Die Niete Im Bett
nach.«
Mr. Bean setzt sich auf und strafft die Schultern. »Sie hat mich angerufen, nachdem sie die Karte gefunden hat. Erst hat sie gefragt, ob ich der Mann sei, vor dem sie gestanden hat, ich habe bejaht, und dann haben die Dinge ihren Lauf genommen.« Pause.
»Du redest jetzt sofort weiter, sonst gehe ich.«
»Nein, nicht gehen. Sie heißt Anne. Sie ist 31 Jahre alt, seit einem halben Jahr geschieden, hat zwei Kinder, Philipp und Laura, die beiden sind sechs und neun Jahre alt. Laura ist letzten Sommer eingeschult worden, ihre Schultüte war rosa, weil ja Mädchen immer alles in Rosa wollen, und es waren auch rosa Bonbons drin und rosa …«
Ich stehe auf.
»Setz dich hin, ich mach es kurz.«
Ich setze mich und hoffe, dass das stimmt.
»Philipp geht in die dritte Klasse und ist sehr gut in der Schule. Und Anne ist eine wirklich bezaubernde Frau. Findest du nicht auch?«
»Ich kann mich ehrlich gesagt nicht daran erinnern, wie sie aussieht.«
Und es ist mir ehrlich gesagt auch völlig egal. Sarah hat über mich gelacht. Sie hat mich quasi ausgelacht.
»Sie ist kleiner als ich, hat blonde Locken und besucht alle möglichen Kurse im Kulturzentrum. Sie wohnt da in der Nähe. Sie hat schon gebatikt und sogar einen Ring selbst geschmiedet. Sie mag Handarbeit. Und sie mag die Nordsee. Wir wollen morgen ganz früh losfahren, damit wir was vom Tag haben. Wir fahren nach St. Peter Ording. Dort werden wir über den langen Steg ans Wasser laufen, wir werden spazieren gehen und uns viel über uns erzählen. Dann werden wir in einem Café Tee mit Kandis trinken, uns Waffeln mit Sahne und heißen Kirschen bestellen und weiterreden. Ich habe noch nie ein so gutes Gefühl bei einer Frau gehabt.« Er sieht mich vielsagend an. »So ein gutes Gefühl«, wiederholt er.
»Also ich weiß nicht. Du kennst diese Frau doch gar nicht. Wollt ihr nicht erst mal hier in Hamburg essen gehen? Was ist, wenn sie nur einen One-Night-Stand will − oder dein Geld?«
»Wenn man so denkt, kommt man nie ans Ziel«, sagt Mr. Bean. »Du weißt doch: Zweifel sind Verräter, sie rauben uns, was wir gewinnen können, wenn wir nur einen Versuch wagen. Shakespeare.«
»Seit wann interessierst du dich eigentlich für Shakespeare?«
»Anne mag Shakespeare. Ich werde mich auf dieses Abenteuer einlassen. Ein edler Geist kennt keine Furcht.«
»Du laberst vielleicht eine Scheiße.«
»Und dir, Leo, möchte ich sagen, dass es vielleicht gar nicht so schlecht ist, was du gerade alles erlebst. Denn ein tiefer Fall führt oft zu höherem Glück. Auch Shakespeare.«
Ich würde so gern kontern, aber das Einzige, das ich von Shakespeare kenne, ich dieses abgenudelte »Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage«, und das sage ich auf keinen Fall.
»Du benimmst dich wie ein verliebter fünfzehnjähriger verpickelter Trottel«, sage ich stattdessen.
»Kriege ich nun morgen frei oder nicht?«
»Von mir aus.« Dann schmeiße ich den Laden halt alleine.
»Ich kann Edda vorbeischicken.«
»Wo ist sie überhaupt? Ist sie nicht zu Hause?«
»Nein, sie ist doch mit Mia verabredet. Sie wollte sie mitnehmen zu ihrem komischen Knast-Treffen. So eine Art Wiedereingliederung von straffällig gewordenen Lesben. Das ist halt ihre soziale Ader. Und sie wollte, dass Mia ein bisschen Ablenkung hat.«
»Ach so. Danach wird Edda ja wohl nach Hause kommen, und ich kann sie morgen früh selbst fragen.«
»Wieso morgen früh?«
»Weil ich bei dir übernachte. Ich kann jetzt weder allein sein noch mir das Geschwätz meines Vaters anhören, der mir mit Sicherheit die Ohren volllabern wird. Also, noch Fragen?«
»Nein. Doch. Wo ist dein Vater überhaupt?«
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich hat er meine alte elektrische Eisenbahn gefunden und spielt damit. Oder er sitzt bei Henriette Krohn und erzählt ihr, was für ein toller Hecht er ist.«
Mia
»Ganz ehrlich, Edda, das war nicht in Ordnung.«
»Ganz ehrlich, Mia, niemand hat ahnen können, dass du zu doof bist, um das Klo zu finden.«
»Das meine ich gar nicht. Aber du kannst mich doch nicht einfach mit ins Gefängnis schleppen, ohne mich zu fragen.«
»Wärst du denn mitgekommen, wenn du’s gewusst hättest?«
»Natürlich nicht.«
»Siehst du. Und ich wollte, dass du mal auf andere Gedanken kommst.«
»Toll, im Knast.«
»Das zeigt uns mal, wie gut wir es eigentlich haben. Den Frauen da geht es nicht besonders. Die dürfen beispielsweise nur einmal am Tag an die frische Luft, und das Essen und die
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