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Die Nonne und der Tod

Die Nonne und der Tod

Titel: Die Nonne und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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war er auf sie angewiesen.«
    »Deshalb musste er nach ihrem Tod die Arzneien anderer Apotheker einkaufen.« Ich sah Jacob an. »Er ist ein Scharlatan.«
    »Der mir nichts beibringen konnte.« Er verzog das Gesicht. »All das Geld hat meine Familie umsonst ausgegeben.«
    Wir blieben am Ende der Gasse stehen. Vor uns lagen die Klostermauern, vor denen immer noch Wachen patrouillierten, wenn auch nicht mehr so viele wie zuvor.
    Richard und Rüsch trennten sich von uns, und wir blieben außerhalb der Sichtweite der Wachen, während wir auf die Rückkehr der beiden Schmuggler warteten.
    Es dauerte nicht lange. Als sie zurückkehrten, öffnete Richard die Säcke, die sie mitgebracht hatten, und ich stellte fest, dass Johannita uns nicht betrogen hatte. Es waren genau die Kräuter darin, die ich brauchte.
    »Das sind so viele, dass sie kaum noch etwas für das Hospital übrig haben kann«, sagte ich, als wir uns auf den Rückweg machten.
    »Ich bezweifle, dass Mutter Johannita, wie sie jetzt genannt werden möchte, das Wohl anderer übermäßig kümmert.« Richard schulterte einen der Säcke, Jacob und Rüsch die beiden anderen. »Sie hatte allerdings einige interessante Dinge zu berichten. Über die Hälfte der Nonnen sind entweder tot oder erkrankt, und es kommen kaum noch Menschen in die Hospitäler der Klöster, weil alle von einem persischen Wunderarzt erzählen, der die Armen von der Seuche heilt, ohne etwas dafür zu verlangen.«
    »Wer …«, begann Jacob, unterbrach sich aber sogleich. »Oh.«
    Richard nickte. »Sie fragte, ob ich etwas darüber wüsste, ich sagte Nein.«
    »Sie hat dir nicht geglaubt«, war Rüsch überzeugt.
    »Ich weiß.«
    Auf dem Weg zurück gingen wir nicht über den Domplatz, sondern durch die schmalen Gassen, die um ihn herumführten. Einige Male mussten wir über Betrunkene steigen, zweimal sogar über Leichen, doch wir trafen weder auf Soldaten noch auf Plünderer. Stimmengewirr begrüßte uns, als wir uns dem Schmugglerversteck näherten, und es klang erregt und wütend.
    Vor einigen der Hütten, in denen die Kranken behandelt wurden, hatten mehrere Schmuggler einen Halbkreis gebildet und drängten Menschen zurück, die wütend die Fäuste schwangen. Sie umringten Dythmar, der breitbeinig und mit stoischem Gesichtsausdruck den Durchgang zu einer Hütte versperrte, und direkt vor ihm stand ein älterer Mann, der einen Jungen von vielleicht zwölf Jahren stützte.
    Die Wartenden ließen uns durch, kannten mittlerweile unsere Gesichter. »Sag ihnen, dass wir das nicht wollen«, sagte eine Frau zu Jacob.
    Er fragte nicht nach, was sie damit meinte.
    Dythmar wirkte erleichtert, als er uns sah, und das sagte er uns auch: »Bin ich froh, dass ihr wieder da seid.« Er wies mit einem Kopfnicken auf den älteren Mann und den Jungen. »Es sind ein paar gestorben, also haben wir wieder Platz. Er wäre als Nächstes dran, aber ich weiß nicht, ob ich ihn reinlassen soll.«
    Ich warf einen kurzen Blick auf den alten Mann, der sicherlich der Vater des Jungen war. In seiner Miene wechselten sich Hoffnung und Angst miteinander ab. Er hatte einen grauen spitzen Bart und trug eine kleine schwarze Kappe.
    »Weil er Jude ist?«, fragte ich. »Wir haben doch schon viele aufgenommen.«
    Dythmar zuckte mit den Schultern. »Aber seit neuestem gibt das Ärger. Die Leute sagen, sie wollen nicht, dass ihre Kranken mit Juden zusammenliegen.«
    »Schickt den Juden doch endlich weg und lasst uns rein!«, rief jene Frau, die vorhin Jacob angesprochen hatte. Der Vater legte den Arm um seinen Jungen und sein Kinn auf dessen Kopf, als wollte er ihn vor den Worten beschützen.
    Ich drehte mich zu der Frau um. »Er hat euch nichts getan. Wieso lasst ihr ihn nicht in Ruhe?«
    »Nichts getan?« Die Frau sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren. »Erst haben die Juden unseren Herrgott umgebracht, jetzt rotten sie anständige Christen mit ihrer Seuche aus. Sie vergiften die Brunnen, mein Mann hat selbst einen dabei beobachtet.« Andere nickten. »Jeder in Coellen weiß, dass die Juden schuld an der Seuche sind, aber der Rat tut nichts, weil die Juden ihn bestechen.« Mit jedem Wort wurde die Frau wütender. »Denen ist Gold wichtiger, als wir es für sie sind!«
    Ich wandte mich ab. Der Vater des Jungen räusperte sich. »Wir gehen besser«, sagte er.
    »Nein.« Jacob widersprach ihm, bevor ich es konnte. »Du hast dir nichts zuschulden kommen lassen, dein Junge ist bei uns willkommen.«
    Richard nickte Dythmar zu,

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