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Die Obamas

Die Obamas

Titel: Die Obamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Kantor
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Susan Sher oder Valerie Jarrett die Einwände der First Lady, aber gelegentlich wandte sich Michelle Obama auch direkt an Alyssa Mastromonaco, die für den Terminplan des Präsidenten verantwortlich war; der Tonfall solcher E-Mails konnte dermaßen heftig sein, dass Mastromonaco sich an die übrigen Büromitglieder wandte, unsicher, wie sie auf die Missfallensbekundungen der First Lady reagieren sollte. (Diese Mails seien schon deshalb ungewöhnlich, erklärte ein Mitarbeiter, weil man im Weißen Haus den Schriftverkehr üblicherweise in einem zurückhaltenden, eher vagen Ton hielt – schon aus Sorge, dass etwas weitergereicht oder veröffentlicht werden könnte. Aber Michelle Obamas Stil war alles andere als »typisch Washington«.) Die Schuld lag nicht bei Mastromonaco, betonten auch andere Mitarbeiter: Ihr kam die undankbare Aufgabe zu, die Zeit des Präsidenten zu verwalten, der manchmal schlicht vergaß, seine Frau über bestimmte Termine in Kenntnis zu setzen. Die Spannungen, die nun auf dem Rücken der Mitarbeiter ausgetragen wurden, hätten ohne weiteres vermieden werden können, wenn die Obamas ihre Termine im Vorfeld abgeglichen hätten. Den Beratern war nicht wohl dabei, wenn sie zwischen die Fronten der Eheleute gerieten. »Man kommt unter die Räder, auch wenn man gar nichts mit der Sache zu tun hat«, sagte Gibbs.
    Solche Situationen waren für alle Beteiligten unangenehm: für die Mitarbeiter, für den Präsidenten, der immer bemüht war, sein Privatleben vom politischen Geschäft zu trennen – und für die First Lady, die mit ihren Terminwünschen und anderen Problemen manchmal wie eine Bittstellerin um Zeit, Aufmerksamkeit und Zustimmung des Präsidenten buhlen musste. Obwohl im Ostflügel häufig Michelle Obamas mangelnde Macht im Weißen Haus thematisiert wurde, betrachtete man sie im Westflügel als einen ausgesprochenen Machtfaktor. Aus dieser Zeit stammt auch der Ausspruch des Präsidenten, seine Mitarbeiter sorgten sich mehr um die Reaktion der First Lady als um die des Präsidenten, der nicht zuletzt selbst gern sagte: »Meine Theorie lautet: Ist Mama glücklich, sind alle glücklich.«
    Auch wenn der Präsident sich gelegentlich über die Gewohnheiten seiner Frau ärgerte, wusste er, auf sie war Verlass. »Sie stärkt ihm wirklich den Rücken«, erklärte Axelrod. Michelle Obama war nicht wie Nancy Reagan oder Hillary Clinton, die sich ins Tagesgeschäft des Westflügels aktiv einmischten. Und obwohl sie sich manchmal über Kleinigkeiten aufregen konnte, so war sie nie richtig verärgert – solange die Sache nur sie selbst betraf. Fand sie jedoch, ihr stets konzilianter und nachgiebiger Mann werde ausgenutzt oder nicht optimal beraten, konnte das leicht anders aussehen. »Wenn sie etwas schlecht findet oder denkt, dass etwas aus dem Ruder gelaufen ist«, fuhr Axelrod fort, »spricht sie es an, denn sie hat unendlich in ihn investiert und weiß, wie schwer er schuftet. Sie will absolut sichergehen, dass jeder sein Bestes gibt.«
    Mit Beginn seiner Karriere war ihr die Rolle der unerbittlichen Beobachterin zugefallen. »Man könnte es auch einen Wesenszug des Präsidenten nennen«, sagte ein Mitarbeiter Obamas. »Er hat gern jemanden an seiner Seite, der die Rolle des Buhmanns übernimmt.« Viele Präsidenten – und sicher zahllose Politiker – hatten eine ähnliche Partnerin: Ronald Reagan, George W. Bush und Bill Clinton – allesamt hatten sie Ehefrauen, die bei den Mitarbeitern des Weißen Hauses als penibler und weniger nachsichtig als ihre Ehemänner galten. Im Umgang mit der Presse übernahm Robert Gibbs diese Funktion; in Bezug auf die Berater war es Michelle Obama.
    Die Eigenschaften, die es Michelle Obama einerseits schwermachten, sich mit dem politischen Alltag ihres Mannes zu arrangieren – ihr Idealismus, ihre Genauigkeit, ihr Widerwille, klein beizugeben –, waren andererseits die Charakterzüge, auf die ihr Mann baute, wenn es hart auf hart ging. »Sie will nicht nur die guten Zeiten mit ihm teilen«, sagte die Schwester des Präsidenten, Maya Soetoro, einmal über die Beziehung der beiden. »Sie ist auch da, wenn es schwierig wird und er Zuspruch braucht.«
    Wenige Tage nach Scott Browns Sieg erklärte der Präsident bei einer Veranstaltung im Rathaus von Elyria, Ohio, dass er weiterhin an der Gesundheitsreform festhalte. Die Mitarbeiter des Weißen Hauses trauten ihren Ohren nicht; der Präsident war von seiner vorbereiteten Rede abgewichen. »Eins möchte ich zum

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