Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
die Truppe im Hafen von Callao ankam, fanden sie dort alle großen Plätze im Lichtschein eilig aufgestellter Fackeln vor, und überall rannten, schrien, stießen und brüllten Menschen herum.
»Das soll wohl die Truppenaushebung sein«, murmelte Mikel und hob die Augenbrauen, »das wirkt ja nicht gerade vertrauenerweckend.«
»Wer mit Schusswaffen umgehen kann, hierher!«, brüllte ein Soldat nicht weit von ihnen mit heiserer Stimme. »Die anderen da rüber! Da rüber, verdammt, da rüber, habe ich gesagt! Lasst euch Lanzen, Degen und Messer geben!«
Mikel zeigte auf zwei Männer, welche die fünfzig schon weit überschritten hatten. »Muss ja ziemlich mau aussehen, wenn sie selbst so alte Männer noch nehmen.«
Der Soldat, der nach den Schusswaffenerprobten gerufen hatte, begann, an die Männer Arkebusen, Musketen und Pistolen auszuteilen, und wies ihnen die Stellung zu, die sie beim Angriff einnehmen sollten. Soldaten niederer Dienstordnung trieben unter Einsatz der flachen Seite ihrer Degen Sklaven und Indios vor sich her. Deren Mienen war anzumerken, dass sie bei weitem nicht so erpicht wie die Spanier waren, Callao gegen Spilbergen zu verteidigen. Ein Soldat rief ihnen zu: »Ein Schuss in die falsche Richtung und ihr könnt euch eure scheißperuanischen Kartoffeln von unten ansehen!«
Plötzlich ging direkt neben ihnen ein Schuss los. Panik brach aus, aber dann wurde klar, dass einer der Hilfssoldaten seine Muskete nur versehentlich gezündet hatte. Wütend entriss ihm ein Soldat die Waffe und stieß ihn zu dem Haufen Männer, der Callao mit Klingen verteidigten sollte.
Erleichtert wies Mikel Catalina auf den oberen Rundweg der Festung hin, wo eine Fackel neben der anderen brannte. »Schau nur, wie viele Soldaten da oben stehen! Das sieht ja aus, als seien da Hunderte von Männern. Na, mit denen werden wir den verdammten Flamen aber schön einheizen.«
»Hunderte, pah!«, knurrte ein Soldat neben ihnen. »Da oben steht nie im Leben eine Hundertschaft echter Soldaten! Das ist genau wie hier unten ein bunt zusammengewürfelter Haufen von Ahnungslosen. Und neben den meisten Fackeln stehen gar nur Attrappen. Das Ganze ist nichts als ein riesengroßer Bluff!«
Ehe Mikel ihm weitere Fragen stellen konnte, wies sie ein Offizier an, zur Kaserne weiterzureiten. Sofort setzten sie ihren Weg fort. Als sie am Eingang angekommen waren, hörte Catalina, wie zwei Offiziere über den Zustand der Kanonen klagten.
»Die Scheißdinger glänzen vom vielen Putzen, aber schießen tun sie nicht!«, wetterte der eine. »Zu nichts als zur Dekoration eines Museums taugen diese Krücken noch: In mehr als die Hälfte von ihnen lässt sich keine Kugel reinschieben, und ob sich die anderen noch abschießen lassen, bleibt auch noch abzuwarten!«
Catalina und Mikel sahen sich an. »Hoffentlich bereuen wir dein heroisches Vorpreschen nicht noch«, brummte Mikel düster. Catalina sah auf den Ring an seiner Hand und zuckte mit den Achseln.
Nach einer eiligen Truppenbesprechung durften sich die Leibgardisten ein paar Stunden hinlegen und ausruhen, doch noch lange vor Sonnenaufgang marschierten sie an Bord der vier Schiffe, die der Vizekönig seinem Neffen zur Verteidigung der Stadt zur Verfügung gestellt hatte. Mit den Matrosen, den Soldaten und den Leibgardisten zählte die Besatzung der Schiffe knapp dreihundert Mann. Spilbergen, so munkelte man, sollte über weit mehr als fünfhundert verfügen …
»Aber dafür sind wir Spanier und kämpfen für den einzigen, wahren Gott«, feuert Admiral Mendoza sie an und verteilte sie auf die Schiffe. Catalina und Mikel kamen auf seine Galeone. Mikel sollte die Kanoniere führen, Catalina zunächst Dienst im Mastkorb tun und im Kampfgeschehen die Arkebusieren in den Gefechtsständen verstärken.
Catalina schüttelte ihre Stiefel ab, kletterte flink wie ein Äffchen die Wanten hoch und atmete tief die herbe Seeluft ein. Vielleicht, dachte sie, hätte ich Matrose bleiben sollen. Aber dafür war es jetzt zu spät. Sie nahm ihren Platz im Mastkorb ein und wartete ruhig auf ihren Einsatz.
Kaum graute der Tag, da sah Catalina nur wenige Seemeilen entfernt fünf mächtige Schiffe mit schwarzen Segeln auf den Hafen zufahren.
»Fünf Piratenschiffe backbord voraus!«, brüllte sie nach unten. Sofort geriet dort alles in Bewegung. Admiral Mendoza, ein kleiner, dünner Mann mit stechenden Augen, flaggte den Kapitänen der anderen Schiffe den Befehl zum Auslaufen.
»Anker lichten!«, donnerte er den
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