Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
Schüsse …
Stöhnend sank Catalina zurück in ihr Kissen. Die Nonne eilte herbei, strich ihr das Haar aus der fieberheißen Stirn und murmelte beruhigende Worte.
»Wo bin ich hier?«, fragte Catalina.
»Im Kloster der Santa Juana, mein Kind, in Lima. Sei ganz ruhig. Du hast viel Blut verloren und musst still liegen, damit die Wunde nicht wieder aufreißt!«
Catalina fuhr sich mit der Hand über den Arm, spürte dort einen Verband, ließ die Hand weiter über ihren Körper gleiten und ertastete einen weiteren Verband über ihrer Brust. Dann verlor sie erneut das Bewusstsein.
Auch in den nächsten Tagen kam Catalina nie länger als für ein paar Minuten zu sich, und nur selten war ihr Kopf so klar, dass sie begriff, wo sie war. Wirklicher als ihre Zelle, die Nonne mit den milden, grauen Augen, das quälende Einflößen von Wasser und bitter schmeckender Brühe waren für sie ihre Albträume. Stets begannen sie damit, dass sie von zwei Wärtern ins Gefängnis geworfen wurde. Mal erwartete sie in ihrer Zelle ein kleines, keckernd lachendes Männlein, mal nahmen sie in schwarze Mäntel gehüllte, gesichtslose Gestalten in Empfang, die einen immer engeren Kreis um sie schlossen und ihr voller Häme von den Folterungen erzählten, die im Nebenraum für sie vorbereitet wurden. Dann kam der Folterknecht, ein grober, schielender Riese mit beängstigend großen Händen und einer flammend roten Narbe auf der Stirn. Er stieß sie in den Nebenraum, drückte sie in einen Stuhl und zeigte ihr die zehn Schwefelhölzer, die er ihr nun unter die Fingernägel schlagen würde. Catalina schrie auf und drückte ihre Hände hinter ihren Rücken. Der Folterknecht lachte hämisch und wedelte ihr mit ein paar Lederriemen vor der Nase herum.
»Keine Sorge: Erst binde ich dich fest. Wir wollen doch gleich in Ruhe arbeiten können, nicht wahr?«
Als Catalina aufspringen und weglaufen wollte, schlug er sie so heftig ins Gesicht, dass sie betäubt zurück in den Stuhl fiel. Bis sie wieder richtig bei Sinnen war, hatte der Folterknecht ihre Beine, Arme und Hände stramm an den Stuhl gebunden; nicht einmal mehr die Finger konnte sie bewegen. Er grinste, holte seine Schwefelhölzer und schlug ihr eines nach dem anderen unter die Nägel. Auf einmal war noch ein Mann in dem Raum, ein großer, hagerer Dominikanerpater mit unnatürlich bleichem Gesicht und Augen wie glühende Kohlen.
»Und nun, Catalina de Erauso, wollen wir mit dem Verhör beginnen!« Er leckte sich über seine aufgesprungenen Lippen. »Gestehst du, deinen Herrn und Gott gedemütigt und verraten zu haben und von Luzifer persönlich abzustammen?«
Entsetzt schüttelte Catalina den Kopf. »Nein, niemals! Ich weiß, dass ich gesündigt habe, aber doch nur, weil ich mir nicht anders zu helfen wusste.«
Der Dominikanerpater nickte dem Folterknecht zu. Eifrig griff dieser nach der Kerze und hielt sie nur wenige Zentimeter vor die Schwefelhölzer unter ihren Fingernägeln. Catalina konnte die gierige Hitze der Flamme an ihren Fingerkuppen spüren.
»Ich frage dich noch einmal, Catalina de Erauso, gibst du zu, dass der Teufel in dir wohnt und dich dazu verleitet hat, dir die Haare nach Sklavenart zu scheren und dich in sündige Männerkleider zu hüllen?«
Wieder schüttelte Catalina den Kopf und blickte entsetzt zwischen der Kerze und dem Dominikanerpater hin und her. »Nein, nein, das war alles ganz anders.«
Der Dominikanerpater nickte dem Folterknecht zu, woraufhin der die Kerze mit glitzernden Augen näher an die Zündhölzer hielt. Das erste fing Feuer, das zweite und dritte … Als Catalina die sengende Hitze unter den Fingernägeln spürte, schrie sie vor Schmerz …
Schreiend und schwitzend fuhr Catalina aus diesen Träumen hoch, und erst wenn sie diese kleine, kühle Hand auf ihrer Stirn spürte, beruhigte sie sich, konnte aber auch dann kaum zwischen Traum und Wirklichkeit unterscheiden. Nach einer Woche sank das Fieber, und Catalina glitt in die Realität zurück, die sie kaum minder schreckte als ihre Träume, denn inzwischen war ihr klar, dass ihr Versteckspiel aufgeflogen war. Sie brauchte etliche Tage, bis sie den Mut fand, die Nonne zu fragen, wie sie in dieses Kloster gekommen war. Schwester Maria setzte sich an ihr Bett, legte ihre Hand auf den Arm und erzählte ihr, dass man sie zunächst in das Kloster San Francisco de Jesús gebracht, dort aber schnell festgestellt habe, dass sie kein Mann, sondern eine Frau war, und sie dann hierher überstellt
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