Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
stehlen«, erwiderte Catalina mit fester Stimme. »Wirklich nicht!«
Der Matrose, der zu ihrer Bewachung abgestellt war, schlug ihr mit dem Handkanten ins Gesicht. Kurz darauf schmeckte sie Blut.
Sie ahnte, dass der Matrose erneut zuschlagen würde, wenn sie sich weiter verteidigte, aber sie fand, dass es einerlei war, ob dieser Klotz hier sie totschlug – oder ob sie ihr Leben unter dem Schiff ließ.
»Ich sage die Wahrheit!«, schrie sie daher. »Fragt doch Antonio! Der kann bestätigen …«
Diesmal hob der Erste Offizier die Hand. Als Catalina verstummte, ließ er sie wieder sinken.
»Die aufgebrochene Tür ist mir Bestätigung genug!«
Seine Stimme klang so mild, dass Catalina ihn verwundert ansah. Als sich ihre Blicke trafen, sah sie die Enttäuschung in seinen Augen.
»Aber ich …«
Der Erste Offizier schnitt ihr das Wort ab und fragte einen Matrosen, ob alles bereit sei.
»Aye, aye, Sire! Das Seil ist unter dem Schiff durchgeführt!«
Der Erste Offizier wies ihn an, Catalina an das Seil zu binden. Während Catalina zur Reling gezerrt wurde, grinste Giuseppe von einem Ohr zum anderen.
»Keine Sorge: Du kommst auch noch dran«, zischte Catalina ihm zu. »Antonio hat alles gesehen!«
Giuseppes Grinsen erstarb.
Der Matrose zog Catalina weiter und band ihr das Seil um den Bauch.
Catalina blickte zu Tao Te Chen. Sie wollte ihm noch etwas zurufen, aber ihr versagte die Stimme. Der Matrose schob sie auf die Planke, von der sie ins Meer gestoßen werden sollte. Verzweifelt sah sich Catalina um. Nur Antonio hätte sie retten können, doch er war nirgends zu sehen.
Der Matrose drückte sie weiter; die Planke unter Catalina bog sich, der Erste Offizier rief: »Bei drei stößt du sie hinunter!«
Auf einmal rief jemand: »Was ist denn hier los?«
Catalina wandte den Kopf und sah Antonio. Sie schrie seinen Namen, woraufhin er schnell näher kam und noch einmal rief: »Was ist los?«
»Was geht das dich an, Itaker?«, knurrte der Erste Offizier und begann zu zählen.
»Hat das was mit dem Wasserfass zu tun?«, fuhr Antonio dazwischen.
»Da hört Ihr es!«, schrie Catalina. »Antonio kann es bestätigen.«
Der Erste Offizier drehte sich zu Antonio um. »Was kannst du bestätigen?«
»Vielleicht erklärt mir erst einmal jemand, worum es hier eigentlich geht?«
»Nein!«, donnerte ihn der Erste Offizier an. »Du erklärst, und zwar alles, was du gesehen hast.«
Antonio erzählte, dass Catalina ihn geholt habe, um Giuseppe nach oben zu tragen. »Er war ohnmächtig und sie und Tao Te Chen brauchten jemanden, der ihnen beim Tragen half!«
»Da hört Ihr es!«, unterbrach ihn Giuseppe. »Francisco hat mich niedergeschlagen …«, doch Catalina sah die Angst in seinen Augen.
»Aber die Tür«, rief sie zu Antonio. »Die Tür des Vorratsraums, war die …«
»Die Fragen stelle ich!«, donnerte der Erste Offizier. »Also, nun rede schon, Antonio: In welchem Zustand war die Tür des Laderaums?«
»Sie war abgeschlossen.« Antonio zuckte mit den Achseln. »Und auf dem Boden lag ein zerbrochenes Wasserfass. Francisco hat Giuseppe damit niedergeschlagen, als er ihn bedrängt hat.«
Mit geballten Fäusten stürzte Giuseppe auf Antonio los. »Du verdammtes Lügenmaul steckst doch mit den beiden unter einer Decke! Wie viel von dem Wasser und dem Rum haben sie dir dafür versprochen?«
Drei Matrosen packten ihn und warfen ihn nieder. Der Erste Offizier wies einen Matrosen an, Catalina von der Planke herunterzuholen. Eine halbe Stunde später fiel ein neues Urteil: »Giuseppe wird gekielholt!«
Als der Matrose Giuseppe in die Fluten stieß, konnte Catalina keine Genugtuung empfinden. Stattdessen empfand sie Grauen und Angst.
»Leer!«, schrie der Matrose, der Giuseppe auf der Backbordseite wieder hinaufholen sollte. »Den haben sich die Haie geholt!«
Catalina rannte auf die andere Seite der Reling und übergab sich.
14
D reiundvierzig Tage später und nachdem sie sich auf den Dominikanischen Inseln neu mit Trinkwasser und Lebensmitteln bevorratet hatten, erreichte die Santa Maria ihren Zielhafen in Panama: Porto Bello! Tiefe Wolken hingen über den dicht bewachsenen Bergen, und auch die durch hohe Mauern und zahllose Kanonen geschützte Festung, die der kleinen Stadt vorgelagert war, wirkte wenig einladend, aber das Jubeln und Jauchzen der Menschen im Hafen zeigte ihnen, dass nicht sie, sondern Piraten abgeschreckt werden sollten.
Tao Te Chen erklärte Catalina, dass Porto Bello die Ankunft der
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