann finden sie schon wieder zusammen.« Jedenfalls hoffe ich das. Wenn ich an die Geschichte von Mias Eltern denke, kann das auch ganz anders ausgehen. Oh mein Gott. Nicht auszudenken, wenn Papa mit Frau Krohn zusammenkäme und hier in Hamburg wohnen würde. Womöglich noch im selben Haus. Ich glaube nicht, dass ich das auch noch verkraften könnte.
Ich wende mich wieder Mr. Bean zu. »Wann genau ist denn dieser Kurs?«
»Morgen Abend um acht. Im Kulturzentrum St. Pauli.«
»St. Pauli hat ein Kulturzentrum?«
»Offenbar schon.«
»Was ist mit dem Café? So früh kann ich nicht dichtmachen. Normalerweise haben wir bis elf Uhr abends geöffnet, wie du weißt.«
»Das ist doch kein Problem. Ich frag Edda noch mal. Die soll die eine von ihren Lesben-Freundinnen zum Kochen mitbringen. Die hat das gelernt.«
Ich hoffe nur, dass nicht ausgerechnet morgen das Gesundheitsamt vor der Tür steht, und gebe mich geschlagen: »Von mir aus.«
Mr. Bean steht auf und streckt sich. »Ich geh jetzt heim und hau mich vor den Fernseher. Was machst du?«
»Du kannst auch hierbleiben, und wir hauen uns gemeinsam vor die Glotze«, schlage ich vor.
»Nein, ich brauch mal ein bisschen Zeit für mich«, sagt er. »Außerdem tut mir die Hand immer noch weh. Du weißt, der Handkantenschlag gegen den Tiger war nicht ohne.«
»Okay.« Ich will niemanden zu seinem Glück zwingen. Und ich bin ja auch ganz gern mal alleine.
Dann hocke ich alleine in meiner Wohnung, und mir fällt die Decke auf den Kopf. Ich räume die Spülmaschine ein und stelle sie an, ich wische den Küchentisch ab und gieße meine Kräuter, ich staubsauge und ziehe die Betten ab, ich mache Papas Bett im kleinen Gästezimmer, und dann ist es immer noch früh, halb zwei ungefähr, und ich weiß nicht, wie ich den restlichen Tag rumkriegen soll.
Ich könnte ins Kino gehen. Das ist doch mal eine Idee. In eine Nachmittagsvorstellung.
Mal sehen, was im Holi läuft. Ich gehe wahnsinnig gern ins Holi, ein kleines Programmkino, das sich in einer Nebenstraße der Hoheluftchaussee befindet. Da ist es nie so gerammelt voll wie in den Multiplexen, und ich beschließe, mir den Film Ziemlich beste Freunde anzusehen. Eigentlich wollte ich mit Mia da reingehen, aber daraus wird ja nun nichts.
Also gehe ich allein.
Vorher dusche ich aber noch.
Mia
Mir fällt hier gleich die Decke auf den Kopf. Diese verdammten Sonntage. Ich hasse, hasse, hasse sie. Ich könnte natürlich die Wohnung putzen, Wäsche waschen, den Keller aufräumen und meine Fingernägel maniküren, aber ich habe keine Lust. Ich will hier raus. Während ich aus dem Fenster schaue, das auch mal wieder geputzt werden müsste, beschließe ich, ins Kino zu gehen. Im Holi läuft vielleicht noch Ziemlich beste Freunde . Eigentlich wollte ich mit Leonhard in den Film gehen, aber daraus wird ja nun nichts.
Also gehe ich allein.
13
Leo
Super. Wenn ich gewusst hätte, dass an einem gewöhnlichen Wintersonntagnachmittag halb
Weitere Kostenlose Bücher