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Die Nirgendwojagd

Die Nirgendwojagd

Titel: Die Nirgendwojagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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wandte ihr den Rücken zu, und es kam ihr so vor, als würde er direkt vor ihrer Nase eine Tür schließen. Sie starrte auf das verkohlte Fleisch hinunter. Nach einer Weile begann sie zu essen. Ich bin noch keine Sakawa, dachte sie. Wenigstens gibt er mir Essen.
    Sakawa. Das war ein harter Gedanke. Wenn ein Dämon in einen Rum fuhr und ihn dazu trieb, Handlungen zu begehen, die ein Rum unmöglich tun konnte, so vertrieb der Stamm den Betroffenen. Der Sippentöter, der Mann, der durch Magie tötete, indem er einen Rum zu Tode verfluchte, die Frau, die ihren Schlüpfling verließ, der Rum, der aus dem Mund schäumend zu Boden fiel, auch wenn Mambila nicht am Himmel glühte, ein Kind, das nicht aufhören konnte, Dinge zu zerstören, egal, wie schlimm es bestraft wurde —
    all diese wurden aus dem Dorf verstoßen. Sakawa. Kein Dorf würde eine solche Person aufnehmen. Niemand würde mit ihr sprechen oder sie ernähren oder kleiden oder auch nur in ihrer Sichtweite bleiben. Sakawa. Ausgestoßen. Wenn mich die Amar verjagen, dachte sie, dann weiß ich, daß mein Glück verlorenging, als Rihon starb. Ich bin nicht das Gefäß eines Dämons, aber er muß bestimmt denken, daß ich es bin. Der Wan wird nicht zulassen, daß sie es tun
    …Er kann es nicht, er wird wissen ~ er muß es wissen —, daß ich mich nicht verändert habe, daß ich noch immer Roha bin, der Dunkle Zwilling. Die Dämonen vom Himmel sind diejenigen, die dies verursacht haben, sie müssen sterben. Sie alle. Alle! Dann wird alles wieder in Ordnung sein. Sie starrte auf Churrs unnachgiebigen Rücken, ängstlich, etwas zu sagen. Ganz gleich, was sie sagte, er würde es als Dämonengeschwätz unberücksichtigt lassen. Sie starrte auf das hart werdende Fleisch an dem Stock hinunter und wollte es auf ihn werfen, aber sie zwang sich, es aufzuessen, nicht gewillt, ihn auf irgendeine Weise zu erzürnen.
    Ganz plötzlich sprang Churr auf. „Zeit!” knurrte er. Die Krieger warfen beiseite, was von dem Fleisch übrig war, schütteten Erde über das Feuer, folgten ihm in den Nebel und ließen Roha staunend zurück. Sie stand auf, warf den Spieß beiseite, zögerte, grübelte dar
    über nach, ob sie es wagen durfte, ihnen zu folgen, wußte dann jedoch, daß sie es nicht ertragen konnte, allein zu sein, und schlich hinter ihnen her, so leise sie konnte. Der Weg kam ihr bekannt vor; sie trat auf die zerknitterten, welken Blätter, die sie von der Würgeranke abgeschlagen hatte, und wußte, daß die Amar zum Dämonenlager unterwegs waren. Sie wollte ihren Triumph hinausschreien; statt dessen schloß sie die Augen und blieb schwankend stehen, bis sie ihre Erregung zügeln konnte. Dann trabte sie weiter, mit rauhem Atem, mit glitzernden Augen.
    Sie erreichte den Rand der Lichtung rechtzeitig genug, um zu sehen, wie der Brudertöter mit einem Amar-Pfeil im Bein zu Boden fiel. Zischend, die Krallen ausgefahren, schleuderte Roha die Arme in großem Triumph weit auseinander. Dieses Mal war der Brudermörder tot, wirklich und wahrhaftig getötet von einem Amar-Pfeil.
    Dann drehte sich die Feuerhaarige um, schrie unverständliche Worte, und der Triumph wurde aus Roha herausgewaschen. Sie beobachtete, wie die Dämonin zu dem Brudertöter rannte, dann schien sich die Luft in einer großen, verschwommenen Blase um sie herum zu verdichten … Das Feuerhaar und der Brudermörder waren darin eingeschlossen. Etwas ging vor sich, aber sie konnte nicht sehen, was. Dann war das Verschwommene fort, und die Feuerhaarige beugte sich über den Brudermörder, ihre Hände auf die Wunde in seinem Bein gepreßt, der Pfeil war herausgezogen und neben sie geworfen, und der Reif aus schimmernden, goldenen Blüten leuchtete um ihren Kopf. Roha erinnerte sich an die Berührung durch diese langen, starken Hände, an die Berührung, die Wärme, die von ihnen ausging, erinnerte sich daran, wie sich ihr Fleisch über den in ihrem Körper klaffenden Wunden geschlossen hatte. Sie beobachtete ohne Überraschung, wie sich der Mörder aufsetzte, dann mit dem Feuerhaar zu dem langen Ding hinüberschlenderte, sah, wie die Nafa hinter den Schutzschildern hervorkam und wieder in Deckun tauchte, als ein Amar einen Pfeil auf die drei abschoß, sah zu, wie die Feuerhaarige wieder zu leuchten begann, der Blumenring geisterhaft wieder auf ihrem Kopf glühte.
    Dann schlug der Schrecken zu. Roha stöhnte und fiel hin, krallte die Hände in die feuchte Erde. Nicht weit von ihr keuchte Churr und schlug sich ins Gesicht.

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