Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
Inquisitionsgericht dich nicht angeklagt, sondern nach Madrid überstellt hat, und in Madrid habe ich deine Zimmerwirtin ausfindig machen können. Sie wusste, dass du nach Rom wolltest. Mir war klar, dass du da nicht bleiben würdest, sondern dass es dich, zumindest, wenn du Erfolg hast, als Erstes in deine Heimatstadt ziehen würde, denn für deine Eltern hast du diesen Weg nach Rom doch in erster Linie gemacht, oder nicht?«
»Damit hast du wahrscheinlich Recht, auch wenn ich das selbst erst vorhin begriffen habe …« Catalina presste die Lippen zusammen.
»Und jetzt hast du herausgefunden, was auch ich schon festgestellt habe: dass sie tot sind. Wo solltest du danach hingehen, wenn nicht zum Meer, der einzigen Zuflucht, die uns Heimatlosen bleibt?«
»Du bist mir all die Monate hinterhergereist?«
Mikel nickte.
Erst in diesem Moment wurde Catalina bewusst, dass Mikel ja nun wissen musste, dass sie eine Frau war. Sie fuhr sich über die Stirn.
»Ich … ich verstehe das nicht. Warum bist du mir gefolgt? Und deine Frau … Hast du der die lange Reise etwa auch zugemutet?«
Mikel kratzte sich am Kopf. »Letezia habe ich andere Dinge zugemutet, aber das hier nicht.« Er räusperte sich. »Nachdem du in der Schlacht so schwer verletzt worden warst, habe ich Letezia gebeten, die Hochzeit zu verschieben, und als ich gehört habe, dass und warum du vom Männer- ins Frauenkloster verlegt worden bist, wurde mir bewusst, dass auch Letezia nur eine Flucht für mich gewesen war. Dich habe ich geliebt. Schon seit Jahren. Nur habe ich immer dagegen angekämpft, weil ich dich für einen Mann hielt. Und auch Aiala in Sevilla habe ich nur wegen dir verlassen. Weil ich dich einfach nicht aus dem Kopf bekommen konnte.
Danach kamen die schrecklichen Wochen, in denen ich versucht habe, von den Nonnen zu erfahren, wie es dir geht, und immer wieder abgewiesen wurde! Sie haben mir gesagt, dass du unter Arrest stündest und niemand zu dir dürfe. Noch nicht einmal eine Nachricht wollten sie dir reinschmuggeln. In dieser Zeit wurde mir klar, dass mir nichts Schlimmeres widerfahren konnte, als dich zu verlieren.« Mikel fuhr ihr mit der Hand durchs Haar und behielt eine Strähne in den Fingern. »Warum hast du mir bloß nicht früher erzählt, dass du eine Frau bist?« Er ließ die Haare aus seinen Fingern gleiten und sah Catalina direkt an. »Es wäre uns so manches erspart geblieben.«
»Ein … ein paarmal wollte ich es ja, aber …« Catalina schluckte. »Ich hatte solche Angst, dass du mich dann nicht mehr bei dir haben wolltest, und ich wollte dich doch nicht verlieren.«
Mikel lächelte. »Leicht gemacht habe ich es dir wohl wirklich nicht.« Er strich ihr die Haare aus der Stirn. »Ganz ungewohnt, dich so zu sehen. Aber es steht dir gut. Richtig hübsch siehst du so aus.«
»Bitte, lieber Gott, jetzt lass mich nicht aufwachen und feststellen, dass ich wieder nur geträumt habe«, flüsterte Catalina.
»Aber du träumst nicht«, lachte Mikel. »Catalina, ich liebe dich, ich liebe dich wirklich! Und ich will dich nie wieder verlieren.«
Mikel zog sie zu sich. Ganz nah waren sich ihre Gesichter jetzt, so nah, dass sie den Atem des anderen auf den Wangen spüren konnten, und schließlich fanden sich ihre Lippen …
»Endlich!« Mikel drückte sie an sich, als wolle er sie nie wieder loslassen. In Catalinas Augen sammelten sich Tränen. Mikel wischte sie ihr sanft von den Wangen. »Jetzt ist doch endlich alles gut.«
Auf einmal musste er lachen.
»Ist dir eigentlich klar, was für ein Bild wir zwei hier abgeben?« Er zeigte auf ihre Kleidung und lachte noch lauter. »Wenn wir so weitermachen, landen wir demnächst als Sodomisten auf dem Scheiterhaufen!«
Trotzig strich sich Catalina über ihr Wams und ihre festen Leinenhosen. »Der Papst selbst hat mir erlaubt, Männerkleider zu tragen, und es ist so praktisch! Zum Reiten, zum Arbeiten, im Kampf …« Sie blitzte Mikel an. »Ich bin nicht geboren für ein Leben am Küchenherd.«
»Das ist auch der letzte Ort, an dem ich dich sehen will«, lächelte Mikel. »Aber zumindest, wenn wir uns in aller Öffentlichkeit küssen, solltest du ein klein wenig schicklicher gekleidet sein.«
Allzu besorgt schien er allerdings nicht zu sein, denn kurz darauf senkte er seine Lippen wieder auf die ihren …
Nachwort
C atalina de Erauso wurde 1592 in San Sebastián geboren. Auch wenn man sich heute kaum vorstellen kann, dass es einer Frau damals gelungen sein soll, über Jahre
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