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Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Titel: Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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ihnen folgt.«
    Mit diesen Worten versank Seshmosis in eine gnädige Ohnmacht.
    Als er wieder erwachte, erinnerte er sich daran, dass er im Traum wahrhaft einen zahmen Löwen gestreichelt hatte. Und es waren viel mehr gekommen und dazu auch noch Wölfe. Zu welchen Trugbildern doch der menschliche Geist fähig ist, wunderte er sich.
    Mitten in seinen Überlegungen fuhr ihm eine riesige raue Zunge quer über das Gesicht. Das Trugbild war immer noch da, und inzwischen waren auch seine anderen Halluzinationen näher gekommen und umringten ihn.
    »GON steh mir bei!«, hauchte Seshmosis und drohte in eine neuerliche Ohnmacht zu versinken. Doch eine freundliche weibliche Stimme hielt ihn davon ab.
    »Ich sehe, du hast dich mit meinen Freunden schon bekannt gemacht. Willkommen auf meiner Insel, Fremder. Ich bin Kirke, die Herrin von Aiaia, und Hüterin verlorener Seelen.«
    Seshmosis sah vom Löwen zu der Frau, die hinter diesem stand. Sie war wunderschön. Goldenes Haar umspielte ihr feines Gesicht, sie war von schlankem Wuchs wie Isis und wirkte ebenso göttlich.
    Vorsichtig erhob sich Seshmosis aus dem Gebüsch. Er wollte sich angemessen vorstellen, aber irgendetwas schnürte ihm den Hals zu, und er stammelte: »Ich bin Seshmosis aus Theben, besser Byblos, und derzeit verirrt, also weg von zu Hause. Von beiden Zuhause. Und verwirrt.«
    Die Göttergleiche lachte herzlich. Anscheinend war ihr diese Reaktion auf ihr Erscheinen bei Männern nicht neu.
    »Du brauchst vor meinen Lieblingen keine Angst zu haben«, sagte sie und deutete auf die Löwen und Wölfe. »Sie tun keinem etwas zuleide. Außer wenn ich es will. Du bist doch sicher nicht allein auf meine Insel gekommen, wo sind deine Freunde?«
    »Auf der Suche nach Nahrung oder am Strand, unser Schiff reparieren. Es wurde in einem furchtbaren Sturm schwer beschädigt.«
    »Dann eile zu deinen Freunden und richte ihnen aus, dass ich euch alle zu einem Gastmahl einlade!«
    »Alle?«, fragte Seshmosis verwundert.
    »Ja, alle. Ich erwarte euch vor Einbruch der Dunkelheit.«
    »Aber wie finden wir den Weg zu Euch?« »Der Weg wird euch finden«, antwortete Kirke geheimnisvoll und verschwand mit ihren Tieren im Wald.
     
    Enttäuscht kehrte die Jagdgruppe der Tajarim zum Schiff zurück. Sie hatten kein einziges Tier zu Gesicht bekommen. Wenig später kam auch Seshmosis wieder an den Strand. Aufgeregt erzählte er von seiner Begegnung mit den Löwen und den Wölfen und schließlich vom Auftauchen der bezaubernden Herrin der Insel und ihrer Einladung,
    »Willst du uns auf den Arm nehmen, Seshmosis?«, fragte ihn höhnisch Jabul, einer von Raffims Dienern. »Wir haben kein einziges Tier gesehen, nicht einmal ein verirrtes Schaf. Und du erzählst uns von wilden Löwen, Wölfen und einer Zauberin, die uns zum Mahl einlädt. Hast du von irgendwelchen Pilzen genascht?«
    Jabul pflegte die gleiche Abneigung gegenüber Seshmosis wie sein Herr. Anscheinend sah er es als seine Pflicht gegenüber seinem Brotgeber an, den Schreiber zu verhöhnen.
    »Ich schwöre euch bei GON, dass es genau so war, wie ich berichtete! Kirke ist die Herrin dieser Insel, die sie Aiaia nennt, und wir sind alle bei ihr zu einem Festmahl eingeladen.«
    »Dann sollten wir die Dame nicht enttäuschen und ihr unsere Aufwartung machen«, beschloss Nostr'tut-Amus den Disput. »Ich habe nämlich schon viel von Kirke und ihren Fähigkeiten gehört. Und nach allem, was über sie gesagt wird, ist es ratsam, sich nicht mit ihr anzulegen.«
     
    Uartu hatte vier seiner Leute als Wachen für das Schiff eingeteilt, und auch Raffim bestand darauf, dass zwei seiner Diener bei der Gublas Stolz blieben. Zu Seshmosis' Schadenfreude würde Jabul das Festmahl entgehen.
    Die Tajarim hatten sich mehr oder weniger fein gemacht. Seshmosis trug sein bestes Gewand und Nostr'tut-Amus den prächtigen, mit goldenen Sternen bestickten Umhang von Glaukos.
    Als die Sonne die Baumwipfel im Westen berührte, brachen sie vom Strand auf. Kaum hatten sie den Wald betreten, tat sich vor ihnen plötzlich eine Schneise auf. Links säumten lebendige Löwen, rechts Wölfe den Weg und verwandelten ihn in eine fantastische Allee. Seshmosis triumphierte innerlich. Nun sahen alle, dass er nicht gelogen hatte.
    Bald schon erreichten sie eine Lichtung, auf der ein prachtvoller Palast stand. Kein Mensch war zu sehen, doch aus seinem Innern drang der wunderschöne Gesang einer Frauenstimme. Als sie sich dem goldenen Tor näherten, schwang es wie von Zauberhand

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